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Kreuzzug gegen den Gral

Kreuzzug gegen den Gral

Titel: Kreuzzug gegen den Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Rahn
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Baumeister mit minderwertigem Material gebaut hat. Ihr wahres Zuhause wußten sie jenseits der Sterne. Das »Dort droben«, sagten sie, hat der Geist erbaut, der Liebe ist: nicht Haß, nicht Krieg, der Leben ist: nicht Krankheit, nicht Tod ... Gott! Im Anfang war der Geist. Bei ihm war das Wort. Und sie waren Gott.
    So wie in unserer Brust zwei Welten sich bekämpfen: der willige Geist und das schwache Fleisch, so sind im All zwei Prinzipien wirksam: das Ja und das Nein, das Gute und das Böse. Das Gute ist Gott. Das Böse ist Luzifer, der stets verneinende Geist.
    Das Wort ist der Schöpfer der Welt hinter dem goldenen Wolkentor, weit dahinter, jenseits der Sterne. Die diesseitige Welt ist das Werk Luzifers. Das Wort ist Schöpfer, Luzifer ist nur ungeschickter Nachschöpfer, Former.
    Wir Menschen, gefallene Engel, entsprechen diesen beiden Prinzipien, deren Emanation wir sind. Der geistige Mensch, die Seele ist das Werk des göttlichen Wortes. Der stoffliche Mensch: der Körper ist das Werk Luzifers. Unsere Seele ist göttlich, ewig. Unser Körper ist ungöttlich, vergänglich. Die Seele, von Gott, der Geist ist, geschaffen, ihrer Auflehnung gegen den Geist wegen auf die Erde verbannt, muß auf ihr bleiben, bis sie die Nichtigkeit des Erdenlebens erkannt hat und verlangt, mit dem Geist wieder eins zu werden. Wieder göttlichwerden, Rückkehr zum Geist, kann auf dieser Erde beginnen. Doch dann müssen sich die Seelen von Stern zu Stern entstofflichen, bis sich vor ihnen die Tür zu ihrer wahren Heimat öffnet.
    Die Sterne sind vielleicht ein Sitz verklärter Geister,
    Wie hier das Laster herrscht, ist dort die Tugend Meister.
    v. Haller
    Selbst Kant sagt in seiner »Naturgeschichte des Himmels«: »Wer ist so kühn, eine Beantwortung der Frage zu wagen, ob die Sünde ihre Herrschaft auch in den anderen Kugeln des Weltbaues ausübt oder ob die Tugend allein ihr Regiment daselbst auf geschlagen? Gehört nicht ein gewisser Mittelstand zwischen der Weisheit und Unvernunft zu der unglücklichen Fähigkeit, sündigen zu können? Wer weiß, sind also die Bewohner jener Weltkörper nicht erhaben und zu weise, um sich bis zu der Torheit, die in der Sünde steckt, herabzulassen, zu fest an die Materie geheftet und mit gar zu geringen Fähigkeiten des Geistes versehen, um die Verantwortung ihrer Handlungen vor den Richterstuhl der Gerechtigkeit tragen zu dürfen?«
    Die Cathari sahen in der Erde die Hölle. Inmitten von Sünde und Lüge leben zu müssen, schien ihnen grausamere Strafe, als in einem eisigen See oder einem Bratofen von geschwänzten und gehörnten Teufeln gezwickt, gestochen und gepeinigt zu werden. »Die Erde ist die Hölle!« sagten sie.
    Der Tod war für sie nur das Ausziehen eines beschmutzten Kleides, dessen man sich entledigt, wie der Schmetterling die Larvenhülle ab-streift, um in den webenden Frühling aufzugehen. Psyche sagten schon die Griechen für Seele: Schmetterling.
    Was geschieht jedoch mit den Seelen, die »sich nicht strebend bemühten«, die sich in der Materie zu Hause fühlten? Gott kann als Vater seinen Kindern keine Bitte abschlagen. Ihre Seelen dürfen hienieden bleiben, immer wandernd von einem Körper in den anderen, solange sie wollen, bis auch sie sich nach den Sternen sehnen. 49
    Die größte Höhle des Sabarthes ist die Höhle von Lombrives. Vor uralten Zeiten, deren Nacht von unserer Geschichtswissenschaft kaum erhellt ist, war sie ein Tempel des iberischen Sonnengottes Ilhomber. Die schlichten Hirten und Bauern des unweit davon gelegenen Dörfchens Ornolac nennen sie auch die »Kathedrale«.
    Ornolac schmiegt sich in das Seitental, durch das die Straße der Cathari sich zum Taborgipfel hinaufwindet. Ornolac wird von einer wundervollen kleinen romanischen Kirche überragt, vor der eine von bäuerlicher Hand geschnitzte Mutter-Gottes, auf dem Arm den Jesusknaben mit einem Kornhalm in der Hand, die Felder und Weinberge bewacht. Zwischen den Menhiren, von denen einer umgestürzt ist, führt der steile Pfad in die riesige Halle der Kathedrale von Lombrives. Hier ist der Eingang zu einem unterirdischen Feenreich, in dem Geschichte und Fabel eine Zuflucht gefunden haben vor der Welt, die so nüchtern geworden ist. Zwischen den Tropfsteinen aus blütenweißem Kalk, zwischen Wänden aus tiefbraunem Marmor und glitzerndem Bergkristall führt der Weg in die Tiefen des Berges.
    Ein 107 Meter hoher Saal war die eigentliche Ketzerkathedrale. Die Erde, das Machwerk Luzifers, hatte ihnen den

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