Krieg um den Mond (German Edition)
geschah gelegentlich, erwies sich aber meistens als harmlos. Zur Zeit war alles grün. Scott schob sich das zweite Stück Pizza herein.
„Vor einem Jahr haben sie mir einen Job bei den Arabern angeboten. Ich hätte 400 Dollar mehr verdient pro Monat.“
„Und das hast du ausgeschlagen?“
„Säße ich sonst hier?“
„Es ist eine Menge Geld.“
„Und eine Menge Stress. Ich hätte einen Kurs für Arabisch besuchen müssen und dann säße ich jetzt vor einem Monitor, der blinken würde wie eine Diskokugel.“
„Kann ich mir vorstellen, dass dir sowas nicht gefällt.“
„Was hätte ich denn davon gehabt? Ich würde in einem teureren Auto im Stau stehen. Mein Haus wäre größer, aber ich würde es kaum sehen. Und meine Zeitung müsste ich beim Frühstück zu Hause lesen.“
„Klingt echt nicht toll. Da ist es sogar noch besser, mit mir zusammenzuarbeiten. Hast du eine Cola übrig?“
„Bedien dich!“
~~~~~
21. San Diego
Der erste Tag nach den Ferien begann für Michael mit einer Überraschung. Neben ihm saß eine Neue. Das geschah nicht oft. Man sah ihr an, dass sie öfter einen Hamburger zu viel aß und als Nachtisch dann mehrere Donuts. Aber Michael war so fasziniert von ihren klaren, blauen Augen, mit denen sie ihn anstrahlte, dass er das andere gar nicht bemerkte.
„Jennifer!“, sagte sie. Sie sah ihn erwartungsvoll an.
Michael stutzte. Sie musste vorher schon etwas gesagt haben, das er total verpasst hatte.
„Michael“, brachte er endlich heraus.
„Schön, Michael. Auf gute Zusammenarbeit!“
„Auf gute Zusammenarbeit.“ Er war total überfahren. Glücklicherweise kam der Lehrer herein und ergriff das Wort. So konnte Michael seine Gedanken sortieren. Vom Unterricht bekam er nicht viel mit, was allerdings nicht ungewöhnlich war. Nur - dieses Mal lag es an Jennifer. Immer wieder blickte Michael verstohlen zur Seite und musterte seine neue Nachbarin. Gut, sie würde niemals Cheerleader werden, aber sie strahlte eine Lebendigkeit aus, die Michael so nicht kannte. Sie war das krasse Gegenteil seiner Mutter. Nach den Ferien zu Hause war das eine Wohltat.
Wenn sie erst mitbekommt, wie die anderen über mich denken, wird sich alles schnell ändern, dachte Michael und bereitete sich so auf eine kommende Enttäuschung vor.
In der fünften Stunde begann ein neues Fach: Internet-Technologie. Schon nach wenigen Minuten spürte Michael einen Unterschied. Er wusste, dass er in diesem Fach mehr punkten konnte als in Mathe, Chemie oder dem anderen Zeug. Aus Versehen meldete er sich sogar. Es kam noch besser. Zum ersten Mal in seinem Leben gefiel Michael eine Hausaufgabe. Der Lehrer verteilte eine CD mit einem Programm zur Gestaltung einer eigenen Homepage. Sie sollten sich mit den Grundzügen vertraut machen.
„Ist das easy“, murmelte Michael leise, aber Jennifer hatte ihn gehört.
„Du kannst das?“
„Nichts leichter als das. Ich habe sogar schon eine fertig.“
„Super! Ich habe nämlich keinen blassen Schimmer davon. Dann kannst du mir helfen.“
Es war keine Bitte, es war eine Feststellung. Für Jennifer schien das selbstverständlich zu sein. Michael war angesichts dieses Tempos überfordert. Bevor er irgendwelche Bedenken vorbringen konnte, nickte sein Kopf.
„Prima! Wo wohnst du?“
„Haus fünf, Zimmer 310“, antwortete Michael mechanisch.
Das schien Jennifer nicht zu stören.
„Wow, mit Blick aufs Meer. Ich wohne nicht so schön, aber das macht nichts. Ich komme dann um fünf bei dir vorbei, okay?“
„Okay.“ Hastig packte Michael seine Sachen zusammen und beeilte sich aus dem Klassenraum zu kommen.
„Bis später dann“, trällerte Jennifer ihm hinterher.
In seinem Appartement angekommen, traf Michael fast der Schlag. Ein Mädchen würde kommen. In sein Appartement! Wie schrecklich! Er sah sich um: Die Sachen aus der Reisetasche lagen auf dem Bett verteilt. Der ganze Fußboden war bedeckt mit Computerzeitschriften. Leere Flaschen im Bücherregal. Der Spiegel im Bad voller Zahnpastaspritzer. Die Wände mit Postern tapeziert, die ein Mädchen nicht unbedingt sehen musste.
Ich muss Jennifer absagen. Unbedingt!
Michaels Handy war eines der wenigen Teile, die er stets griffbereit hatte. Als er wählen wollte, stutzte er. Er kannte Jennifers Nummer nicht. Nichtmals ihren Nachnamen wusste er.
Ich kann nicht absagen.
Der Gedanke trieb Schweißperlen auf Michaels Stirn. Die kurzfristige Idee, einfach nicht die Tür aufzumachen, verwarf Michael sofort
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