Kreuzdame - Köln Krimi
betrat, saß direkt neben dem Eingang der junge Mann, der mir im Herbst die Patientenakte von Jennifer Magari gegeben hatte und dem ich noch mal kurz im »Café Eigel« begegnet war.
Er lachte mich an, als ich eintrat. »Ach, Sie sind das wieder!«, rief er und dass er sich freute, mich noch einmal zu sehen. Er stand auf und nahm mir den Mantel ab.
Ich setzte mich und sah ihn an. Er sah nicht nach jemandem aus, der Drohbriefe schrieb oder Menschen in den Tod schickte. Wir bestellten zwei Cappuccino und ich ein Stück Sachertorte, was Herrn Calucci zum Lachen brachte und mich zum Nachdenken, wie sich diese Fröhlichkeit in Herrn Webers Ohren anhören würde.
»Die Akte über Jennifer Magari hat Ihnen nicht gereicht, oder?«, fragte er nach dem ersten Schluck. »Aber ich kann Ihnen noch mehr über Klaus Bender erzählen, wenn Sie wollen, darüber, wie er mit Menschenleben umgegangen ist, und über seine Überheblichkeit«, fügte er hinzu, und nun war seine Stimme härter geworden. Klang das nicht so wie in den anonymen Drohbriefen an Klaus? Saß ich wirklich einem Mörder gegenüber?
»Wieso waren Sie überhaupt in Berlin?«, fragte er nach einem Schluck Kaffee und sah mir dabei so in die Augen, dass ich Mühe hatte, mich wieder auf meine Aufgabe zu konzentrieren.
»Ich habe meinen Mann zu einem Seminar begleitet.«
»Aha!«, erwiderte Marco Calucci. »Und da sind Sie zufällig an einem Haus vorbeigeschlendert, aus dem eine Frau herauskam, die mich kannte, aber halt – woher wussten Sie überhaupt meinen Namen?«
Darauf antwortete ich nicht, sondern sagte nur sehr leise: »Eigentlich interessiere ich mich mehr für Katharina Mazceck.«
Marco Calucci sagte nichts, sondern sah zum Fenster hinaus, bis ich fragte: »Sie kannten doch Katharina?«
Und er antwortete: »Ja, Sie auch?«
Er schwieg eine Zeit lang, räusperte sich dann und fragte mit heiserer Stimme: »Warum fragen Sie nach ihr? Katharina ist tot.«
»Das tut mir leid«, antwortete ich leise und vielleicht eine Spur zu gefühlvoll. »War es das, was Sie ihrem Vater erzählen wollten oder vielleicht schon erzählt haben? Wussten die Eltern womöglich gar nichts davon?«
»Katharina hatte schon lange keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern, die waren längst wieder in Polen und hatten es Katharina übel genommen, dass sie hierbleiben wollte, hier in Deutschland, vor allem in Berlin, das so etwas wie ihre Heimat geworden war.«
»Und vermutlich auch, um bei Ihnen zu bleiben, nehme ich an«, warf ich dazwischen, so wie man eben als Journalistin Zwischenbemerkungen fallen lässt, dachte ich.
»Vielleicht auch das«, antwortete Marco Calucci. »Es hatte eine Menge Ärger gegeben und schließlich diesen Bruch zwischen ihr und den Eltern. Aber nun war Katharinas Mutter gestorben, der Vater hatte versucht, seine Tochter hier in Berlin zu erreichen, und weil das nicht gelang, nicht gelingen konnte, hatte er die Zeitung eingeschaltet. So kam ich wieder in diese Geschichte hinein, diese Geschichte, die mir so viel Kummer macht, immer noch …«
Jetzt hatte er Tränen in den Augen, und ich konnte mir immer weniger vorstellen, dass jemand wie er zu einem Mord fähig sein sollte. Er sah vor sich auf den Tisch, als ob dort sein Manuskript läge, und ich wusste nicht, ob ich nachhaken sollte, um meinen Fragenkatalog abzuarbeiten. Ich entschied mich abzuwarten, und tatsächlich, es dauerte nicht lange, da sprudelte es aus ihm heraus, so als wollte er sich befreien von dem Druck, der auf seinem Herzen lag.
»Ich habe sie geliebt. Wir waren unzertrennlich, hatten eine kleine Wohnung, oder sagen wir besser, ein Kellerloch, aber wir waren glücklich. Katharina studierte noch, und ich war bereits im Referendardienst. Es war eine wunderbare Zeit, es fehlte uns nichts, bis dieser Dr. Bender auftauchte. Katharina jobbte zu der Zeit in einigen Cafés und Bars und finanzierte mit diesem Geld ihr Studium, und weil sie so hübsch war, fanden es besonders die Männer toll, von ihr bedient zu werden.
Und eines Tages traf sie dann diesen Bender, der ihr mehr geben konnte als ich, der sie ausführte, sie mit ins ›Adlon‹ nahm, ihr Klamotten kaufte und Schmuck und ihr schließlich eine schicke Wohnung einrichtete, in der sie wohnte, wenn er nicht in Berlin war. Mich hat sie fallen gelassen, von einem Tag auf den anderen. Sie packte ihre Sachen und sagte mir eines Morgens nach dem Frühstück, es sei aus, sie ziehe in seine Wohnung. Ich war wie gelähmt, fragte immer wieder:
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