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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Hirzens einquartiert worden war.
    »Ich habe mich damals ein wenig in ihn verliebt. Ich weiß, es war ungehörig, und es ist nun vorbei. Aber er hat seinen Platz in meinem Herzen behalten. Er war ein sehr liebenswürdiger Mann und ein echter Herr«, schloss sie.
    »Diesen Eindruck habe ich auch, Fräulein Susanne«, pflichtete ihr Waldegg bei. »Ich will Erkundigungen einziehen, ob man etwas über seinen Verbleib erfahren kann.«
    »Tu das, Hermann«, bat Elena und hob die Tischglocke. »Aber jetzt sollten die beiden jungen Damen über den Modekupfern konferieren, denn um fünf wird die Schneiderin eintreffen.
    Als Johann den Teewagen in den Salon gerollt hatte, stand Susanne auf und ging zu der Decke, auf der Milli die ganze Zeit geschlafen hatte. Sie kniete nieder und streichelte die alte Katze, die nur müde ein Augenlid anhob.
    »Lass sie nur schlafen. Sie ist so schwach in den letzten Tagen«, bat Elena.
    »Wir könnten ihr ein Schälchen Sahne reichen.«
    »Sie will nichts naschen. Ich habe es schon versucht.«
    Susanne nahm die Modezeitschrift und zwinkerte Antonia auffordernd zu. »Ziehst du weiterhin den Stil à la paysanne vor, oder darf’s auch mal à la parisienne sein, Antonia?«
     
    Die letzten Vögel hatten ihre Abendlieder gesungen, die Geräusche der geschäftigen Stadt waren verstummt, und im Haus herrschte Ruhe. Antonia stand am geöffneten Fenster und blickte in die Gärten hinaus, die hinter den Häusern lagen. Die laue Nachtbrise durchwehte ein Hauch von Flieder, und vor einer feinen Mondsichel glitten einige Wölkchen vorbei. Tief atmete sie die süße Luft ein. Sie fühlte sich erschöpfter als nach einem langen Tagesmarsch und harter körperlicher Arbeit, und das verwunderte sie einigermaßen. Es musste an den Erinnerungen liegen, an den heftigen Gefühlen, die sie ausgelöst hatten. Seit sie in diesem Haus lebte, hatte sie sorgsam alles in sich verschlossen, was an vergangene Zeiten erinnerte. Zum einen, um ihre Gastgeber nicht unnötig zu schockieren, zum anderen aber auch, um nicht ständig dem Verlorenen nachzutrauern. Sie war klug genug zu erkennen, dass ihr eine neue Chance geboten wurde. Sie genoss den Luxus und die Bequemlichkeit nach der harten Zeit der Wanderungen, und sie liebte die Möglichkeit, sich bilden zu können. Dankbar nahm sie Hermann Waldeggs Freundlichkeit und Güte an, und wider Erwarten war sie von Susanne angetan, die zwar so ganz anders aufgewachsen war als sie selbst, aber in der sie schon nach den wenigen gemeinsamen Stunden einen ihr verwandten rebellischen Zug entdeckte, der unter der vornehmen Kultiviertheit wie eine unter Samt gefangene Schlange zuckte.
    Mit Madame – sie weigerte sich immer noch, Elena als ihre Mutter zu bezeichnen – hatte sie einen höflichen Waffenstillstand geschlossen, den einzuhalten ihr manchmal schwer fiel. Diese Frau, die kein Stäubchen auf den Möbeln duldete, alles immer in peinlichster Ordnung gerichtet haben wollte, bei jedem Anschein von Unordnung hektisch zu räumen begann und bei jeder milden geistigen Aufregung in Nervenkrämpfe verfiel, war und blieb ihr unverständlich.
    Manchmal hatte sie Heimweh nach dem ungebundenen Leben auf den Märkten, nach der Gemeinschaft von Fuhrknechten und Soldaten, der unkomplizierten Kameradschaft ihrer Brüder, den Lagerfeuern und dem warmen Geruch der Pferde. Ordnung und Disziplin waren ihr nicht unbekannt, aber der Sinn militärischer Ordnung erschloss sich ihr mehr als der jener Regeln, die einzuhalten Elena von ihr erwartete. Warum eine Tasse mit spitzen Fingern zum Mund führen und zierliche Schlückchen nehmen, wenn man doch durstig war? Oder es auch dann zu tun, wenn einem die laue Brühe sowieso nicht schmeckte? Warum süße Worte säuseln zu Menschen, denen man lieber den Hintern zudrehte? Warum Kleider tragen, die weder wärmten noch einen herzhaften Marsch aushielten?
    Nun ja, Opfer musste man wohl bringen. Antonia seufzte leise. Wenigstens zu hungern brauchte sie nicht mehr. Da sie beim Abendessen wenig Appetit gehabt hatte, machte sich jetzt, zur mitternächtlichen Stunde, ihr Magen mit einem Knurren bemerkbar. In der Küche würde sie Brot und Käse und ein Glas Milch finden.
    Lautlos schlich sie durch den Gang die Treppe hinunter. An der halbgeöffneten Salontür blieb sie stehen. Drinnen brannte ein Licht. Sollte Johann vergessen haben, es zu löschen? Sie schob die Tür auf und bemerkte überrascht, dass Elena, in ein wollenes Negligé gehüllt, auf dem Teppich neben dem

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