Kreuzstich Bienenstich Herzstich
Hasselblad-Kopie bekommen, deren Blitzlicht so hell war, dass die Fotografierten mindestens für fünf Minuten völlig erblindeten. Seine Frau hatte ihm verboten, das Neugeborene damit zu traumatisieren, und so hatte er bei der Taufe nur die Verwandten abgelichtet, die man auf den Fotos durchweg nie erkannte, weil durch die Überbelichtung die Haut totenbleich war und nur aufgerissene Zombieaugen zu sehen waren. Seit damals hatte Seifferheld nicht mehr fotografiert. Das digitale Zeitalter war ohnehin an ihm vorübergegangen. Kurzum: Er hatte kein von Foto von Klaus.
»Ich habe kein Foto von Klaus«, sagte er folglich zu MaC.
»Ohne Foto bringt so ein Suchaufruf nichts«, wandte sie ein.
»Mist!«, fluchte Seifferheld, der sonst nie fluchte.
»Hast du keinen Schlüssel für seine Wohnung?«, erkundigte sich Mac. »Klaus hat doch bestimmt ein Foto von sich. Notfalls würde sogar ein Passbild gehen.«
Seifferheld ging kurz in sich.
»Ich besorge ein Foto und bringe es vorbei.«
»Aber spute dich. Du musst vor fünf Uhr hier sein, sonst kriege ich das nicht mehr rechtzeitig in die morgige Ausgabe rein«, mahnte MaC.
Klaus wohnte ja nicht weit weg, das würde schon klappen.
»Okay«, sagte Seifferheld. »Spätestens um fünf in der Redaktion.«
Er sagte ihr nicht, dass er keinen Zweitschlüssel für die Wohnung von Klaus besaß.
Seifferheld würde sich gewaltsam Zutritt verschaffen müssen.
Dra di net um, der Kommissar geht um … (Sorry, musste ja mal kommen)
Man sollte nicht denken, dass jemand, der mit einer aufblasbaren Gummipuppe zwischen Pizzakartons und leeren Bierflaschen wohnte, eine hochmoderne Schließanlage sein Eigen nannte. Aber Klaus war offenbar die Ausnahme von der Regel. Mit der abgelaufenen Kreditkarte in Höhe des Schlosses zwischen Tür und Rahmen zu fummeln, genügte jedenfalls nicht.
Onis spielte den Wachhund, während Seifferheld das schwere Gerät auspackte. Wobei das schwere Gerät nur aus einer Drahtschlaufe und einem Schraubenschlüsselbestand. Es muss wohl nicht extra erwähnt werden, dass Seifferheld damit nicht weit kam. Sollte er jemals ein Wörtchen mitzureden haben, würde er sich vehement dafür aussprechen, dass in die Polizistenausbildung unbedingt auch das kleine Einmaleins des Einbruchs integriert wurde. Jedes Straßenkind hatte mehr Ahnung als er.
Als Seifferheld gerade die Drahtschlaufe im Schloss umdrehen wollte, schlug Onis an. Man hörte, wie die Eingangstür quietschend geöffnet wurde. Einen Sekundenbruchteil keimte Hoffnung in Seifferheld auf.
Klaus!
Aber nein. Eine altmodische Dauerwelle mit silbernen, leicht lila changierenden Löckchen tauchte am Fuß der Treppe auf.
Ein Stöhnen, ein Ächzen, ein »Ach herrjemine«, ein dumpfes Plop-Geräusch war zu hören.
Seifferheld wollte die Drahtschlaufe aus dem Schloss ziehen. Sie hatte sich natürlich verklemmt.
Onis machte noch einmal »Wuff!«
»Grundgütiger!«, rief es krächzend von unten. »Ist da wer?«
Seifferheld ruckelte an der Drahtschlaufe. Hässliche Schabegeräusche hallten daraufhin durchs Treppenhaus.
»Hallo? Wer ist da? Ich warne Sie! Ich bin bewaffnet!«
Seifferheld seufzte. Wahrscheinlich nestelte die Oma gerade ihre Pfefferspraydose aus der Einkaufstasche. Mit zunehmender körperlicher Schwäche bekamen die meisten Menschen unverhältnismäßig große Angst vor Fremden. Zu seiner Zeit hatte er schon auf manch verstörten Anruf von Rentnern in Filzpantoffeln und Uraltwitwenin Kittelschürzen reagieren müssen, die einen Einbrecher gehört zu haben glaubten und dann mit einem Kleiderbügel oder einem Nudelholz in der altersfleckigen Hand verängstigt auf das Eintreffen der Polizei warteten.
Seifferheld zog mit Schmackes.
Die Drahtschlaufe rutschte heraus.
Leider hatte er seinen Schmackes und die Nachgiebigkeit der Schlaufe falsch, nämlich zu seinen Ungunsten, berechnet und so katapultierte es ihn jählings auf den Rücken. Seine Gehhilfe fiel donnernd zu Boden.
Sein einziger Gedanke: Hoffentlich klappt mein Mantel jetzt nicht auf!
»Wuff!«, erklärte Onis schwanzwedelnd und legte sich auf den felligen Hundebauch.
Aus seiner horizontalen Lage sah Seifferheld den graulila Lockenkopf auftauchen. Die dazugehörige Frau war allerdings keine Kittelschürzenträgerin mit Bügeleisen in der Hand, sondern eine zwar runzlige, aber sehr elegant in einem altrosa Alcantara-Hosenanzug gekleidete Dame jenseits der achtzig, die einen 50 000-Volt-Taser in der Hand hielt. Ihr Blick verhieß nichts
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