Kreuzzug
stets gleiche Zugspitz-Postkarte erschienen.
Mit einem Mal war sie verschwunden. Dafür war in roten Buchstaben auf weißem Grund zu lesen:
VERKEHR VON UND AUF ZUGSPITZE SOFORT EINSTELLEN .
GRABUNGEN IM TUNNEL EINSTELLEN .
DAS IST EINE WARNUNG .
WIR WIEDERHOLEN UNS NICHT .
»Was soll das jetzt?«, fragte Verteidigungsminister von Brunnstein in die Runde des Krisenstabs.
»Kommt noch etwas, Schwablechner?«, wollte der Ministerpräsident wissen.
Dr. Schwablechner klickte auf Refresh. Er schaute ratlos. »Nein, so viel fürs Erste. Also, wenn Sie mich fragen: Fake, das Ganze.«
»Wie weit sind die denn dort drüben mit der Buddelei? Ich habe die Bundeswehr auf beiden Seiten in diesem Tunnel im Einsatz«, sagte von Brunnstein. »Ich möchte jetzt mal Ergebnisse sehen. Stellen Sie mich mal zu Ihrem Mann im Leitstand dort drüben durch, Herr Falk.«
Der Chef der Zugspitzbahn tat, wie ihm geheißen, und verband den Verteidigungsminister mit dem Betriebsleiter Franz Hellweger.
»Herr Hellweger, hier von Brunnstein. – Ja, der von Brunnstein. Sparen Sie sich den Freiherrn. Das heißt in der direkten Anrede übrigens Baron. Den Doktor können Sie auch weglassen. Hören Sie: Ich will Ergebnisse!«
Endlich hörte der Minister dem Mann im Führerstand eine Minute lang zu. »Wie, was meinen Sie, Kabel abgeschnitten? Von innen? – Und das sagen Sie jetzt erst? Passen Sie auf: Zu keinem Menschen außer uns hier im Krisenstab ein Wort, haben Sie verstanden? Sie sprechen ab sofort nur noch mit Herrn Falk oder mit mir. – Ja, oder mit dem Ministerpräsidenten, meinetwegen. – Gut, Hellweger, weitermachen! Und wenn Sie Verstärkung der Gebirgsjäger brauchen, zögern Sie nicht, mit mir in Kontakt zu treten. Und nun: Graben Sie!«
Von Brunnstein wandte sich an die Runde. »Eine Kamerasonde, die sie von außen durch die Felsen eingeführt haben, wurde abgeschnitten, sagen sie. Vorher haben sie Licht gesehen. Ich hasse es zu sagen, aber da ist vielleicht tatsächlich jemand drin.«
»Dann wären die Leute wirklich nicht verschüttet«, sagte der Einsatzleiter des Roten Kreuzes.
»Also, neue Lage«, sagte von Brunnstein. »Wir gehen jetzt davon aus, dass es tatsächlich eine Geiselnahme ist. Wo bleibt das BKA ?«
Draußen auf dem See sah es mittlerweile aus wie auf einer internationalen Hubschraubermesse. Zu den Helikoptern der beiden Politiker und der TV -Teams hatten sich die Maschinen der Bundespolizei gesellt, die Terrorspezialisten des Bundeskriminalamtes eingeflogen hatten. Die hatten zunächst damit zu tun, ihr Equipment in das Eibsee-Hotel zu schleppen. Immer mehr Suiten und Zimmer wurden in Beschlag genommen und mussten geräumt werden. Mittlerweile konnte von einem freundlichen Hinauskomplimentieren der Gäste wie bei den ersten Räumungen nicht mehr die Rede sein. Der Hoteldirektor tat sein Möglichstes, den Flurschaden so gering wie möglich zu halten. Aber er war sicher, dass er einige seiner internationalen Gäste für immer verlieren würde.
Nachdem BKA und GTAZ sowie BND und MAD ihre Kommunikationszentralen im Hotel installiert und sich gegenseitig vernetzt hatten, tröpfelten deren Spitzenbeamte ebenfalls beim Krisenstab im großen Konferenzraum ein.
»Kann mir einmal irgendjemand erklären, wie das geht? Wie bekommen die das Bild aus dem Tunnel heraus? Und wie kommt es auf die Leinwand. Genau in dem Moment, in dem Sie der Presse die Situation erläutern?« Hans-Dieter Schnur vom Bundeskriminalamt, Außenstelle München, ließ keinen Zweifel daran, wer der oberste Polizist im Krisenstab am Eibsee war.
»Ich war wahrscheinlich die ganze Zeit auf deren Website«, gestand Dr. Schwablechner ein. »Ich habe gleich zu Beginn meiner Arbeit hier die beste topografische Karte des Zugspitzgebiets gesucht und bin über Google auf die gestoßen, die Sie vorhin gesehen haben. Beim genauen Hinsehen bemerke ich jetzt, dass die Internetadresse dieser Karte www.map.zugspitze. 2962 amsl.com ist, also wahrscheinlich von den Terroristen betrieben wird. Ob es Zufall oder Absicht war, dass sie die Übertragung aus dem Tunnel genau während der Pressekonferenz auf diese Webadresse geschaltet haben, weiß ich nicht. Ich glaube aber eher, dass es Zufall war.«
»Terroristen, die so etwas planen, verlassen sich auf den Zufall?«, fragte Lackner ungläubig.
»Ich sage nicht, dass sie sich darauf verlassen haben. Sie konnten nicht wissen, dass wir die Webadresse während einer Pressekonferenz verwenden würden.
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