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Kreuzzug gegen den Gral

Kreuzzug gegen den Gral

Titel: Kreuzzug gegen den Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Rahn
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Inquisitorenmord zu Avignonet beschlossen Hugo von Arcis, der Seneschall von Carcassonne, Peter Amelii, der Erzbischof von Nar-bonne und Durand, der Bischof von Albi, diese Pyrenäenfeste, die in den Händen von Verzweifelten für die neue Staatsordnung und den wahren Glauben eine Gefahr war, endgültig zu vernichten. Sie ließen eine »bewaffnete Brüderschaft« für einen Kreuzzug gegen Montsegur zusammenrufen. Ihre Rüstungen sahen eine mehrjährige Belagerung voraus.
    Aber auch die Ketzer blieben nicht untätig. Aus allen Gauen Romaniens zogen Ritter und Troubadoure in die bedrohte Burg. Mit Zustimmung des toulouser Grafen schickte der Bailli Bertran Roqua den Kriegsmaschinenbauer Bertran von Bacalaira, der vielleicht zu Beginn des großen Kreuzzugs auch die Mauern von Montsegur verstärkt hatte, in die Burg. Von überall her wurden Geld, Lebensmittel, Waffen und Kriegsmunition gestiftet. In Scharen begaben sich die Vollkommenen hinauf, um mit ihren Predigten die Belagerten zu ermutigen und ihre Heilkunst in den Dienst der Verteidiger zu stellen.
    Die Belagerung begann im Frühling des Jahres 1243. Das Lager der katholischen Armee wurde auf dem westlich von dem Burgfelsen liegenden Höhenrücken aufgeschlagen, der heute noch das Campis heißt. Der ganze Pog wurde von den Belagerern umstellt. Niemand sollte in die Burg hineinkommen und niemand sie verlassen können. Und doch scheint es den auf Montsegur Eingeschlossenen möglich gewesen zu sein, mit den Freunden in der Ebene zu verkehren. Einige Historiker glaubten deshalb auf das Vorhandensein von ausgedehnten unterirdischen Gängen - wahrscheinlich natürlichen Höhlen - schließen zu dürfen. Wie dem auch sein mag, fest steht, daß eines Tages Esclarmonde von Alion, die Nichte der Esclarmonde von Foix, einen katalanischen Hidalgo mit Geld und Soldaten in die belagerte Festung schicken konnte. Ein anderes Mal gelang es dem Sohn des Troubadours Peire Vidal, den Bedrängten eine Nachricht des Grafen von Toulouse zu übermitteln. Der Graf ließ melden, Kaiser Friedrich der Zweite käme ihnen bald zu Hilfe: »Haltet noch sieben Tage aus ...!«
    Als Peire Vidals Sohn sich Montsegur näherte, will er einen gespenstischen Reiter mit einem purpurnen Mantel und saphirnen Handschuhen gesehen haben. Er hatte sich getäuscht, als er diese Vision als ein günstiges Omen ansah. Bei dem ersten Ausfall, an dem er mit den von seiner Botschaft ermutigten Geächteten teilnahm, fand er den Tod.
    Die versprochene Hilfe Kaiser Friedrichs des Zweiten wäre zu spät gekommen. In der Nacht des ersten März 1244 - angeblich einem Palmsonntag - gelangten die Katholischen auf den Gipfel. Berggewandte Kreuzfahrer hatten von verräterischen Hirten einen von der Burg aus unübersichtlichen Pfad erfahren, auf dem sie von der Lassetschlucht zu einem Vorwerk hinaufstiegen. Sie hatten die Nacht gewählt, um nicht vom Schwindel gepackt in die Tiefe zu stürzen. Die Wache wurde erwürgt, und es wurde dem Lager auf dem Campis ein Zeichen gegeben, daß das Werk geglückt sei. Eine Stunde später war die Burg von allen Seiten umzingelt.
    Die Belagerten kapitulierten. Um unnötiges Blutvergießen zu vermeiden, erklärten sich die beiden Kastellane, Ramon von Perelha und Pierre-Roger von Mirepoix bereit, bei Morgengrauen die Festung dem Erzbischof auf Gnade und Ungnade zu übergeben und ihm alle Cathari auszuliefern unter der Bedingung, daß das Leben der Ritter geschont werde. Peter Amelii erklärte sich damit einverstanden.
    Obwohl sie das ihrer wartende Los kannten, ließen sich viele Ritter vor der Kapitulation von dem greisen Ketzerbischof Bertran En Marti, Guil-habert von Castres' Nachfolger, das Consolamentum erteilen und in die Gemeinschaft der Minnekirche aufnehmen. Keiner dachte an Flucht, keiner beging Endura, als wollte jeder einzelne der Welt ein Beispiel geben, wie man für seine Heimat und seinen Glauben zu sterben hat. Oft hat man die catharische Doktrin mit dem Pessimismus Schopenhauers und Nietzsches tadelnd verglichen. Ein sonderbarer Pessimismus, der einen Mut zeitigte, wie er in der Geschichte der Menschheit nur noch mit dem Bekennerheroismus der urchristlichen Märtyrer verglichen werden kann. Der Catharismus war nicht minder pessimistisch als das frühe Christentum, dem er nacheiferte.
    Beim Morgengrauen wird die Burg der bewaffneten Brüderschaft übergeben. Der Erzbischof von Narbonne fordert die Vollkommenen auf, ihren Glauben abzuschwören. Zweihundertundfünf Männer und

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