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Krieg der Ordnung

Titel: Krieg der Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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tun muss.«
    »Und wenn er sich weigert?«
    »Dann könnte jemand anders Gewalt anwenden.«
    »Könnte dieser andere im Körper dessen, den er zwingen will, die Muskeln bewegen?«
    »Du sagst, dass jeder sich frei entscheiden kann, etwas zu tun. Das ist grausam. Was ist, wenn Kinder oder die Familie verhungern müssen oder gefoltert werden?«
    »Auch dann hat man noch die Wahl.«
    »Gibt es denn keine höheren Werte? Besteht nicht ein Unterschied zwischen einem Menschen, der dem Guten, und einem anderen, der dem Bösen dient? Oder zwischen einem, der zu unklugen Handlungen gezwungen wird, und einem anderen, der sie freiwillig begeht?«
    »Natürlich besteht ein Unterschied. Aber nicht für die Welt, sondern nur für denkende Wesen.«
    Justen hielt inne. »Wenn es der Welt sowieso egal ist, warum sollte ein Mensch dann nicht einfach tun, was immer ihm in den Sinn kommt? Aus welchem Grund sollte irgendjemand noch versuchen, Gutes zu tun? Wo es der Welt doch sowieso egal ist?«
    »Selbstsucht kann einen Menschen genauso zerstören wie Selbstlosigkeit. Wenn jemand zu selbstsüchtig ist und nur an die eigenen Wünsche und Begierden denkt, wird er, falls er überhaupt so lange lebt, nach einer Weile feststellen, dass niemand ihn mehr unterstützt und viele ihm sogar zu schaden suchen. Um zu überleben, muss solch ein Mensch stark und herzlos genug werden, dass weder Liebe oder Zuneigung ihn noch erreichen können. Am Ende ist dieser Mensch kein richtiger Mensch mehr, sondern ein seelenloser Mechanismus wie die Maschinen in euren Schwarzen Schiffen.
    Wer aber zu selbstlos ist, wird nach den Launen anderer Menschen hin und her geworfen, denn es gibt immer mehr Bedürfnisse, als selbst der mitfühlendste Mensch zu befriedigen vermag. Sollte ein solcher Mensch jemals stark genug werden, sich wenigstens um die wichtigsten und dringendsten Nöte zu kümmern, wird er entweder von den Anforderungen verzehrt oder in seinem mechanischen Bemühen, alle Bedürfnisse der Welt zu befriedigen, jegliche Wärme verlieren. Dadurch wird er so selbstlos, dass er im Grunde nichts weiter ist als eine selbstsüchtige Seele auf der Suche nach Selbstlosigkeit.
    Ein Mensch, der in seinem Leben einen Sinn sucht, muss sich auf den Kampf zwischen Selbstsucht und Selbstlosigkeit einlassen und darf nie zu fragen aufhören. Wenn er den Kampf aufgibt, erlaubt er den anderen, ihm sein Leben vorzuzeichnen. Womöglich ist ihm nicht einmal bewusst, dass er den Kampf aufgegeben hat, denn die anderen könnten durchaus einen Glauben an etwas vertreten, das man für besser und bedeutender hält, so dass man sich bereitwillig an die Regeln hält, die andere aufgestellt haben. Es können die Regeln der Engel sein, die Regeln der Lichtdämonen, die Regeln der Schwarzen Bruderschaft oder die Regeln des Weißen Rates. Wir haben erkannt, dass die meisten Menschen, die diesen Kampf aufgeben, besonders wenn sie Sorgen haben, als Erstes die Frage stellen, warum das Leben keinen Sinn habe.« Sie zog die Mundwinkel ein klein wenig nach Oben.
    »Du bist nicht gerade fröhlich und deine Philosophie ist nicht eben tröstlich.«
    »Du hast nicht um Trost gebeten. Du hast um Weisheit gebeten. Weisheit ist selten tröstlich, weil vieles von dem, was Menschen tröstlich finden, nichts weiter als eine Illusion ist.«
    Eine Weile sah Justen an dem alten, aber faltenlosen Gesicht vorbei. Schließlich schluckte er. »Ist es gut, dass die Chaos-Meister ganz Candar beherrschen?«
    »Du misst solchen Dingen einen Wert bei. Wenn du diese Frage stellst, hast du bereits die Entscheidung getroffen, dass es schlecht ist, wenn die Chaos-Meister die Kontrolle über ganz Candar haben. Aber stellst du dir auch die Frage, ob es gut ist, wenn die Ordnungs-Meister Recluce und die umgebenden Meere völlig beherrschen?«
    »Willst du mir sagen, eine solche Herrschaft sei auch nur eine Illusion? Obwohl ich Städte fallen und Soldaten sterben sah?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Die Illusion ist die, dass die Herrschaft der einen oder anderen Seite etwas Gutes sei. Das Gleichgewicht sagt aber, dass die völlige Herrschaft der Ordnung oder des Chaos nur auf die eine oder andere Weise zu Tod und Verderben führt.«
    »Meinst du denn, wir sollten das Chaos in unser Leben hereinlassen?«
    »Auch das ist eine Illusion. Chaos existiert in jedem Leben, genau wie die Ordnung.«
    Justen seufzte. »Was willst du mir damit sagen? Dass ich einer Illusion nachjage? Dass es sinnlos sei, die Ordnung zu

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