Krieg um den Mond (German Edition)
Russen und der Stolz der damaligen DDR. Im Westen dauerte es in der Zusammenarbeit mit Amerika wesentlich länger, bis sie einen Deutschen mitnahmen.
Anne beobachtete die Menschen auf den Balkonen und am Straßenrand und konnte sich kaum vorstellen, dass einige der Alten möglicherweise im Weltraum gewesen waren.
Ob man sich danach irgendwie anders fühlt?
Vor der Zentrale wartete eine stattliche Erscheinung mit kurzgeschorenen Haaren, Alexander Kowalev. Sogar ohne Uniform glaubte Anne sofort, dass er ein General war. Man sah ihm aber auch die Leitung einer zivilen Einrichtung an. Er hatte ein freundliches, offenes Gesicht.
„Hallo Louis!“, empfing er Dr. Bardouin. „Schön, dich wieder zu sehen. Du bringst Gäste mit?“
„Meine engagiertesten Mitarbeiter.“
Dr. Bardouin stellte Anne und Olaf vor.
„Privet“, begrüßte Anne General Kowalev.
„Oh, Sie sprechen Russisch?“
„Nur ein bisschen: Pagoda plocha no vodka choroscho.“
General Kowalev brach in schallendes Gelächter aus.
„Das gefällt mir. Louis, du hast die Richtigen mitgebracht. Kommt, wir gehen ins Haus.“
„Ich wusste gar nicht, dass du Russisch kannst“, flüsterte Olaf zu Anne. „Was hast du gesagt?“
„Das Wetter ist schlecht, aber der Wodka ist gut“, flüsterte Anne zurück.
„Sehr sinnig. Auf jeden Fall hast du deinen ersten Pluspunkt gesammelt.“
„Deine Gelegenheit wird bald kommen.“
Drinnen führte Kowalev sie in die Kantine. Abseits stand ein großer, gedeckter Tisch, auf den Kowalev zusteuerte.
„Ihr habt sicher Hunger nach der langen Reise.“
Damit lag er nicht verkehrt. Im Flugzeug hatte es zwar etwas zu essen gegeben, aber die Mahlzeit war sehr übersichtlich gewesen. „Eine halbe Portion für einen Zwerg“, hatte Olaf gesagt. Selbst Anne knurrte der Magen.
Bevor es ans Essen ging, sollte Olaf noch eine russische Tradition kennenlernen. Jeder bekam einen Begrüßungswodka - in einem Wasserglas.
Olaf sah es mit großen Augen an. Anne trat ihm unauffällig gegen sein Bein.
„Wusstest du nicht, dass man Wodka in Russland 100-Gramm-weise trinkt? Wenigstens die Männer?“
„Nein. Woher weißt du das?“
„Aus meinem Russisch-Kurs. Jetzt blamier uns nicht. Du darfst auf keinen Fall nur am Glas nippen. Augen zu und runter damit. So gehört sich das.“
Kowalev hatte sich erhoben und brachte als Gastgeber einen Toast aus, wie es in Russland Sitte war. Er lobte die Schönheit der Frauen (wobei er Anne zunickte) und verglich sie mit der Weite des Weltraums. Olaf fand das etwas übertrieben, aber Anne gefiel es. Als Kowalev fertig war, setzte er das Glas an und leerte es tatsächlich in einem Zug. Dr. Bardouin kannte diese Sitte von früher und tat es ihm nach. Olaf zögerte - aber er wollte sich nicht von Anfang an als Weichei outen. Er holte tief Luft und kippte den Inhalt seines Glases ebenfalls hinunter. Der Effekt war allerdings anders als bei den anderen. Olafs Augen quollen hervor und sein Mund klappte auf und zu, ohne dass ein Ton herauskam. Er hatte das dringende Bedürfnis tief Luft zu holen, aber aus irgendeinem Grund ging nichts mehr durch seine Luftröhre, weder hinein noch heraus. Kowalev lachte wieder und schlug Olaf krachend auf den Rücken. Olaf fing an zu husten.
„Das müssen wir nachher üben“, dröhnte laut der General.
Anne verfolgte amüsiert die Szene. Als Frau wurde ihr nicht so viel abverlangt.
Das Essen verlief in angenehmer Atmosphäre. General Kowalev erwies sich als humorvoller Gesprächspartner, der fließend Deutsch sprach. Er war mehrere Jahre in verschiedenen Städten der DDR stationiert gewesen und hatte es dort gelernt. Ihn interessierte alles, was in Deutschland lief. Anne gab ihr bestes alle seine Fragen zu beantworten und kam kaum zum Essen. Sonst war Konversation eher Olafs Part, aber der war an diesem Abend auffallend ruhig.
Als sie mit dem Essen fertig waren, blickte Kowalev Dr. Bardouin fragend an. Der wusste, was gemeint war.
„Frau Winkler und Dr. Bürki sollten bei unserem Gespräch anwesend sein. Ich habe keine Geheimnisse vor ihnen.“
„Die Angelegenheit ist heikel“, sagte Kowalev ernst.
„Das denke ich mir. Ich habe eine Ahnung, worum es geht. Deshalb habe ich sie mitgebracht.“
„Ich muss mich auf absolute Diskretion und Verschwiegenheit verlassen können.“
„Frau Winkler und Herr Bürki sind bereits Geheimnisträger.“
„Du musst wissen, was du tust. Ich vertraue dir. Dann lasst uns gehen!“
Kowalev führte sie
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