Kreuzzug gegen den Gral
in der Hand, voll Greuels und Unsauberkeit ihrer Hurerei, und an ihrer Stirn geschrieben einen Namen, ein Geheimnis: die große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Greuel auf Erden.
Und ich sah das Weib trunken von dem Blute der
Heiligen und von dem Blut der Zeugen Jesu.
Und der Engel sprach zu mir: Das Weib, das du gesehen hast, ist die große Stadt, die das Reich hat über die Könige auf Erden.
Offenbarung Johannis XVII, 3 ff., 18
Am Himmelfahrtsabend des Jahres 1242 wurde die Welt von der Nachricht überrascht, daß elf Inquisitoren zu Avignonet 135 , einem in der Nähe von Toulouse gelegenen Städtchen, ermordet worden seien.
Längst war die Erbitterung der Bevölkerung gegen das heilige Offizium auf dem Siedepunkt angelangt. Im Jahre 1233 hatten die Bürger von Cordes zwei Dominikaner erschlagen. Ein Jahr später war in Albi ein Aufstand ausgebrochen, als der Inquisitor Arnold Catala den Befehl gab, die Gebeine einer von ihm verurteilten Ketzerin auszugraben. Als die Beamten sich weigerten, die scheußliche Arbeit zu verrichten, tat er auf dem Friedhof selbst die ersten Spatenstiche zur Exhumierung. Die empörte Einwohnerschaft von Albi fiel über den Inquisitor her mit dem Rufe: »Tötet ihn, er hat kein Recht zu leben!«
Im gleichen Jahre machte sich die Erbitterung der toulouser Bevölkerung Luft. Und zwar aus folgendem Anlaß: Bischof und Dominikanermönche hatten die Kanonisation des heiligen Dominik feierlich begangen. Als der Bischof die Kirche verließ, um in dem Refektorium des Dominikanerklosters das Festmahl einzunehmen, wurde ihm gemeldet, einer Frau sei soeben das Consolamentum gegeben worden. Sofort begab sich der Bischof in Begleitung des Dominikanerpriors und einiger Mönche in das Haus der Häretikerin. Freunde konnten der sterbenden Frau nur zuflüstern: »Der Bischof kommt!« In dem Glauben, es handle sich um den Ketzerbischof, gab die Kranke dem Kirchenfürsten offen zu, Ketzerin zu sein und es bleiben zu wollen. Da ließ der Bischof die Sterbende auf ihrem Bett zum Richtplatz tragen und verbrennen. Dann kehrte er mit dem Prior und den Mönchen zu seiner unterbrochenen Mahlzeit zurück. Im Frühjahr 1242 kam ein Inquisitorengerichtshof nach Avignonet, nachdem er ganze Landstriche in Schrecken versetzt und fast entvölkert hatte. Dieser hohe und heilige Gerichtshof bestand aus zwei Inquisitoren, zwei Dominikanermönchen, einem Franziskaner, einem Benedikti-nerprior, einem Archidiakon, der zuvor Troubadour gewesen, und von Jessen Dichtkunst uns nur ein obszönes Lied überkommen ist, einem Gehilfen, einem Notar und zwei Gerichtsdienern. Als das Kommen der Inquisitoren dem Stadtherrn und Grafen Raimon d'Alfar gemeldet wurde, schickte er einen Eilboten nach Montsegur und bat die Belissen-söhne um Hilfe. Eine Schar von Rittern und Reisigen unter Führung des Pierre-Roger von Mirepoix verließ die Ketzerburg, versteckte sich in einem Walde unweit von Avignonet und wartete auf den Einbruch der Nacht.
Die Inquisitoren wurden von Raimon d'Alfar, einem Enkel des regierenden Grafen von Toulouse, aufgenommen und beherbergt. Am nächsten Morgen wollten sie ihr Schreckensgericht über die zitternden Einwohner von Avignonet beginnen.
Am späten Abend verließen die Ritter von Montsegur - zwölf bis an die Zähne bewaffnete Männer - den Wald und schlichen sich bis zum Schloßtore. Einer von ihnen erkundete:
»Jetzt trinken sie ...«
»Jetzt gehen sie zu Bett, nein, sie verrammeln die Türe!«
Die Inquisitoren waren in der großen Halle des Schlosses geblieben und hatten sich dort verbarrikadiert, als hätten sie die drohende Gefahr geahnt. Die Ritter von Montsegur, zu denen sich Graf Alfar, fünfundzwanzig Bürger von Avignonet und ein im Dienste der Inquisitoren stehender Knecht gesellt hatten, wurden ungeduldig. Sie sprengten kurzerhand die Türe, drangen in die Halle ein und mordeten die Inquisitoren. Auf ihrem Rückweg nach Montsegur wurden die Mörder von einem katholischen Priester, der um ihre Bluttat wohl wußte, auf der Burg Saint-Felix bewirtet. Als die Nachricht von dem Inquisitorenmord nach Rom gelangte, erklärte das Kardinalskollegium, die Ermordeten seien als Märtyrer der Sache Christi gestorben. Im Jahre 1866 wurden sie von Papst Pius dem Neunten kanonisiert, da sie inzwischen mittels zahlreicher Wunder ihre Heiligkeit offenbart hatten.
Der Pog von Mount Segur 136 war während der Kreuzzüge den letzten freien Rittern, von Troubadouren besungenen Damen und knapp dem
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