Krieg um den Mond (German Edition)
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„Hey, Jerry“, rief Michael ihm zu, während Jerry wilde Kreise um ihn zog. „Dir geht es gut, was?“
„Wau. Wau!“
Die Woche verlief ereignislos. Seinen Vater sah Michael erst am Samstagabend. Ob sein Vater ihn sah, zog Michael ernsthaft in Zweifel. Der hatte nur Augen für seinen Laptop. Er sah sich ständig ein Video an, aber als sich Michael neugierig zu ihm gesellen wollte, klappte er den Laptop zu.
„Das ist nichts für dich“, kanzelte der ihn ab.
„Wenn du meinst.“
Michael drehte wieder ab, aber so leicht würde er sich nicht ausbooten lassen. Sein Vater hatte wohl übersehen, dass er kein kleines Kind mehr war. In sicherer Entfernung lehnte Michael sich lässig an eine Wand und begann mit seinem Handy zu spielen. Wie erwartet klappte sein Vater den Laptop wieder auf, gab das Passwort ein und setzte seine Arbeit fort.
Michael beglückwünschte sich, auf dem neuesten Stand der Technik zu sein. Was die Handys mit Videofunktion alles hergaben - sein Vater würde staunen. Mit entsprechender Vergrößerung hatte Michael das Passwort schnell rekonstruiert: Mirjam-6.
Mirjam? Wer ist das?
Michael hatte keine Idee. Egal. Wichtiger und schwieriger war, unbeobachtet an den Laptop zu kommen.
Die Gelegenheit kam schneller als erwartet. Michael war leidenschaftlicher Langschläfer - und hätte die Gelegenheit fast sogar verpasst. Als er am nächsten Morgen aufwachte, waren seine Eltern im Gottesdienst. Michael sah auf die Uhr: 12:45.
Verdammt, sie sind bald schon wieder zurück.
Jetzt musste es schnell gehen: Laptop gestartet, Passwort eingegeben, letzte benutzte Dokumente aufgerufen - Volltreffer! Hier war das Video. Zum Anschauen blieb keine Zeit. Die Motorengeräusche des neuen Autos hatte Michael verinnerlicht. Durch das geöffnete Fenster hörte er, wie der Wagen die Einfahrt hoch fuhr. Das wurde eng.
Mit fliegenden Handgriffen verband er den Laptop mit seinem Handy. Wegen der Videofunktion hatte es zum Glück einen großen Speicher. ‘Datei kopieren!’ Verbleibende Zeit: zwei Minuten.
Zu lange.
Michael hastete zur Tür und ließ Jerry hinaus. Der stürzte sich mit freudigem Gebell auf die Ankömmlinge und wollte begrüßt werden. Das brachte eine zusätzliche Minute und die reichte gerade.
Im gleichen Moment, als die Haustüre aufging, wurde der Laptop vom Handy getrennt und zugeklappt. Michael hechtete in einen Sessel. Das Handy noch in der Hand tat er so, als würde er gelangweilt von seinem Spiel aufsehen, als seine Eltern ins Wohnzimmer kamen. Sein Herz pochte rasend schnell, aber das konnten seine Eltern nicht sehen.
„Hi, Michael. Auch schon wach?“
„Sicher.“
„Dir fällt wohl nichts Besseres ein, als mit deinem Handy zu spielen?“, wollte sein Vater wissen.
„Was ist so schlimm daran? Ich habe Ferien.“ Es war Zeit, die Fragerei umzukehren. „Und? Wie war es bei euch in der Kirche?“
„Gute Predigt.“
Michael fragte nicht mehr, weil es ihn nicht interessierte, und sein Vater sagte nichts mehr, weil er nicht mehr wusste.
„Mach dich fertig. Wir wollen essen gehen.“
Gordon hielt es nicht lange aus bei seiner Familie. Am Spätnachmittag kündigte er an: „Ich muss wieder ins Büro. Die Arbeit ruft.“
Amanda war wenig begeistert.
„Schon? Du bist so selten hier und jetzt ist doch Michael zu Besuch.“
„Ich weiß. Es tut mir auch leid. Ich kann aber nichts machen. Das ganze Programm hängt an mir. Es ist ungeheuer wichtig. Das müsst ihr verstehen.“
Michael war es inzwischen egal. Selbst die ohnehin geringe Erwartung an irgendein gemeinsames Erlebnis mit seinem Vater war verdampft.
„Ist schon gut, Dad. Geh nur, wenn es so wichtig ist.“
„Schön, dass du mich verstehst, Michael. Damit du dir in den Ferien noch etwas leisten kannst, habe ich das Limit für deine Kreditkarte erhöht. Kauf dir was Schönes oder mache eine Woche Urlaub am Meer.“
„Danke, Dad.“
Dass Michael direkt am Meer wohnte, hatte sein Vater wohl vergessen.
Gordon verschwand und kam kurze Zeit später mit einem gepackten Rollkoffer zurück. Ein kurzer Kuss für Amanda, ein Schulterklopfen für Michael, das war’s. Mit dem Laptop unter dem Arm und dem Rollkoffer in der Hand verschwand er nach draußen. Michael hatte keine Lust ihm zu folgen. Er beobachtete durch das Fenster, wie Gordon mit dem neuen Wagen verschwand.
Ich werde auch bald verschwinden. Das ist hier ja noch öder als im Internat.
Gordon war froh, das Wochenende hinter sich zu
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