Krieg der Drachen - Roman
es den Shedashie gehört, und werden nicht einmal auf die Idee kommen, es sich auszuleihen. Die Shedashie wissen, das es Kamiskwa gehört, und rühren es aus ähnlichen Gründen nicht an.«
Owen betrachtete das Kanu genauer. »Woran erkennen sie das? Es trägt keinerlei Markierung.«
»Für Euch oder mich nicht, aber magisch …« Wald zuckte die Achseln. »Wie ich schon sagte, die Shedashie können besser zaubern als wir. Kamiskwa hat das Kanu gebaut, und jeder weiß, wem es gehört.«
Sie sammelten ihre Ausrüstung ein und machten sich auf den Weg am Rand der Wasserfälle entlang. Der Pfad wand sich in sanften Kurven den Hang hinauf. Ab und zu gab es ein ebenes Stück, auf dem sie ausruhen konnten. Nach etwa einer Stunde erreichten sie das andere Ende der Schlucht und schlugen in einer relativ unberührten Lichtung ihr Lager auf.
Owen musterte den Fluss oberhalb der Fälle. Er war breit und seicht, und voller Felsen und Baumstämme, die Frühlingsfluten
aus dem Gebirge mitgerissen hatten. Für Handelszwecke oder einen Truppentransport war er ungeeignet. »Falls du Malphias den Benjamin benutzen will, müsste er unten beginnen.«
»Er hätte nicht wenige Zuschauer.« Nathaniel deutete über den Fluss nach Süden. »Die andere Seite da ist Lanatashie-Gebiet. Sie gehören zur Konföderation, auch wenn Kamiskwa und ich nicht viel mit ihnen zu tun haben. Diese Seite ist Altashie. Wenn er käme, wüsstet Ihr es.«
Owen schaute hinüber zu Kamiskwa. »Würde Euer Volk ihn aufhalten?«
Der Altashie blickte auf. »Kriege zwischen Weißen interessieren uns nicht sonderlich. Ihr kämpft um Dinge. Ihr wollt Land beherrschen. Wir wollen im Einklang mit ihm leben. Krieg ist eine zu ernste Angelegenheit, um ihn über Dummheiten zu führen.«
»Aber Ihr würdet uns wissen lassen, dass er kommt.«
Kamiskwa grinste. »Und zuschauen, wie Ihr kämpft.«
Owen nickte. »Nichts könnte Euch veranlassen …«
»Die Altashie sind keine Söldner wie die Stämme der Sieben Nationen. Ungarakii kämpfen schon, wenn man ihnen an einem heißen Tag warme Spucke verspricht. Schätze, viel mehr kriegen sie auch nicht von den Tharyngen.«
»Glaubt Ihr, wir werden Feinden begegnen?«
Kamiskwa lachte. »Kein Ungarakii wagt es, Altashie-Gebiet zu betreten. Sie träumen vielleicht davon, doch sind es keine Träume, bei denen man ruhig schlafen kann.«
Der norillische Soldat lächelte. »Gut.«
»Heißt aber nicht, dass wir keine Wache halten.« Nathaniel zog das Gewehr aus der Hülle. »Manchmal schlafwandeln die Ungarakii, und es bedarf ’ner Ladung Blei, sie zu wecken.«
ACHTZEHNTES KAPITEL
7. Mai 1763
Gottesgaben, Mystria
A n ihrem ersten Tag an Land bewegten sie sich so schnell, wie es im Wald machbar war. Sie folgten wo möglich sich windenden Wildwechseln, durchquerten Schluchten auf kürzestem Weg, planschten durch Bäche und marschierten geradewegs über Hügel, wo es den Weg deutlich abkürzte. Kamiskwa ging voraus und schenkte ihnen nichts, auch wenn der Weg, den er wählte, nicht allzu anstrengend war. Owen spürte bei dem Zwielichtner das Verlangen, zu seiner Familie zurückzukehren – ein Gefühl, das ihm völlig fremd war, und um das er ihn beneidete.
Schon nach vier Stunden hatten sie den ersten Ausfall zu beklagen. Obwohl Owen seine Stiefel von einem Quartiermeister der Reitergarde erhalten hatte, platzten die Nähte, und die linke Sohle löste sich an der Kuppe vom Oberleder. Und dort, wo die Stiefel hielten, scheuerten sie seine Füße auf, bis die Schmerzen in seinen Fersen locker mit dem Brennen in Schultern und Oberschenkeln mithalten konnten.
Owen suchte in seinem Tornister nach Kordel, um den Stiefel notdürftig zu flicken, aber Kamiskwa kniete sich hin und zog ihm die Stiefel aus. »Reibt Eure Füße ein und zieht zusätzliche Strümpfe über.«
Owen folgte der Aufforderung des Altashie-Prinzen. Die Salbe brannte zu Beginn, besonders an der Ferse, aber dann breitete sich eine kühle Taubheit in seinen Füßen aus. »Die Salbe hilft, doch ich wünschte, ich könnte meine Füße in einen Bach tauchen. «
Kamiskwa nahm seine Stiefel und bearbeitete sie mit dem kleineren Messer. Erst schnitt er den Fußteil ab, dann teilte er den Schaft entlang der Nähte. Er stach Löcher in den oberen Rand und zog Lederriemen aus seiner Tasche. Die Riemen zog er durch die Löcher und band die Lederstücke an Owens Füße. Das überstehende Leder klappte er um die Zehen und über die Ferse, so dass sie ebenfalls
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