Krieg im Himmel
nachgerüstet worden war.
Papa Neon trug einen langen roten Ledermantel, der schwer genug aussah, um wahrscheinlich gepanzert zu sein, und auch dieser war mit vielen farbigen Symbolen verziert. Als er aus dem Sarg trat, stützte er sich auf seinen leuchtenden Neonstab. Er spielte perfekt die Rolle des Voodoo-Priesters und Gang-Anführers, die ihm auf den Leib geschrieben war.
Er stieg aus dem Fahrzeug, und wir alle entspannten uns ein wenig. Er nickte Rannu zu, der zurücknickte und sich höflich ein Stück vom Bike und der daran befestigten Waffe entfernte.
»Kannst du damit noch irgendjemanden beeindrucken?«, fragte ich, als der Wind, der über das Ödland heranwehte, den Rauch vertrieben hatte.
»Nein, aber es macht immer wieder großen Spaß«, erklärte Papa Neon in breitem haitianischem Akzent. Er musterte mich von oben bis unten. »Bist du tot?«, fragte er zu meiner Verblüffung. Allerdings neigen Hacker dazu, die Welt ganz anders zu sehen, was eine Folge ihrer diversen wahnsinnigen Netz-Religionen war.
»Ich bin so, wie du mich siehst, Papa Neon. Was ich nicht zuletzt den Medikamenten zu verdanken habe, die du zur Verfügung gestellt hast.«
Nachdem ich vor The Wait gerettet worden war, hatte der Big Neon Voodoo mich medizinisch behandelt. Dazu gehörte auch eine beträchtliche Menge Pharmazeutik, die es mir ermöglicht hatte, mit den Symptomen der Verstrahlung zurechtzukommen.
Darüber dachte Papa Neon einen Moment lang nach. »Das ist gut. Die Loa meinen es gut mit dir. Ich weiß es, weil sie es mir gesagt haben. Sie sind erfreut, dass Obatala nun unter uns in der Geisterwelt ist.« Ich glaube, damit meinte er Gott. »Ich tanzte, als er zurückkehrte.« Das war mir klar gewesen. »Aber der Teufel wandert um die Sonne weit draußen in der Nacht.«
Ich starrte ihn verständnislos an.
»Ich glaube, er meint Demiurg«, warf Mudge ein.
»Nicht mein Problem«, sagte ich.
Papa Neon musterte mich erneut, bevor er in die Tasche seiner verschlissenen Weste griff und sein UV -Monokel hervorzog. Er klemmte es sich vor das Auge und unterzog mich ein weiteres Mal einer genaueren Betrachtung.
Ich empfand wieder das Unbehagen, das mich jedes Mal überkam, wenn es um pseudoreligiösen Hacker-Schwachsinn ging. Vor allem, wenn er auf mich angewendet wurde. Mir wurde klar, dass sie auf diese Weise die Welt verstanden, in der sie lebten. Letztlich war es nur eine andere, aber vielleicht genauso gültige Methode des Erkenntnisgewinnens. Trotzdem klang es für mich nach Wahnsinn.
»Ogun Badagris hatte zu viel Spaß. Willst du nicht sein Pferd einsperren?«
Ich warf einen Blick zu Mudge, der nur mit den Schultern zuckte. »Ich weiß nicht, was das bedeutet«, sagte ich, »aber meine Tage des Kampfes sind vorüber.«
Er kam mir sehr nahe. Ich versuchte, nicht zusammenzuzucken. Ich konnte Rum und abgestandenen Marihuana-Rauch an ihm riechen.
Dann kam mir eine Idee. »Hast du mit dem Heiden gesprochen?«, fragte ich.
»Die Loa und die Toten wollen mit dir reden.«
»Wo ist er? Wo ist …?« Plötzlich wurde ich unsicher, aber mehr wegen Rannu als wegen Mudge. Obwohl Mudge eine sehr gute Vorstellung davon hatte, wie jämmerlich ich sein konnte.
»Die Mambo hat den Schlupfwinkel von Anansis missgebildetem jüngerem Bruder betreten«, teilte Papa Neon mir mit.
»Anansi ist ein Spinnengott, glaube ich«, erklärte Mudge. Das klang nicht gut.
»Sieh!«, rief Papa Neon.
Ich drehte mich um und erkannte in der Ferne einen großen Kopter, der auf uns zuflog. Er hatte die Rotoren zusammengelegt und benutzte das Strahltriebwerk.
»Die Spinne will mit dir reden«, begann Papa Neon. »Die Toten wollen mit dir reden, und die Loa sind noch nicht mit dir fertig.«
Scheiße. Ich wollte nur etwas trinken und rauchen, vielleicht ein bisschen Frieden und Ruhe finden.
»Ist das ein schwarzer Helikopter?«, fragte Rannu mit einem Anflug von Ungläubigkeit im Tonfall.
Ich beschattete die Augen und beobachtete, wie sich die zwei Rotorblätter der Maschine entfalteten und in Drehung versetzt wurden. Es war ein militärischer Frachthubschrauber, der tatsächlich schwarz lackiert war. Die Scheiben waren dunkel getönt.
Mudge fing an zu lachen. »Diese verdammten Irren! Ein Klischee nach dem anderen.« Er schüttelte den Kopf. »Sie scheinen diese Scheiße wirklich cool zu finden.«
Ich wandte mich wieder zu Papa Neon um. Vielleicht war auch er ein Klischee, ein Stereotyp. Es war schwer zu sagen, wie viel real und wie viel Show war
Weitere Kostenlose Bücher