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Kreuzzug gegen den Gral

Kreuzzug gegen den Gral

Titel: Kreuzzug gegen den Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Rahn
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Frauen
    - unter ihnen Bertran En Marti und Esclarmonde von Perelha - ziehen den Tod auf dem Scheiterhaufen vor, den Peter Amelii hatte errichten lassen auf dem Acker, der heute noch camp des cremats, der Scheiterhaufenacker heißt.
    Die Ritter werden in Ketten nach Carcassonne geschleppt und in den Verließen des gleichen Turmes eingemauert, in dem dreißig Jahre zuvor Ramon-Roger, der Trencavel von Carcassonne, vergiftet worden war, und in dem Ramon von Termes elend zugrunde ging. Erst einige Jahrzehnte später wurden die letzten Überlebenden von dem Franziskanermönch Bernard Delecieux aus ihrem Grab im Inquisitionsturm befreit. Nur Pierre-Roger von Mirepoix durfte in Begleitung seines Ingenieurs und seines Arztes unbehelligt die Burg verlassen und alles in der Burg befindliche Gold und Silber mitnehmen. Er begab sich nach Sault zu Esclarmonde von Alion, der großen Esclarmonde Nichte und von da nach der Burg Montgaillard in den Corbieren, wo er hochbetagt starb. Bis zu seinem Tode leitete er insgeheim die geächtete Ritterschaft Ro-maniens, die in den Höhlen von Ornolac letzte Zuflucht und auch den Tod finden sollte.
    In der Nacht von Montsegurs Sturz war auf dem verschneiten Gipfel des Bidorta ein Feuer aufgeflammt. Kein Scheiterhaufen war es: ein Freudenfeuer: Vier Cathari, von denen wir drei mit Namen kennen: Amiel Alicart, Poitevin und Hugo zeigten den Vollkommenen von Montsegur, die sich zum Sterben rüsteten, an, daß die Mani gerettet sei. Aus den Dokumenten der Cartassonner Inquisitoren geht hervor, daß diese vier Reinen in Wolltücher gehüllt sich an Seilen vom Gipfel des Pog in die Lassetschlucht hinabließen, um den Ketzerschatz dem Belissensohn Pons-Arnaud von Castellum Verdunum im Sabarthes zu übergeben ...
    Ein Ketzer-»Schatz«? Piene-Roger von Mirepoix hatte die Erlaubnis erhalten, mit allem Gold und Silber die Ketzerburg zu verlassen. Gold und Silber haben wohl die vier kühnen Cathari nicht in die Sabarthes-Höhlen gerettet, die den Herren von Castellum Verdunum gehörten.
    Amiel Alicart, Poitevin, Hugo und der vierte Catharus, dessen Namen wir nicht kennen, waren Enkel der keltiberischen Weisen, die einst den
    Delphischatz in den Taborsee versenkt hatten. Sie waren Cathari und Jiätten wohl lieber mit ihren Brüdern gemeinsam von dem Scheiterhaufen auf dem Camp des Cremats den Weg zu den Sternen genommen. Als sie auf der Straße der Cathari, durch das »Zaubertal«, an dem Druidensee vorbei auf abschüssigem Pfad zum Tabor und Bidorta hinaufstiegen, als sie im Norden die Feuer des Scheiterhaufens von Montsegur flammen sahen, retteten sie nicht Gold und Silber. Sie retteten den »Wunsch nach dem Paradies«!
    Die Inquisitoren wußten, weshalb sie das catharische Heiligtum einen Ketzerschatz nannten und weshalb sie alles verbrannten, was von ihm der Nachwelt hätte Kunde geben können. Alles verbrannten sie ... auch die Bücher, die ja länger leben als Menschen.
    Die Bauern des Weilers Montsegur, der wie ein Bienennest am Fuße des Burgfelsens über der Lassetschlucht hängt, erzählen, daß sich am Palmsonntag, während der Priester die Messe lese, der Tabor an einer im dichten Wald verborgenen Stelle öffne. Dort sei der Ketzerschatz verborgen. Wehe dem, der den Berg nicht verlasse, bevor der Priester das ite missa est gesungen habe. Bei diesen Worten schließe sich der Berg, und der Schatzsucher ende unter den Bissen der Schlangen, die den Schatz bewachen ...
    Die Taborbauem haben diesen »Schatz«, den man nur finden kann, wenn die anderen Menschen in der Kirche sind, nicht vergessen. Die Inquisition, wie stark und grausam sie auch war, hat nicht die Erinnerung austilgen können an das, was diese Berge vor siebenhundert Jahren gesehen haben.
    So wurde der Gral, die romanische Mani, in den Höhlen von Ornolac gerettet. Hier grünt kein Baum, leuchtet keine Blume, singt keine Nachtigall den taufrischen Morgen ein, schnellt sich kein Fisch der Sonne entgegen. Zwischen den Höhlenwänden herrschen nur Nacht und Tod. Vor ihrer Reise ins Lichtland der Seelen mußten die letzten Priester der Minnekirche, die letzten Reinen, eine Höllenfahrt von grausamer Wirklichkeit machen. In den Sabarthes-Höhlen packte gar oft die Cathari die Sehnsucht nach den Sternen. Vielleicht war es auch nur eine Form der
    Endura, die sie in mondhellen Nächten nach Montsegur hinüberpilgern ließ. Um zu den Sternen gelangen zu können, muß man sterben, und auf Montsegur wartete ihrer sicherer Tod. Der neue Burgherr

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