Kreuzdame - Köln Krimi
nächsten Morgen glaubte ich, mich geirrt zu haben, hoffte, sie wäre es doch nicht gewesen, nur eine, die ihr ein bisschen ähnlich wäre. Ich habe immer wieder ihren Namen geflüstert: ›Katharina!‹Ich wusste nicht weiter, lief zum Friedhof, zu ihrem Grab und sprach mit ihr. Aber erst Monate später, als ich spürte, dass es so nicht weitergehen konnte mit mir, dass ich Gefahr lief, mich selbst völlig zu verlieren, da habe ich mich entschlossen, nach Köln zu fahren.«
»Und die Drohbriefe, die Sie ihm geschickt haben? Was wollten Sie damit bezwecken? Wollten Sie ihm Angst machen?«
Er sah mich an, als sähe er mich zum ersten Mal. »Drohbriefe? Wie kommen Sie denn darauf? Ich habe ihm keine Drohbriefe geschickt. Ich wollte doch nur wissen, ob sie noch lebte. Deshalb bin ich nach Köln gekommen.«
Er sagte das so bestimmt, dass ich unsicher wurde, ob er wirklich hinter den Briefen steckte.
Einige Augenblicke vergingen, dann begann Marco Calucci wieder zu sprechen. »Als ich nach Köln kam, bin ich mehrmals zur Klinik gefahren, habe gehofft, ihn dort zusammen mit Katharina zu treffen. Ich habe mir auch die Privatanschrift rausgesucht, und auch da stand ich stundenlang auf der Straße und wartete, dass meine Katharina auftauchte. Dann habe ich mich als sein Chauffeur beworben, weil ich dachte, da müsste ich doch auch sie mal sehen. Aber dann fand ich heraus, dass Katharina längst nicht mehr bei ihm war. Das Foto, das ich in der Zeitung gesehen hatte, war vor Jahren aufgenommen worden. Alles war also umsonst gewesen.
Eines Tages jedoch, als ich vor dem Klinikeingang stand, kam eine weinende Frau heraus, blieb stehen und sagte: ›Du Mistkerl, du machtbesessenes Monster, ich wünsche dir die Pest an den Leib oder zumindest die Schmerzen, die du mir zugefügt hast.‹ Ich stand genau neben ihr, und als sie weiterging, wäre sie fast gegen mich geprallt. ›Hallo‹, habe ich gesagt, ›das hat aber nicht nach Freundschaft geklungen.‹ ›Weiß Gott nicht‹, hat sie gesagt, und da habe ich sie gefragt, ob ich sie zu einem Kaffee einladen dürfte. Sie hat genickt, und wir sind zusammen losgegangen.
Die Geschichte kennen Sie ja, was der Bender mit ihr gemacht hat, habe ich Ihnen ja damals alles gegeben, und sehen Sie, wie der Zufall so spielt, sie kommt auch aus Berlin, so etwas verbindet.«
Was wollte er damit sagen, dass Frau Magari die Drohbriefe verfasst hatte, dass er damit nichts zu tun hätte, er mit seiner Trauer?
Wieder schwieg er, lehnte sich zurück und sah aus dem Fenster. Dann sagte er langsam: »Ich weiß gar nicht, warum ich Ihnen das alles erzählt habe. Das wird Sie kaum interessieren.«
Ehe ich widersprechen konnte, stand er auf und murmelte, dass er noch einen Termin hätte und spät dran wäre, legte etwas Geld für den Kaffee auf den Tisch und verschwand. Ich war zu verdutzt, um ihn aufzuhalten, aber dann fielen mir die Polizisten ein, die doch sicherlich vor der Tür standen und ihn festnehmen würden, jetzt, wo so vieles klar geworden war.
Wenige Sekunden später kam Herr Weber zu mir. »Danke«, sagte er, »hat ja alles funktioniert.« Er bat um das Mikro, steckte es ein und meinte, sie würden das Gespräch so schnell wie möglich auswerten. »Nochmals danke für Ihren Einsatz«, rief er, als er schon an der Tür war.
Dann war auch er weg, und ich saß noch immer am Tisch, blickte vor mich hin und war fassungslos, weil die Polizei Marco Calucci nicht sofort festgenommen hatte. Er war doch hochgradig verdächtig, oder etwa nicht?
Brigitte Mallberg, dachte ich, du bist und bleibst ein Nobody, du fängst hier was an und da, und am Ende wirst du mit leeren Händen dastehen, nichts wirst du erreichen, gar nichts. Egal, ob du Hausfrau bleibst oder dich als Journalistin ausgibst, du spielst immer nur eine kleine Rolle, und die ist eben nicht so brillant, dass der Schlussapplaus dir gehört.
Ich stand auf, ging zum Garderobenständer, nahm meinen Mantel, zog ihn an und schlich zur Tür hinaus, links am Dom vorbei zum Parkhaus. Ich bezahlte am Parkautomaten, schloss mein Auto auf und setzte mich hinein. Ich fühlte mich leer und kraftlos, zu nichts nutze, und blieb so lange sitzen, dass ich später noch einmal nachzahlen musste, weil die bereits bezahlte Summe nicht ausreichte für die danach noch beanspruchte Parkzeit, wie mich der Mann an der Schranke belehrte. Ich nickte, gab ihm weitere zwei Euro und fuhr langsam heim.
Warum war Marco Calucci so plötzlich gegangen? Und wieso war
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