Kreuzstich Bienenstich Herzstich
Kräutertee und mach dir eine Wärmflasche zurecht. Um diese Zeit hast du im Bett zu sein.«
Es war elf. Susanne würdigte diese lächerliche Bemerkung mit keiner Silbe.
»Papa, ich frage dich nochmals: Was machst du hier?«
»Kind, geh nach Hause.«
»Du ermittelst doch in diesem Serienmörderfall, oder? Ist das hier eine Überwachung? Ach Papa, warum verbeißt du dich nur in diese Idee. Das ist ja schon fast eine Zwangsvorstellung von dir. Ich mache mir wirklich Sorgen!«
»Susanne.« Seifferheld versuchte, streng zu klingen. Aber das war nicht so einfach gegenüber einer granitharten Mittdreißigerin im Powerhosenanzug. Und im Beisein einer lächerlichen Gummipuppe auf dem Beifahrersitz. »Susanne, du gehst sofort wieder nach Hause!«
»Ich denke ja nicht daran.« Susanne verschränkte die Arme vor der Brust.
Eine Zeitlang schwiegen sie sich an. Aber letzten Endes zeigte sich, dass Susanne die Tochter ihres Vaters war. Die Neugier siegte.
»Wen hast du im Verdacht?«, fragte sie.
Seifferheld krallte seine Finger hilflos ins Lenkrad. »Niemand Bestimmtes. Ich warte nur auf Klaus. Er schaut sich im Barfüßer um.«
»Aha. Ein Lockvogel.« Susanne war nicht auf den Kopf gefallen. Und offenbar hatte sie ihn schon durchschaut, als er sich ihren Wagen ausgeliehen hatte. Sie reichte ihm nämlich eine Thermoskanne nach vorn.
»Hier. Was Warmes.«
Seifferheld drehte sich zu ihr um. »Schätzchen?«
»Mama hat dir früher auch immer eine Thermoskanne mitgegeben, wenn du eine Überwachung hattest. Ihr geheimes Kaffeerezept zum Wachbleiben hat sie es doch genannt, nicht wahr?«
Seifferheld lächelte. Er drehte sich wieder nach vorn und öffnete den Schraubverschluss. »Das geheime Rezept von Mama. Ach Susanne, wie schön.«
Er goss das dunkle Gebräu vorfreudig in den Becher und pustete. Dann wagte er einen Schluck.
»Großer Gott«, rief er erneut und musste sehr an sich halten, den Schluck im Mund nicht gleich wieder in den Thermosbecher zu speien. »Was ist das denn?«
»Kaffee. Mit einem Hauch Zimt und etwas Eierschale.« Susanne klang ahnungslos. »Wieso?«
»Mama hat mir immer Kaffee mit Schuss mitgegeben. Mit viel Schuss!«
»Aber ihr habt immer gesagt, es sei Kaffee mit Zimt und Eierschale. Von Hand aufgegossen.« Susanne schmollte.
Seifferheld schmollte auch. Er schmollte mehr über sich als über seine Tochter. Es rächte sich immer, wenn man seinen Kindern Lügen auftischte. Kaffee, der nach Zimt schmeckte. Widerlich.
Gern hätte er den Inhalt der Thermoskanne aus dem Wagenfenster gekippt und die leere Kanne mit etwas gefüllt,was ihm gerade sehr auf die Blase drückte. Seit es gemischte Teams in Streifenwagen gab, war diese schöne Tradition jedoch aus der Mode gekommen. Und mit seiner Tochter im Fond würde er sie jetzt ganz sicher nicht erneut zum Leben erwecken.
»Ich habe immer Angst um dich gehabt«, räumte Susanne plötzlich ein. »Immer. Nicht nur bei Überwachungen. Grundsätzlich. Ich habe immer gedacht, jemand schießt irgendwann auf dich.«
»Ach Kind.« Seifferheld wusste nicht, was er sagen sollte.
»Und dann hat tatsächlich jemand auf dich geschossen und dein Leben stand auf der Kippe.« Sie schniefte und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
Seifferheld drehte sich zu ihr um. Susanne hatte nicht mehr geweint, seit ihr als Vierjährige die von der Großmutter ererbte Schlummerle-Puppe in den Kocher gefallen war.
»Susele, es ist alles gut«, flüsterte er und strich ihr über die Haare.
»Ach Papa.« Sie schlang von hinten die Arme um ihn.
In diesem Moment sah Seifferheld aus den Augenwinkeln Klaus aus dem Barfüßer kommen, eine quirlige Frau an seiner Seite.
Wedelte er mit dem Schal?
Nein.
Seifferheld ließ den Motor an. »Susanne, steig aus, es geht los.«
»Ich steige nicht aus.«
»Susanne. Du verlässt auf der Stelle diesen Wagen.«
»Es ist mein Wagen und ich bleibe.« Ostentativ schnallte sie sich an. Onis setzte sich auf.
Keine Zeit für Diskussionen. Klaus und die Unbekannte verschwanden um die Ecke der Sparkasse.
Seifferheld fuhr los.
Er bekam nicht mit, wie sich der Türsteher vom Barfüßer die Autonummer des BMWs notierte.
Die Frau, die Klaus aufgegabelt hatte, fuhr einen roten Golf und hatte hinter dem Entenbäck geparkt.
In aller Ruhe zuckelten Golf und BMW durch die Stadt, am Kocher entlang, vorbei an der Großbaustelle Kocherquartier und vor bis zur Ampel an der Friedensbrücke, die auf Rot stand.
Doch auf einmal schoss der Golf nach
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