Kreuzstich Bienenstich Herzstich
mittlerweile in Säure verwandelt hat und sich durch Ihre Haut frisst.«
»Alberner Kerl.« Seifferheld schlüpfte in seine Hose. Er konnte nicht anders, er mochte Olaf.
Umso schwerer fiel ihm die Frage, die ihm auf den Lippen brannte. »Das mit Ihnen und Susanne …«
Seifferheld konnte den Satz nicht beenden. Wie hätte er auch lauten sollen? Ist das etwas Ernstes? Wollen Sie nur Ihren Spaß haben?
»Ihre Tochter ist eine tolle Frau.« Olaf strahlte. »Schön, selbstbewusst, lustig. Sie ist eine Offenbarung für mich. Aber keine Sorge, Sie bekommen bestimmt keinen Freakzum Schwiegersohn. Ich glaube, für Sus bin ich nur eine nette Abwechslung.« Olaf schluckte schwer.
O weh, schlimmer als Seifferheld gedacht hatte. Olaf liebte, Susanne war nur verliebt. Aber das ging ihn nichts an. Die Kinder mussten selbst sehen, wie sie mit der Situation klarkamen.
»Ich bin jedenfalls froh, dass es Sie gibt«, erklärte Seifferheld. »Manchmal war ich schon besorgt, Susanne könnte wie Irmgard werden.«
»Sus und Frau Seifferheld in einem Atemzug zu nennen ist reichlich gewagt. Sus ist Lebensfreude pur. Und Frau Seifferheld …« Olaf fiel erst jetzt auf, dass er ja mit dem Bruder von Frau Seifferheld sprach. »… ist ein völlig anderes Kaliber. Auf ihre Weise natürlich großartig. Eine bemerkenswerte Persönlichkeit, eine …« Olaf geriet ins Stottern.
»Schon gut. Sie ist ein Drachen. Das weiß ich. In letzter Zeit überlege ich sogar hin und wieder, ob sie womöglich zur Männerhasserin mutiert ist und …« Seifferheld verstummte.
»Geht es schon wieder um die vermeintlichen Morde? Sie alter Wadenbeißer, Sie können es einfach nicht lassen.« Olaf grinste. Er klappte die Liege zusammen und steckte sie in die dazugehörige Tragetasche. Mitten beim Zuratschen des Reißverschlusses hielt er abrupt inne. »Mein Gott, denken Sie womöglich, dass Ihre Schwester die Männermassenmörderin sein könnte?« Olaf pfiff.
Das musste man Olaf lassen, er war nicht auf den Kopf gefallen.
Seifferheld sagte nichts. Er nestelte nur sehr ausführlich an seinen Schnürsenkeln herum.
Olaf pfiff erneut. »Tolle These.«
»Eigentlich hatte ich gehofft, Sie würden sie mir ausreden.«
Olaf schüttelte den Kopf. »Wieso denn? Passt doch hervorragend.«
Seifferheld tat so, als wolle er die Flasche Sir Irish Moos nach Olaf werfen. Olaf duckte sich.
»In letzter Zeit sehe ich überall grüne Männchen«, räumte Seifferheld ein. »Meine Schwester als Serienkillerin. Und Karina als Rollerdiebin.«
Olaf lachte. »Wie bitte?«
»Bei einer Probefahrt wurde ein gelber Roller entwendet. Von einer Jugendlichen mit pinkfarbenen Haaren. Ich denke, Sie sind ein Fan meiner Polizeiberichte!«
»Bin ich ja auch. Ist jeden Morgen das Erste, was ich im
Haller Tagblatt
lese. Aber dabei an Karina zu denken? Also gut, jetzt ist es offiziell: Sie sind paranoid.« Olaf schlüpfte in seinen selbstgestrickten Norwegerpulli, den er statt eines Mantels zu tragen pflegte. »Na, zumindest in dem Punkt kann ich Sie beruhigen: Karina hat keinen Roller geklaut, egal, wie gut die Täterinnenbeschreibung auf sie passt.«
Seifferheld, der unwillkürlich die Luft angehalten hatte, atmete erleichtert ein. »Das wissen Sie ganz sicher?«
»Aber ja. Sie hat mir doch den Scheck gezeigt, mit dem sie den Roller bezahlt hat. Wahrscheinlich hat sie gehofft, ich würde Sus brühwarm davon erzählen, aber meine Lippen sind versiegelt. Ich werde doch nicht freiwillig einen Vulkanausbruch auslösen.«
»Was für einen Scheck?« Seifferheld verstand die Welt nicht mehr.
Olaf schulterte die Tasche mit der Klappliege und ging zur Tür. »Mein Gott, wie ich das genieße. Ich weiß etwas, was Sie nicht wissen.«
»Olaf!« Seifferheld drohte erneut mit der Flasche Sir Irish Moos.
Olaf täuschte Angst vor, lachte und sagte: »Der Scheck von der
BILD-Zeitung
. Karina ist Nackedei des Tages. Das Foto erscheint irgendwann nächste Woche. Mit ihrem Namen.
Sexy Aktivistin Karina Seifferheld aus Schwäbisch Hall
oder so ähnlich. Sus wird ausflippen. Ich kann es kaum erwarten. Karina hat mir versprochen, ich darf dabei sein, wenn sie es Sus und Tante Irmgard zeigt. Gott, wie ich mein Leben liebe!«
Kleiner Einschub aus dem Biologieunterricht
Ungefähr fünf Minuten nach dem Tod setzt die Verwesung des menschlichen Körpers ein. Oder anders ausgedrückt: Der Körper fängt an, sich selbst zu verdauen. Die Zellen lösen sich auf, das Gewebe wird erst flüssig, dann
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