Krieg der Drachen - Roman
keine Briefe eingetroffen, Seth?«
»Nur Befehle für die Reiterei und welche an die Leut’ hier.«
»Wie oft ist Nachschub angekommen?«
»Hier mal was, da mal was. Die Leute von ’en Kähnen sagen, aus Margaretenstadt kommt der normale Verkehr. Die Pferde warten auf ein Boot, das sie von Port Maßvoll hochschafft.«
»Warum hat man dafür nicht die Unermüdlich benutzt?«
»Hab sagen hören, die hat sich in ’er Bucht vom Anker gerissen un’ ist auf Grund gelaufen.«
Tharyngische Saboteure oder … Owen schüttelte den Kopf. Sein Oheim hätte das Schiff nicht auf Grund laufen lassen, dazu bestand keine Notwendigkeit. Rivendell hatte so schon zu wenig Truppen, und die Kavallerie nutzte ihm von den Einheiten, die er befehligte, am wenigsten. Tatsächlich war sie angesichts der immensen Probleme eines Reiterangriffs auf die Festung des Todes zu Fuß wertvoller.
Oder hofft er, dass Rivendell die Unmöglichkeit eines Angriffs einsieht und sich darauf beschränkt, Fort Hoffnung zu bauen? Jeder andere Kommandeur mochte sich so entscheiden, aber Rivendell? Selbst unter günstigsten Umständen hatte seine Sicht der Dinge herzlich wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Falls er trotzdem angriff und die pferdlose Reiterei als Fußtruppen einsetzte, würde er die Söhne zahlloser edler Häuser verheizen. Das würde in deren Familien den Hass auf Rivendell schüren. Das Ausbleiben der Pferde spielte seinem Oheim tatsächlich in die Hände, ganz gleich, wie Rivendell sich entschied.
»Seth, ich möchte morgen früh zwei Briefe nach Port Maßvoll auf den Weg schicken. Könnt Ihr dafür sorgen, dass sie dort eintreffen?«
Der Mann nickte. »Nach all dem Trubel hier kann ich ein bisschen Zeit allein gut brauchen. Mach ich gerne, Kapteyn.«
»Ich danke Euch.« Owen seufzte. »Erst einmal muss ich mich jedoch mit dem Prinzen besprechen. Er muss wissen, was hier vorgeht. Und dann, mein Freund, wollen wir beten, dass es in seiner Macht liegt, etwas daran zu ändern.«
NEUNUNDFÜNFZIGSTES KAPITEL
24. Juli 1764
Fort Cuivre
Lac Verleau, Neu-Tharyngia
N athaniel reichte Major Forst das Fernrohr zurück. »Schätze, das is’ so ziemlich das Vermaledeiteste, was ich je gesehen hab.«
»Ist es, und wir sitzen hier mit hundert und noch was Mann und keinen Kanonen, um es zu zerblasen.«
»Wenigstens ha’n wir es bis hierher geschafft.« Er grinste. »Könnte der schwerste Teil vom Ganzen gewesen sein.«
Forst schob das Fernrohr mit einem Knall zusammen. »Das war gar nichts verglichen mit dem, was uns noch bevorsteht. So hart die Reise war, diese Nuss zu knacken, wird härter.«
»Hat was von ’em Geopahrenbau, dieses Fort Cuivre.«
Die Tharyngen hatten ihre »Festung Kupfer« am Ostufer des Lac Verleau, beim Abfluss des Silbernen Flusses erbaut. Der Strom war an dieser Stelle zweihundert Schritt breit und floss ebenso tief wie kräftig. An den Kais der Festung lagen zwei Korvetten und zahlreiche Kanus. Nach Westen erstreckte sich das blaugrüne Wasser des Sees, so weit das Auge reichte.
Das Fort selbst war in einen Berg gebaut, dessen westlicher und südlicher Hang mit Stein belegt waren. Hohe Palisaden boten einen ausgezeichneten Schutz nach Norden, Osten und Süden. Die Westseite war zu den Kais hin offen, allerdings besaß sie zu ihrem Schutz eine niedrigere Felsmauer mit zwei Geschützstellungen und zwei weiteren Stellungen, die mit kleineren schwenkbaren Waffen bestückt waren, offenbar zur Abwehr von Shedashie-Überfällen.
Die Festung selbst hatte eine Seitenlänge von fünfzig Schritt, und ihre Mauern erhoben sich im Durchschnitt zwölf Fuß über die Bergkuppe. Nach Norden und Osten waren ansatzweise Glacisvorbauten vorhanden. In einem Abstand von etwa sechzig Schritt um das Fort waren die Bäume gerodet, aber bis auf die Nordseite, an der Äcker lagen, war das Unterholz noch vorhanden. So weit nördlich wuchs der Mais kaum hüfthoch, ein gewaltiger Unterschied zu den mehr als mannshohen Pflanzen weiter südlich in Gottesgaben.
Fort Cuivre selbst verfügte über ein Dutzend weitere Kanonen, aufgeteilt in drei Gruppen zu je vier Geschützen an der Nord-, Ost- und Südseite. Ecktürme sorgten für gute Sicht der Posten, allerdings wirkten die momentan dort Dienst schiebenden Soldaten gelangweilt. Ein Dutzend Männer, die dienstfrei hatten und weder zum Bestellen der Felder noch zum Sammeln von Holz eingeteilt waren, vertrieben sich die Zeit mit Angeln. Jedes Mal, wenn einer von ihnen einen großen
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