Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
begutachten.«
»Wenn Ihnen daran so viel gelegen ist...«
»Ist mir. Und auch daran, dir für die Pfingstmesse ein hübsches Kleid anmessen zu lassen, Antonia. Ich hätte nämlich gerne mindestens eine Dreivierteltochter.«
»Sie haben eine fiese Art, einen um den Finger zu wickeln, Herr Domjraf!«
Gute Geschäfte
Den Arm um sie geschlungen zag, fragt er mit sanftem Zungenschlag: »Was war das für ein Schlangenzug, der mich in deine Zangen schlug?«
Schüttelreim
Beschwingt wirbelte Kay Friedrich Kormann sein Stöckchen, als er durch die laue Mainacht nach Hause ging. Die Straßen waren still, und die Beleuchtung ließ weiterhin zu wünschen übrig, aber wenigstens häufte sich hier, in den besseren Gegenden, kein Unrat mehr auf den Wegen.
Er war zufrieden mit dem Verlauf des Abends. In seiner Börse klimperten die Goldstücke, die er beim Pharo gewonnen hatte. Die diskrete Villa, zu der nur besonders ausgewiesene Personen Zutritt hatten, wirkte nach außen wie ein vornehmes Privathaus, barg aber in seinen erlesen ausgestatteten Räumen Unterhaltung der besonderen Art. Es war ein Spielclub, in dem man nicht nur den Hasardspielen nachgehen konnte, sondern auch ansprechende weibliche Unterhaltung geboten bekam. Er hatte sie gelegentlich in Anspruch genommen, aber in den vergangenen Wochen war er zurückhaltender geworden. Darum war er verhältnismäßig früh aufgebrochen, um nach Hause zu gehen. Seine Verlobung mit Charlotte Pfeifer war offiziell bekannt gemacht worden, und er wollte keinen Anlass zu Gerede geben. Nur zu deutlich war ihm bewusst, wie gut seine Versprochene darin war, Informationen zu sammeln.
Der Hinweis auf die Schmuggelware bei Hirzens hatte sich als nützlich erwiesen. Es gab einen deftigen Skandal, als man sein Lager durchsuchte und die Konterbande fand. Ballen um Ballen feinster Gewebe hatten die Schergen herausgezerrt und auf dem Neuen Markt aufgeschichtet, um sie dort, mit Öl übergossen, als Warnung an alle anderen Geschäftsleute öffentlich zu verbrennen. Ein prächtiger Scheiterhaufen loderte da auf. Der feine Stoff brannte schnell. Niemand bemerkte das grobe Segeltuch, das sich unter den äußeren Schichten verbarg. Das war ebenfalls Charlottes geniale Idee gewesen. Es hatte einige kleine Zuwendungen gekostete, bei der Aktion die Tuchrollen auszutauschen, aber es lohnte den Aufwand und die Hektik. Die kostbaren Indiennes, die farbenfrohen Cretonnes, die zarten Batiste und die Stapel weichster indischer Kaschmirtücher lagen inzwischen sorgfältig verpackt in einem entfernteren Lagerhaus, das Kormann unter einem Decknamen angemietet hatte. Ein Vermögen, das bei geschickter Vermarktung bald in seine Taschen fließen würde.
Bedauerlich und nicht geplant war das Ableben des Tuchhändlers. Der hatte leichtsinnigerweise mit einer Schusswaffe hantiert und sich dabei eine Kugel in den Kopf geschossen. Die Witwe mit ihren beiden Töchtern war untröstlich, sie war aber dennoch geschmeichelt, als sie der Kommissär des Wohlfahrtsbureaus als Vertreter des Magistrats selbst aufsuchte, um ihnen sein Beileid auszusprechen. Madame Hirzen nahm gerne seine hilfreichen Vorschläge an, um das restliche Vermögen zu retten, das sich nun nur noch in Form des großen Stadtpalais darstellte. Ein hübsches Häuschen auf dem Lande, hatte er ihr versichert, wäre jetzt die richtige Zuflucht, bis sich die Wogen der Erregung und ihre persönliche Trauer gelegt hätten. Er konnte ihr sogar eine passende Immobilie anbieten, und sie hatte dankbar die Abwicklung dieser Geschäfte in seine fähigen Hände gelegt.
Alles das war in der ersten Maiwoche geschehen, inzwischen gehörte ihm das Palais am Neuen Markt, auch wenn er der Witwe gestattete, bis Ende des Monats darin zu wohnen. Dann aber musste sie ausziehen, denn Baumeister Lindenborn würde mit den Renovierungen beginnen.
Kay Friedrich hatte seine Wohnung erreicht und stieg die Treppe nach oben. Der Duft von Ambra und Lilien begrüßte ihn, und mit einem Laut des Unmuts legte er Stock und Hut ab. Lieber wäre er in dieser Nacht alleine geblieben, aber er hatte Charlotte nun mal in einer Anwandlung von Großmut einen Schlüssel zu seinem Appartement gegeben, und sie nutzte es aus, wann immer sie eine Ausrede fand, um den Lindenborns zu entfliehen. Zum Glück war das nicht allzu häufig. Was ihn aber weit mehr indignierte, war ihr girrendes Lachen und die fremde Männerstimme. Er riss die Tür zum kleinen Salon auf.
Charlotte, in einem
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