Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
nicht genau. Er hat nur Tagebuch über Owaihi geführt, aber Krusenstern wird wohl auch andere Länder und Inseln angelaufen haben.«
»Allerdings, und es gibt bereits Veröffentlichungen über seine Fahrt. Krusenstern hat sehr eingehend die Insel Nuku Hiva erforscht. Die Sandwich-Inseln, zu denen Owaihi gehört, hat er nur umrundet.«
»Andererseits kann er nicht alles erfunden haben. Dafür wirkt es zu glaubhaft.«
»Ich halte es für sehr authentisch.«
»Also war er auf dieser Insel in der Südsee, und wahrscheinlich hat er auch die Nadeshda gesehen?«
»Ich nehme an, er ist sogar eine Weile auf ihr gefahren.«
»Aber auf Owaihi hat er bei Weitem länger gelebt, denn er kennt sie sehr gut.« Antonia sah mit einem Grinsen zu Cornelius auf. »Vor allem die Frauen.«
»Vor allem die. Paul Lettow hat mir ein Schreiben geschickt, aus dem etwas mehr hervorgeht, als das, was der Mann uns verraten will. Aber er bat mich, ihn dennoch unvoreingenommen zu prüfen. Er hat ihn in einer Kneipe kennengelernt, wo er sein Seemannsgarn gesponnen hat. Ein paar Fragen hier und da, und er fand heraus, dass er bei einem Dachdecker arbeitete, um sich das Geld für die Heimreise nach Hamburg zu verdienen. Immerhin aber beeindruckten ihn seine Geschichten, aber er hat nie vorgegeben, mehr zu sein als ein Seefahrer.«
»Wer hat den Anthropologen erfunden?«
»David.«
»Mhm.«
»Paul hat ihm von Carlson erzählt. Der wiederum hatte die Chance gesehen, mir einen Reiseschriftsteller zu vermitteln. Er hat ihm sogar das Fahrtgeld vorgestreckt.«
»Du willst ihm helfen, Cornelius?« »Ja, wenn ich es vermag. Einen Schaden hätten wir sicher nicht davon, wenn wir seine Erlebnisse veröffentlichen. Nur den Namen Krusenstern müssen wir aus dem Buch heraushalten. Aber an dir und Susanne bleibt die Hauptarbeit hängen.«
»Mir macht es Spaß, ihm zuzuhören, und die Geschichten werden sich gut schreiben lassen.« Antonia nippte an ihrem Wein und lehnte ihren Rücken an Cornelius’ Knie. »Was, glaubst du, ist Roderick Carlson wirklich?«
»Vermutlich ein Schiffszimmermann, Toni, wenn er sich sein Brot als Dachdecker verdient. Einer, der wahrscheinlich Pech hatte, aber sich selbst aus dem Sumpf gezogen hat. Aber mach dir nicht zu viele Gedanken um ihn.«
»Nein. Aber Susanne tut es.«
»Das sollte sie nicht.«
»Warum nicht, Cornelius? Er ist ein besserer Mann als Philipp. Ich gönne ihr ein Abenteuer. Oder – wenn du so willst, einen Abenteurer. Gott ja, er ist ein Mann, dem eine Frau mehr als einen Blick schenken kann. Wenn ich mich endlich mal verlieben sollte, dann hoffe ich, es wird jemand wie er sein. Ein Mann, der nicht ganz so leicht zu durchschauen ist, der irgendwie verwegen wirkt, auch wenn er nach außen das Benehmen eines Herrn zeigt. Ein Mann, dessen Körper und Wille hart sind, der Hindernisse überwunden, Schrecken durchgestanden hat, Angst bewältigt und Gefahren überlebt hat, und der sich trotzdem dieses kleine Lächeln in den Augen bewahrt hat. Ein Raubein, das in allem Schönheit erkennt, ein Kämpfer, der noch träumen kann. Ein Mann, der Frauen Achtung entgegenbringt.« Sie lachte leise. »Er ist bestimmt ein umwerfender Liebhaber. Dafür werden diese schönen Insulanerinnen schon gesorgt haben.«
Cornelius’ Stimme klang heiser, als er fragte: »Denkst du so, Toni?« Er hatte sein Glas abgestellt und sich vorgebeugt, um ihr Gesicht zu sehen. Es war verträumt, und ihre Augen waren geschlossen.
»Ja. Ja, ich habe mir manchmal in der letzten Zeit überlegt, welche Art Mann zu mir passen würde.« Und dann riss sie mit einem einzigen Satz Cornelius’ Herz in Fetzen. »Dir kann ich ja solche Überlegungen anvertrauen, mein Bruder.«
Bettgeschichten
Darum an dem langen Tage
Merke dir es, liebe Brust:
Jeder Tag hat seine Plage
Und die Nacht hat ihre Lust.
Philine, Goethe
Lavinia von Dossow hatte das hauchzarte Negligé übergezogen. Obwohl die Beleuchtung wie üblich in ihrem Schlafzimmer gedämpft war, wollte sie ihren Körper nicht mehr vollends entblößen. Erst recht nicht vor einem jungen Mann, der gut fünfzehn Jahre jünger war als sie. Es war ein gepflegter Körper, sie achtete peinlich darauf. Ansonsten fand sie, hatten auch die reiferen Jahre ihre Reize.
Ein wesentlicher Reiz lag neben ihr in den seidenen Decken. Süße Venus, was für ein Mann! Schwarz ringelten sich die Locken um seinen Kopf und bedeckten halb die Wange. Schwarz lag auch der Schatten des Bartes über seinem
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