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Krieg der Sänger

Krieg der Sänger

Titel: Krieg der Sänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Löhr
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antwortete der Teufel. »Je zahlreicher die
Garne, desto fester der Zwirn. Hast du dich etwa nicht gut unterhalten
gefühlt?«
    »Doch, doch.«
    »Und weil ich unfähig zur Lüge bin, ist kein Wort gelogen, so wahr
mir Gott helfe.«
    »Ich verstehe freilich nicht, wie mich diese Erzählung von der
Hinterlist des Menschen überzeugen soll. Sechs Männer geraten in Streit und
fordern einander zu einem tödlichen Wettstreit heraus. Einer von ihnen verliert
und wird vereinbarungsgemäß geköpft. Niemandem wurde Unrecht getan. Zudem
trifft das Urteil Heinrich von Ofterdingen, der doch offenbar nicht nur ein
schlechter, sondern auch ein gottloser Mann gewesen ist.«
    Schmunzelnd gab der Teufel die Schalen seiner geknackten Haselnüsse
in die Glut, die im Ofen glomm, und fegte sich die Krümel vom Gewand. »Du bist
ebenso arglos wie Ofterdingen und die Sänger, scheint’s.«
    »Was meinst du?«
    »Hast du es denn nicht begriffen? Das Ganze war ein Komplott gegen
Heinrich von Ofterdingen, angezettelt vom Landgrafen höchstpersönlich und
durchgeführt von seinem ach so tugendhaften Schreiber! Die Einladung zu einem
Sängergipfel, zu einem Symposion der deutschen Dichter, war reiner Vorwand;
eine Falle, bei der die anderen Sänger nur als Staffage dienten oder, besser
noch, als der ausgelegte Köder. Gastrecht? Redefreiheit? Burgfrieden? Lug und
Trug! In dem Moment, wo der Ofterdinger seinen Fuß in die Wartburg setzte,
stand fest, dass er sie nicht wieder lebend verlassen sollte.«
    »Aber warum?«
    »Die Schmach von Ichtershausen.«
    »Das Lied von der Wetterfahne?«
    Der Teufel nickte. »Hermann hatte nicht einen einzigen Tag
vergessen, wie ihn der Ofterdinger vor dem König, seinem Gefolge und seinem
Heer verhöhnt hatte. Diese Wunde hatte sich nicht geschlossen, nein, sie hatte
giftigen Eiter gebildet über die Jahre. Obwohl der Landgraf beim Bankett
vorgab, dem Ofterdinger nichts nachzutragen, war das Gegenteil der Fall: Er
wollte Rache für dessen Spottlied. Nun wäre es für ihn ein Leichtes gewesen,
ein paar Meuchler zu dingen, die dem Sänger in irgendeiner dunklen Gasse oder
in einem Wald die Kehle durchschneiden. Aber der Tod allein war Hermann nicht
Vergeltung genug. Er wollte den selbstherrlichen Ofterdinger demütigen, und
zwar genau da, wo dieser sich am sichersten fühlte: in seiner Kunst. – Und
Heinrich von Weißensee hatte ebenso wenig verwunden, dass sich Ofterdingen in
Ichtershausen kaum das Lachen verkneifen konnte, während sein verehrter Fürst
vor aller Augen gedemütigt auf dem kalten Stein lag. Gemeinsam ersannen
Landgraf und Kanzler also den Plan zu diesem Sängertreffen.«
    »Aber die Sänger waren doch gar nicht zu einem Wettstreit auf Leben
und Tod eingeladen gewesen. Der Einfall dazu entstand erst später, zufällig,
aus dem Streit, ob nun der Landgraf von Thüringen oder der Herzog von
Österreich der bessere Dienstherr sei.«
    »Jeder Streit wäre dem Schreiber als Vorwand recht gewesen, er
musste ihn nur klug anfachen und schüren!«, erwiderte der Teufel. »Alle
Vorschläge, den Sängerwettstreit betreffend kamen doch von ihm. Heinrich von
Ofterdingen musste nur noch darauf eingehen. Und weil man sich auf seine
Arroganz und seinen Ehrgeiz verlassen konnte, tat er es auch, und Hermanns Plan
ging auf: Am Ende würde Heinrich von Ofterdingen vor seinen Sangesfreunden und
vor dem Thüringer Hof als schlechtester Dichter dastehen. Er, dem ganz Deutschland
für sein Nibelungenlied dankte, würde zum Richtplatz gezerrt werden wie ein
gemeiner Dieb und eines Ritters unwürdig durch das Schwert des Scharfrichters
sterben, sein Name beschmutzt und der Vergessenheit preisgegeben! Hermann von
Thüringen hätte nicht nur den Quälgeist aus dem Weg geräumt, sondern könnte
sich obendrein rühmen, Gastgeber eines unvergleichlichen, legendären
Schauspiels gewesen zu sein; König und Richter gleichermaßen über die
Sängerschaft, Herr über den großartigsten und kompromisslosesten Musenhof im
ganzen Reich.«
    »Nein. Das kann nicht stimmen. So eine Bösartigkeit traue ich
Hermann nicht zu. Du hast ihn doch als einen belesenen, kunstsinnigen Fürsten
geschildert. Und das in einer ungemein rohen Zeit.«
    Der Teufel schnalzte mit der Zunge. »Wer sagt denn, dass böse
Menschen die Kunst nicht lieben?«
    »Wie endet die Geschichte?«
    »Als der todgeweihte Trobador im Hof der Wartburg verblutet war,
verließen die überlebenden Sänger die Burg und zerstreuten sich in alle Winde –
mit Ausnahme des

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