Krieg der Wächter - Green, S: Krieg der Wächter - Daemons Are forever
mir Martha Drood nicht zum Feind machen wollte, weil ich ihre Hilfe vielleicht noch bräuchte.
Am Ende entschied ich mich einfach für eins der besser gelegenen Zimmer im Westflügel und schmiss den armen Kerl raus, der dort wohnte. Der seinerseits suchte sich einen in der Nahrungskette tiefer Stehenden aus, zwang diesen zur Räumung und zog in dessen Zimmer ein. Und so ging es weiter, einige Tage lang, bis man sich in den Korridoren nicht mehr bewegen konnte, weil sie voller Leute waren, die ihre Siebensachen von einem Zimmer zum andern schleppten. Vermutlich landete das arme Schwein am Boden der Pyramide wieder im Gemeinschaftsschlafsaal bei den Kindern.
(Im Herrenhaus gibt es keine Gästezimmer. Nur Familie kommt in den Genuss, im Herrenhaus zu wohnen.)
Dennoch war Molly nicht sonderlich beeindruckt, als sie sah, wo sie mit mir wohnen würde. Es wollte ihr einfach nicht in den Kopf, dass Mitglieder der mächtigsten Familie der Welt nur ein Zimmer bekamen, um darin zu leben. Aber so was passiert halt, wenn die Familie schneller wächst, als wir neue Flügel anbauen können. Noch eine oder zwei Generationen, und wir werden uns ein neues Zuhause suchen oder bauen müssen, aber darüber war noch niemand bereit zu sprechen.
Ich ließ uns in unser Zimmer, und sofort lief Molly zum Bett hin und warf sich darauf. Sie versank so tief in der weichen Gänsefedermatratze, dass sie halb außer Sicht war, und seufzte selig.
»Das Zimmer mag ich immer noch nicht besonders, aber dieses Bett hier liebe ich! Ich fühle mich, als könnte ich bis runter nach China sinken!«
»Was ist denn nicht in Ordnung mit dem Zimmer?«, erkundigte ich mich geduldig.
»Ist viel zu sehr wie ein Hotelzimmer«, antwortete Molly bestimmt. »Alles sehr luxuriös, da bin ich sicher, aber es hat keinen Charakter. Es ist kalt und unpersönlich.«
Ich lächelte sie an. »Wann hast du dich denn jemals in einem Hotel aufgehalten, o böse Hexe der Wälder?«
Sie rekelte sich wohlig im Bett. »Oh, ich komme herum! Du wärst überrascht, wo ich schon überall gewesen bin! Und es ist ja nicht so, als ob ich meinen Wald überallhin mitnehmen könnte ... Trotzdem, eins muss ich Hotels lassen - ich liebe Zimmerservice! Du nimmst einfach den Hörer ab, und sie bringen dir was zu essen, zu jeder Tages- und Nachtzeit. In Hotels schlage ich mir immer den Bauch voll. Besonders weil ich nie lange genug bleibe, um die Rechnung zu bezahlen.«
»Hier gibt's keinen Zimmerservice«, erklärte ich streng. »Und es wird von einem erwartet, dass man sein Zimmer selbst in Ordnung hält. Es gibt kein Dienstpersonal unter den Droods, oder wenigstens nicht als solches. Wir werden von klein auf darin bestärkt, selbst für uns zu sorgen. Ist dem Charakter und dem Selbstvertrauen förderlich.«
»Wie außerordentlich ehrenwert!«, meinte Molly. »Lass uns mal eins klarstellen zwischen uns beiden: Ehrenwert ist bei mir nicht! War das echt das beste Zimmer, dass du dir aussuchen konntest, von allen, die du kriegen konntest?«
»Ich habe mich für dieses Zimmer entschieden, weil es früher das meiner Eltern war«, sagte ich. »Damals, als ich ein Kind war. Ich kann mich vage erinnern, wie ich sie hier besucht habe. Aber es ist schwierig, sicher zu sein; Erinnerungen aus diesem Alter sind nie verlässlich. Meine Mutter und mein Vater waren nicht oft hier, musst du wissen: Als Frontagenten wohnten sie außerhalb des Herrenhauses.«
»Und du durftest nicht bei ihnen leben?«, fragte Molly, während sie sich aufsetzte und ihr Haupt gegen das Kopfbrett des Bettes lehnte.
»Nein. Alle Drood-Kinder werden hier großgezogen, in den Schlafsälen. Damit sie ordentlich ausgebildet und indoktriniert werden können. Die Loyalität gilt der Familie, nicht unseren Eltern.«
»Harry wurde nicht hier großgezogen«, meinte Molly nachdenklich.
»Nein. Wodurch du eine Vorstellung davon bekommst, wie sehr die Matriarchin Onkel James' unerlaubte Heirat, und dann noch mit einer unpassenden Frau, missbilligte. Jeder andere wäre für vogelfrei erklärt worden.«
»Ich mag die Möbel und die Einrichtung«, wechselte Molly taktvoll das Thema. »Alles hier drin ist antik, aber in hervorragendem Zustand. Hey, wenn es hier kein Dienstpersonal gibt, wer poliert dann das ganze Holz und Messing?«
»Wir wechseln uns ab, wenn wir jung sind«, sagte ich. »Charakterförderlich, weißt du noch? Ich habe es gehasst. Ich kann mich noch daran erinnern, wie meine Hände starr vor Kälte wurden, wenn ich im
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