Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
werden wir sie selbstverständlich freilassen. Aber bis dahin bleibt sie in Haft.«
    »Selbst wenn ihre Unschuld vorher bewiesen ist?«
    »Wie wollen Sie die beweisen?«
    »Durch ein Geständnis der beiden gefassten Räuber.«
    »Die gestehen nichts. Sie sind hartgesottene Lügner und haben für alles eine passende Erklärung. In der Tat belasten sie diese Toni Dahmen.«
    »Lassen Sie mich mit ihnen reden.«
    »Nein. Was soll das bringen?«
    »Ich habe da eine gewisse Vorstellung. Sie bekommen ein volles Geständnis und eine Entlastung meiner Schwester.«
    Der Polizeikommissär war gegen seinen Willen von dem Mann, der so hartnäckig die Verdächtige verteidigte, beeindruckt. Er war gepflegt gekleidet, hatte einwandfreie Manieren, drückte sich gewählt aus, und doch schlummerte etwas Gewalttätiges unter der glatten Oberfläche. Ob das an seinem seltsam zweigeteilten Gesicht lag oder der Art, wie er seine Argumente vorbrachte, wusste er nicht. Aber es veranlasste ihn, zumindest neugierig dem Vorschlag zuzuhören, den er nun machte. Als er geendet hatte, verzog ein erstauntes Grinsen seine Lippen. Er war natürlich daran interessiert, die Wahrheit herauszufinden. Er ahnte sie auch, denn Gestalten wie der Breloer und Xavier waren ihm bereits zuvor begegnet. Genau genommen waren die beiden in anderen Fällen, bei denen es zu Einbrüchen und Überfällen gekommen war, genannt worden, aber er war ihrer noch nie habhaft geworden.
    »Sie werden Sie durchschauen, Herr Waldegg. Die Männer erkennen Ihresgleichen an vielen Kleinigkeiten, die unsereins nicht in der Lage sind, auch nur wahrzunehmen.«
    »Ich beherrsche diese Kleinigkeiten, einschließlich des Argots, mit dem sie sich verständigen. Sieben Jahre Bagno waren in der Hinsicht sehr lehrreich.«
    »Guter Gott!«, entfuhr es dem Polizeikommissär. Und dann stimmte er dem Vorhaben zu.
     
    Selbst der Wärter hielt den abgerissenen Mann in der schmuddeligen Kleidung und dem gebückten Gang für einen aufgegriffenen Landstreicher. Er stank nach Fusel, hatte schwarze Ränder unter den Fingernägeln und gab nur einige unzusammenhängende Laute von sich, als er ihn grob in die Zelle stieß, in der die beiden Straßenräuber hockten. Die betrachteten ihn mit Misstrauen, und als er sich eine der schmierigen Decken nahm, fingen sie einen Streit mit ihm an. Er erwies sich als gewandt im Ausweichen von Püffen und Tritten und ebenso geschickt darin, seine Blechschüssel mit wässriger Brühe zu verteidigen. Gegen Abend hatten die beiden sich mit ihm abgefunden, und als er die eingeschmuggelte Flasche Gin aus seiner viel zu weiten Joppe herauszog, machten sie sogar Anstalten, gut Freund mit ihm zu werden. Zumal der Kerl recht bewandert im Knastwesen schien. Er wies sich in seiner Sprache als von jenischem Adel aus, und das abgegriffene Päckchen Spielkarten, das er aus einem Stiefel zauberte, versprach ihnen einen geselligen Abend. Sie erzählten viel in dieser langen Nacht. Am Morgen wurde der Landstreicher von einem barschen Wärter aus der Zelle gezerrt, was sie tatsächlich bedauerten.
    Dieses Bedauern endete bei dem Breloer abrupt, als er sich eine Stunde später genau diesem Mann wieder gegenüberfand, der jetzt, in einem blauen Rock von feinstem Zwirn, gewaschen und gekämmt an der Seite des Polizeikommissärs saß und ihn aufforderte, bestimmte Aussagen der vergangenen Nacht in gewähltem Deutsch zu wiederholen. Der Gefangene fluchte und schimpfte, haderte und geiferte, aber dummerweise hatte er einige Namen und Orte genannt, die bei näherer Überprüfung dazu dienen konnten, einen festen Hanfstrick für ihn zu drehen.
    Er machte seine Aussage, und erstmals kam auch die Rolle des Bärenwirts zu Sprache. Von Antonia war im Zusammenhang mit Raub und Hehlerei nicht mehr die Rede.
    Xavier, der sich nach dem Breloer dem nächtlichen Kartenspieler gegenübersah, gelang es, bessere Haltung zu wahren. Nachdem er gemerkt hatte, wie er überlistet worden war und welchem Zweck es diente, machte er gute Miene zum bösen Spiel, um seine Haut zu retten. Er entlastete Antonia vollständig, wenn er auch nicht mehr als nötig von seinen Schandtaten zugab.
    »Ein sauberes Stückchen Arbeit, Herr Waldegg«, lobte der Polizeikommissär, als die Büttel den schwarzhäutigen Räuber fortgebracht hatten. »Ich mache die Unterlagen fertig. Gehen Sie und holen Sie Ihre Schwester ab. Ich bedauere, ihr diese Unannehmlichkeit zugefügt zu haben, aber die Indizien und ihre eigenen Angaben machten

Weitere Kostenlose Bücher