Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
du doch damit.«
»Fände ich eine, die mir ein schmiegsames Liebchen sein wollte, nähme ich sie. Aber ich fürchte, noch ist meine kriminelle Vergangenheit ein Hindernis für die anständigen jungen Damen. Noch mehr aber für ihre Mütter und Väter. Ich werde warten müssen, bis das Gras dichter über diese Sache gewachsen ist. In der Zwischenzeit gibt es auch für mich erst einmal nur die unanständigen Mädchen.«
»Du siehst Susanne gelegentlich versonnen an.«
»Natürlich. Sie war lange Teil meiner wildesten Träume. Es verblüfft mich immer wieder, dass sie wirklich existiert, und ihre Unschuld beschämt mich.«
»Ich verstehe. Trotzdem glaube ich, sie stört sich an deiner Vergangenheit nicht. Sie ist ein ziemlich realistisches Mädchen, wenn sie nur aufhört, mit den Wimpern zu klimpern und albern zu kichern.«
»Das unterlässt sie nur bei dir, junger Freund, und schon deswegen werde ich mich bei ihr zurückhalten.«
»Mist!«, entfuhr es David. »Das wollte ich nicht. Sie ist ungeheuer talentiert, und mir hat es Spaß gemacht, mich mit ihr über Kunst und Malerei zu unterhalten. Das Letzte, was ich beabsichtigte, war, dass sie sich in mich verliebt.«
»Das wird vermutlich heilen, wenn du wieder in Dresden bist. Es umschwärmen sie genügend aussichtsreiche junge Männer, sie wird etwas Passendes finden.«
»Hoffentlich. Übrigens umschwärmt der junge Joubertin unsere Schwester.«
»Sie ist noch viel zu jung. Aber François ist in Ordnung. Er wird wissen, dass er zu warten hat.«
»Pass auf sie auf, Cornelius. Sie ist ein mutiges, selbstständiges Mädchen, aber sie ist schon oft verletzt worden.«
»Keine Sorge, David. Ich wache über sie. Mag sie noch so ein unerträglicher Wechselbalg sein und mit ihren Sticheleien meine Nerven immer wieder blank legen, es ist etwas an ihr, das ich nur bewundern kann.«
Sie nahmen die Ruder wieder auf, und David betrachtete Cornelius, dessen Profil sich gegen den sich verdunkelnden Himmel abhob. Mit einer intuitiven Eingebung wusste er, es war mehr als bloße Bewunderung, die sein Bruder für Antonia fühlte. Es machte ihn plötzlich unsagbar traurig.
Als sich der Nachen der Anlegestelle näherte, tropften über ihnen vom Himmel die Tränen des Laurentius.
Susanne hatte sich, ganz gegen ihre sonstige Art, von den fröhlich Feiernden entfernt und am seichten Ufer des Rheins einen schmalen Bootssteg gefunden. Sie streifte, weil sie sich gänzlich unbeobachtet fühlte, die Schuhe und Strümpfe von den heißen Füßen und ließ diese nun in das kühle Wasser baumeln. Ihre Gefühle waren in Aufruhr. Aus den verschiedensten Gründen. Der vornehmste war der drängende Heiratsantrag, den Philipp Wittgenstein ihr gemacht hatte. Wie bereits drei Mal zuvor hatte sie abgelehnt. Natürlich mochte sie Philipp. Er war ihr nicht unangenehm. Aber sie verspürte nicht den leisesten Hauch von Prickeln, wenn sie mit ihm zusammen war. Augusta hingegen schien dieses Gefühl beständig zu haben. Sie beobachtete mitleidig deren verletzten Gesichtsausdruck, wenn er so ganz seine Aufmerksamkeit auf sie richtete und ihrer Cousine nur mit freundlicher Höflichkeit begegnete. Das Prickeln, das sie selbst mit dieser ernsthaften, ganz anderen Form des Verliebtseins in Verbindung bringen konnte, stellte sich automatisch ein, wenn sie Davids auch nur ansichtig wurde. Es war so ganz neu, und es war so überwältigend, dass sie noch nicht einmal mit Antonia darüber sprechen konnte. Es machte sie in Davids Gegenwart unsäglich beklommen und ließ jegliche Leichtigkeit im Umgang mit ihm verfliegen. So mied sie ihn lieber, um sich nicht zu verraten. Nur wenn sie sich mit ihren Zeichnungen beschäftigte, konnte sie unbefangen mit ihm reden. Es war so wundervoll von ihm, ihre Versuche, eigene Bilder zu schaffen, ernst zu nehmen.
Antonia ermutigte sie ebenfalls, und sie dankte es ihrer Freundin herzlich. Deshalb sah sie darüber hinweg, dass sie, seit ihre beiden Brüder in Köln waren, kaum noch Zeit für sie hatte.
Leise seufzte sie in die blaue Dämmerung hinaus. David reiste bald nach Dresden ab, dann hatte zwar Antonia bestimmt wieder mehr Zeit für sie, aber der Gedanke an die Trennung verursachte ihr ein schmerzliches Ziehen, das kaum zu ertragen war. Briefe ersetzten nicht die Gegenwart eines geliebten Menschen. Eine stille Traurigkeit verdunkelte Susannes sonniges Gemüt.
Über das Wasser hin hörte sie leise Stimmen, und als sie sich nach deren Quelle umsah, erkannte sie den
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