Krieg der Drachen - Roman
hatte Kamiskwa sich mit Vertretern der Waruntokii getroffen, durch deren Territorium sie mussten. Die Waruntokii waren nicht sehr erfreut über du Malphias’ enge Verbindung zu den Ungarakii. Aber sie waren trotzdem nicht bereit, den Schärlern zu helfen, und hatten vier Geiseln als Faustpfand gegen Feindseligkeiten der Mystrianer verlangt.
Bis zum Abend waren fünf große Kriegskanus fertig, die jeweils
zehn Mann tragen konnten. Der Plan sah vor, flussabwärts zu ziehen, außer Sichtweite des Forts, und eine Leine über das Wasser zu spannen. Danach würden sie innerhalb von ein, zwei Stunden die gesamte Streitmacht übersetzen können.
Major Forst musterte die Gesichter der Offiziere, als sie sich in einer Bodensenke versammelten. In einer Erdgrube brannten ein paar Holzscheite und warfen rötliches Licht auf die Versammlung, durch die sie alle aussahen, als wären sie bereits in der Hölle. »Ihre Überlegungen, Sires.«
Friedensreich nickte. »Ich hab ordentlich überlegt und gebetet, mehr das eine als das andere, der Wahrheit die Ehre. Ich will dem Ehrwürden nicht zu nahe treten, aber es scheint mir, der Herr hat in der Bibel ’ne Menge Kriegslisten belohnt. Wenn er uns jetzt ein Horn überlassen würde, mit dem wir die Mauern von dem Fort da drüben zum Einsturz bringen könnten, dann hätten wir ’n Wunder und alles wäre gesagt. Bloß weil ’n Haufen Leute sich Regeln für den Krieg ausgedacht haben, macht das daraus nicht Gottes Gesetz. Ich schätze, solange wir die ehrenhaft behandeln, die sich ergeben, bin ich bereit, die abzuknallen, die’s nicht tun.«
Buchecker blinzelte mehrmals besorgt. »Aber Sires, Ihr bringt Eure unsterbliche Seele in Gefahr.«
Rufus Astwerk spuckte ins Feuer. »Is’ ja nich’, als ob sie das nich’ eh schon wäre. Ich bring’ den um, der sich mir in den Weg stellt. Wenn sich welche ergeben wollen, sollten sie sich besser beeilen, sonst bring ich die auch um.«
Nathaniel stand auf und rieb sich das Kinn. »Schätze, Ihr erwartet jetzt alle, dass ich Friedensreich Recht gebe. Sag auch gar nich’, dass ich das nich’ tu’. Sag aber auch nich’, dass Ehrwürden Buchecker kein’ guten Einwand hätte. Scheint mir, wenn wir jetz’ alle beschließen, so viele Ryngen abzuknallen, wie wir können,
dann steh’n wir vor einem Problem. Wie der Major gesagt hat, gibt’s keinen Grund für die Ryngen, nicht einfach in ihrem Fort zu bleiben. Und das is’ der Punkt, um den es bei Caleb und bei Ehrwürden Buchecker geht.«
Er nahm sich einen Stecken und zeichnete das Fort auf. »Also, wenn sie die Köpfe einzieh’n, dann könn’ sie nich’ sehen, was wir machen. Das is’ unser Vorteil. Und wenn sie wütend sind auf uns, dann könn’ sie nich’ gradeaus denken, wenn sie was sehen. Und es sind Ryngen, also machen sie sich ’ne Menge Gedanken um ihre Ehre. Falls wir uns formieren, könnt’ es schon sein, dass sie rauskommen und kämpfen, wenn sie seh’n, was für’n jammervoller Haufen wir sind.«
Major Forst beobachtete ihn, und ein Lächeln erkämpfte sich den Weg auf seine Züge. »Habt Ihr etwas Bestimmtes im Sinn, Kapteyn Wald?«
»Hab ich, Sire. Jedenfalls so ungefähr. Schätze, so in drei Tagen könnten die Ryngen so durch den Wind sein, dass sie keinen Schimmer mehr haben, was los ist. Schätze, dann wird ’sich ergeben’ richtig verlockend klingen. Ein schneller Trick, und das Fort gehört uns.«
»Lasst Euren Plan hören, Kapteyn Wald.« Forst gluckste. »Wir wollen hoffen, Euer Trick erspart eine Menge Blutvergießen. «
Buchecker schüttelte den Kopf. »Derlei Täuschungsmanöver sind ehrlos! Ich verbiete Euch, so etwas zu tun.«
Forsts Miene wurde streng. »Ihr müsst zweierlei begreifen, Meister Buchecker. Der erste Punkt ist, dass Eure Anwesenheit hier eine Gefälligkeit Bischof Binsen gegenüber darstellt. Eure Pflichten bestehen darin, den Männern geistlichen Beistand zu geben. Zum zweiten ist Krieg an sich keine ehrenhafte Sache. Es liegt keine Ehre darin, Menschen abzuschlachten. Vielleicht ein
moralisches Recht, wenn man darum kämpft, seine bedrohte Familie und Freiheit zu verteidigen, aber niemals Ehre. Der ehrenvolle Tod ist ein Märchen, das dazu dient, den Schmerz der Hinterbliebenen zu lindern, mehr nicht.«
Buchecker erstarrte. »Das werde ich dem Bischof schreiben.«
»Bitte tut das. Tut es bitte gleich jetzt.« Forst nickte ihm zu. »Meine Männer und ich haben einen Krieg zu planen.«
SECHZIGSTES KAPITEL
25. Juli 1764
Am
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