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Kreuzzug

Kreuzzug

Titel: Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Seite der Gipfelstation auf die deutsche und fuhr mit der nächsten Gletscherbahn nach unten aufs Platt, von wo er die für die Öffentlichkeit nicht zugängliche winzige Kabinenbahn zum Schneefernerhaus nahm.
    Keine zehn Minuten später stand er auf der Terrasse des Schneefernerhauses. Auch zehn seiner Männer waren bereits angekommen. Vier Soldaten standen verteilt an den äußeren Ecken der Terrasse, auf der das Interview stattfand, und sicherten die Umgebung.
    Auf einmal erhielt Denninger über sein Handfunkgerät den Befehl, den Minister sofort zu evakuieren. Der Funker, der ihm die Order weitergab, nannte ihm auch den Grund dafür: die Sprengung der Tiroler Zugspitzbahn . Denninger hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, dass die Gondel mit all den Zivilisten darin nicht abgefahren wäre, hätte er nicht eingegriffen und dafür gesorgt.
    »Sofort zurück nach unten!«, platzte Markus Denninger in das Interview auf dem Schneefernerhaus.
    »Was machen Sie da?«, brüllte ihn Jens Körber an und wies seine Assistenten mit einer Handbewegung an, den Soldaten aus dem Bild zu schaffen. Doch als sie versuchten, Markus Denninger zu packen, musste der sich kaum bewegen, und die beiden spürten die Stärke, die in seinem bestens trainierten Körper steckte. Sie wussten, dass sie sich hier mit dem Falschen anlegen würden, und ließen sofort von ihm ab.
    Denninger nahm Haltung vor dem Minister an und salutierte. »Herr Verteidigungsminister, Sie, Ihre Gattin und der Herr Ministerpräsident sollen sofort evakuiert werden. Höchste Alarmstufe. Terroristen haben die Tiroler Bahn zum Absturz gebracht.«
    »Während wir hier auf der anderen Seite sitzen?«, fragte von Brunnstein ungläubig.
    »Jawohl, Herr Minister. Sprengladungen an den Stützen. Bis hierher nicht zu hören. Berg dazwischen. Herr Minister, wir müssen los.«
    »Nur gut, dass das nicht im Hintergrund passiert ist«, seufzte von Brunnstein erleichtert. »Stellen Sie sich das mal vor, Jens. Das wären ja Bilder, die sich für ewig im Kopf der Zuschauer festsetzen würden.«
    Markus Denninger lag ein »Sonst keine Sorgen?« auf der Zunge, aber er hatte in seinen Dienstjahren gelernt, sich solche Bemerkungen zu verbeißen. Er trat an die Balustrade der Terrasse und blickte hinunter auf das Platt, wo eine UH - 1 der Zweihundertdreiunddreißig bereits die Rotorblätter kreisen ließ. Mit dem Hubschrauber sollten der Minister, seine Gattin und der Ministerpräsident auf dem schnellsten Weg in Sicherheit gebracht werden.
    Nach zwei Minuten erreichte die Maschine die zum Start benötigte Drehzahl. Die Huey hob ab und bewegte sich auf das Schneefernerhaus zu, um den Minister und seine Entourage aufzunehmen. Dazu beschrieb sie eine weite Rechtskurve, da die Landeplattform der Forschungsstation auf deren vom Platt aus gesehen linker Seite angebracht war. Der Pilot musste sein ganzes Geschick aufbringen, um bei den vom Gipfelgrad herabfallenden Winden die Plattform nicht zu verfehlen. Er war als Bergretter einer der besten Piloten der Bundeswehr, aber Fallwinde waren etwas, wovor alle Flieger auf der Welt Respekt hatten. Bei einer halben Windstärke mehr hätte er das Manöver abgebrochen, Minister und Ministerpräsident hin oder her.
    Alle Menschen auf dem Platt, die noch nicht in den Gebäuden der Stationen untergekommen waren, nahmen dieses Schauspiel zum willkommenen Anlass, sich für wenige Minuten vom eigenen Schicksal ablenken zu lassen. Nicht wenige wünschten sich, in dem Helikopter zu sitzen und ausgeflogen zu werden. Die Flugmaschine würde sie wenige Minuten später im Tal bei den Lieben – oder wenigstens am eigenen Automobil – absetzen können.
    Während sich die Bell im Schleichflug an der Wand entlang der Landeplattform näherte, bemerkte niemand, dass sich im Fels nur fünfzig Meter oberhalb des Schneefernerhauses etwas bewegte. Ein Mann richtete sich aus einer Felsnische hinter einer der stählernen Lawinenverbauungen auf und streifte einen grauweißen Biwaksack ab. Bevor er sich bewegte, war er nur ein Fleck auf der grauen, mit Schneefeldern durchsetzten Wand gewesen, und noch immer bemerkte ihn niemand, denn alle Aufmerksamkeit war auf den Hubschrauber gerichtet, der mit dem Wind kämpfte und sich wie im Wellenflug der Forschungsstation näherte.
    So sah auch niemand, dass der Mann auf einmal ein Rohr auf seine Schulter legte. Er musste nicht groß Maß nehmen. Der Hubschrauber stand nur zwanzig Meter schräg vor ihm auf seiner Höhe in der Luft.

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