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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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amüsiert von einem zum anderen, aber Antonia versank plötzlich tief in Gedanken. Eine Erinnerung nagte an ihr, und als sie sich manifestiert hatte, fragte sie nach: »Sarah Susanne Bernsdorf? Sie haben eine Zeitlang bei Hirzens am Neuen Markt gewohnt?«
    »Ja, aber das ist schon einige Jahre her. Warum?«
    »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick. Ich muss etwas aus meinem Zimmer holen.« Sie hatte das Schreiben von Colonel Renardet aufbewahrt. Aus einer kleinen Holzschachtel fischte sie den abgegriffenen, eselsohrigen Umschlag, der seine lange Reise von Magdeburg nach Köln in ihrer Jackentasche gemacht hatte. Die Wehmut überkam sie wieder, als sie ihn glättete. Sie wünschte dem Colonel sehr, er möge bei guter Gesundheit sein. Dann zog sich ihr Mundwinkel lächelnd ein Stückchen nach oben. Ein seltsamer Zufall war es, der sie mit Susanne zusammengeführt hatte. Wenn sie vor Zeiten bei den Hirzens gewohnt hatte, aber behauptete, ihnen nicht sonderlich nahe zu stehen, dann mochte sie weniger hochnäsig sein als die jungen Damen, die sie im Januar so schnöde abgefertigt hatten, als sie nach ihr gefragt hatte. Außerdem – Renardet hatte sie als großherzig und freundlich bezeichnet.
    Weiterhin ein Lächeln auf den Lippen, kehrte Antonia in den Salon zurück und baute sich in militärischer Haltung vor dem Domherrn auf.
    »Gehorsamst, Herr Domjraf. Ich nehme diese da!« Sie zeigte mit dem Schreiben auf Susanne. Diese fuhr empört auf und fauchte: »Na also, ich bin doch kein Stück Torte!«
    »Aber fast so appetitlich, Fräulein Bernsdorf. Außerdem haben Sie die beste Empfehlung der Welt für Ihren neuen Posten.« Mit einem Knicks reichte Antonia ihr den Brief. Susanne zögerte, den schmuddeligen Umschlag anzunehmen.
    »Feige?«
    »Pah!« Sie riss das Papier aus Antonias Hand, die sich daraufhin mit einem zufriedenen Schnauben hinsetzte.
    Gebannt beobachteten die Waldeggs ihre Besucherin, die atemlos die Zeilen überflog. Einmal und noch einmal. Beim dritten Mal rannen ihr dicke Tränen über die Wangen und tropften auf ihre Hände. Rasch legte sie das beschriebene Blatt beiseite, damit sie nicht die Tinte verwischten, dann stand sie auf und ging auf Antonia zu.
    »Ich nehme deine Wahl an, Antonia.« Sie ergriff ihre Hände. »Er hat völlig Recht, ich brauche eine Freundin. Aber bitte, erzähl mir – geht es ihm gut?«
    »Als ich ihn verließ, war er bei guter Gesundheit. Aber das ist ein halbes Jahr her.«
    »Woher kennst du ihn?«
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Bitte, bitte erzähl sie mir.«
    Elena, die zunächst konsterniert, jetzt aber erwartungsvoll dem unverständlichen Gefühlsausbruch gefolgt war, bat ebenfalls: »Antonia, was hat es mit diesem Schreiben auf sich? Es scheint Fräulein Bernsdorf tief zu rühren.«
    »Vielleicht betrifft es Dinge, die in die private Sphäre der jungen Damen fallen, Elena.« Waldegg sah zu Antonia hin. »Aber eine kleine, wohlzensierte Erläuterung würde unsere brennende Neugier sicher mildern.«
    »Ich erzähle es, aber bitte machen Sie mir keine Vorwürfe.« Das war an Elena gerichtet, die zustimmend nickte. Also berichtete Antonia, wie sie Sebastien Renardet auf einem Feldweg bei Pfungstadt begegnet war und ihn zwei Jahre später bei der Besetzung Darmstadts wiedergetroffen hatte. Sie erwähnte, wie er sich um ihre Brüder gekümmert und Elisabeth die Lizenz für die Marketenderei besorgt hatte.
    Elenas Gesicht spiegelte ihre Gefühle wider. Es war das erste Mal, das sie ein solch lebendiges Bild vom Leben ihrer Tochter erhielt. Überraschung wechselte zu Staunen, ein entsetztes Aufstöhnen entfloh ihr bei der Erwähnung der Kämpfe von Schleiz, Schock und Entrüstung zeigte sie, als Antonia von Renardets Verwundung und anschließender Verwirrung sprach, und stumme Tränen entströmten ihren Augen, als sie von der Rolle hörte, die der Colonel nach dem Tod der Marketenderin gespielt hatte, seine Besorgnis um ihr Kind, dem er half, sich auf den Heimweg zu machen und ihr dazu sogar ein Empfehlungsschreiben an Susanne mitgab. Aber sie brachte kein einziges Wort hervor.
    Auch der Domherr schwieg, aber er war hinter Antonias Stuhl getreten und legte ihr die Hand auf die Schulter. Susanne aber lehnte, auf dem Boden sitzend, ihren Kopf an Antonias Knie. Als sie mit ihrer Erzählung fertig war, sprach sie leise von dem jungen Major, der, weil er sich von einer Beinverletzung erholen musste, einen Posten in der Militärverwaltung Kölns erhalten hatte und bei den

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