Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
Schnitts gekleidet, das unter dem wohlgerundeten Busen mit einem schwarzen Band gerafft wurde. Ihre goldblonden Haare waren säuberlich aufgesteckt, und nur eine lange Korkenzieherlocke ringelte sich über ihre Schulter, ihr Teint war lilienweiß und blütenzart, ihre Augen braun wie Stiefmütterchen, ihr Mund glich einer Rosenknospe. Kurzum, sie war das exquisite Bildnis einer vornehmen, wohlerzogenen Tochter aus gutem Hause, die ganz dem puppenhaften Schönheitsideal der Modegazetten entsprach.
    Antonia erfasste eine herbe Abneigung dem erlesenen Geschöpf gegenüber. Sie war sich ihres schlichten Rocks und ihrer ungebärdigen, kurzen Haare überaus bewusst. Sie schaute auf ihre Hände und wusste nicht, was sie mit ihnen anfangen sollte.
    »Antonia, tritt näher«, forderte Elena sie freundlich auf. Auch Waldegg, der neben dem Kamin stand, nickte ihr ermutigend zu. »Fräulein Bernsdorf war so liebenswürdig, unserer Einladung zu folgen. Ich möchte euch beide miteinander bekannt machen«, erklärte er.
    Antonia machte einen Schritt auf die Damen zu, und das Mädchen erhob sich.
    »Unsere neue Hausgenossin, Antonia. Susanne Bernsdorf, die Enkelin eines meiner besten Freunde.«
    »Ich freue mich, Sie zu treffen, Fräulein Antonia.«
    Antonia wurde sich ihrer rauen, viel zu tiefen Stimme bewusst, als sie die weiche Tonlage hörte, in der sie begrüßt wurde. Patzig sagte sie: »Wirklich? Sie kennen mich doch gar nicht.«
    »Antonia!«, mahnte Elena und schüttelte missbilligend den Kopf.
    »Ach ja. Es heißt ja... Ich muss sagen...« Sie sah der jungen Dame geradeaus ins Gesicht und flötete höflich: »Wie geht es Ihnen, Fräulein Bernsdorf?«
    Plötzlich waren da zwei Grübchen in dem puppenhaften Gesicht, und sie erhielt als Antwort: »Das interessiert Sie doch gar nicht.«
    »Da haben Sie völlig Recht.«
    »Mesdemoiselles, Contenance, bitte!«
    »Ja, Madame.« Antonia nahm auf einem Stuhl Platz, und Susanne setzte sich wieder neben die Dame des Hauses.
    »Wie geht es Ihren Großeltern, Fräulein Susanne?«, begann der Domherr eine unverfängliche Konversation.
    »Sie sind gesund und guter Dinge. Obwohl Großvater häufig wegen ausbleibender Lieferungen murrt.«
    »Dann ist ja gut. Darüber zu murren ist sein normaler Zustand. Ich fürchtete schon, die Familie habe einen traurigen Fall zu beklagen.«
    Susanne sah auf ihr Kleid und spielte dann mit den schwarzen Bändern. »Meine andere Familie. Hörten Sie es nicht? Onkel Hirzen ist gestorben.«
    Elena schlug sich die Hand vor den Mund. »O mein Gott, Liebes! Natürlich hörten wir... Das tut mir ja so leid.«
    »Lassen Sie nur. Ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Wir standen uns nicht sehr nahe. Trotzdem dauern mich meine Cousinen. Der Skandal...«
    Waldegg setzte sich jetzt ebenfalls nieder.
    »Es wird bald Gras darüber wachsen. Wie über jeden Skandal. Das Beste ist, nicht darüber zu reden. Widmen wir uns den gegenwärtigen Angelegenheiten. Antonia, Fräulein Susanne wäre bereit, dir an drei Nachmittagen in der Woche ihre Zeit zu widmen. Sie ist übrigens eine ganz ausgezeichnete Malerin und beherrscht die Harfe und das Klavier. Und viele weitere Künste, mit denen du dich vertraut machen könntest.«
    »Beispielsweise die Herstellung von Marzipan«, fügte Susanne hinzu und reichte Antonia ein aus buntem Stroh geflochtenes Körbchen, in denen sich einige schokoladeummantelte Pralinés befanden.
    »Für mich? Danke! Sie haben die selbst gemacht?«
    »Mit meinen eigenen Händen. Jakoba, die Köchin Ihres Hauses, hat es mir beigebracht.«
    Das erstaunte Antonia. Sie begann, ihren ersten Eindruck zu revidieren. Jakobas Küche war vertrautes Revier. Mal sehen, was dieses Zuckerpüppchen noch davon verstand.
    »Jakoba ist eine hervorragende Lehrerin. Ich habe auch einiges in der Küche gelernt. Zum Beispiel Einpökeln von Eisbein und das Abziehen von Aalen.«
    Susanne bekam runde Augen. »So etwas können Sie?«
    »Ich kann auch Hasen häuten und Gänse rupfen.«
    »Fantastisch!«
    »Das kann ich Ihnen ja im Ausgleich zum Harferupfen beibringen.«
    »Ja – ähm – das sind bestimmt nützliche Fähigkeiten.«
    »Viel nützlicher als auf den Saiten herumzuklimpern.«
    »Antonia«, mischte sich Waldegg jetzt wieder ein, »wir waren uns einig darüber, dass du dir jetzt die Überlebensfähigkeiten aneignen wirst, die man in der gesellschaftlichen Wildnis benötigt, nicht wahr?«
    »Auf dem gesellschaftlichen Parkett«, verbesserte Elena. Susanne sah

Weitere Kostenlose Bücher