Krieg um den Mond (German Edition)
einige Tage warten. Ich freue mich schon auf heute Abend. Das wollte ich schon immer erleben“, ahmte er Annes Tonfall nach.
Anne boxte ihn lachend in die Seite. „Du wirst schon nicht zu kurz kommen.“
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II – Der unsichtbare Krieg
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26. Swjosdny Gorodok, Russland
Positionsbestimmung auf planetaren Oberflächen - für die meisten Menschen ein staubtrockenes Thema, für Anne die Verwirklichung eines Traums. Auf Betreiben von Dr. Bardouin hatte Anne dieses Thema als Forschungsgebiet und Promotionsthema bekommen.
Es war gleichzeitig die ideale Tarnung für die Arbeit, die Anne tatsächlich erledigen sollte, und weswegen sie jetzt mit ihrem Chef und ihrem Kollegen, Olaf Bürki, in einem Flugzeug nach Moskau saß.
Was Anne vor zehn Tagen für unmöglich gehalten hätte, war jetzt Realität. Für noch viel unmöglicher würde Anne halten, dass dieses Thema einmal ihr Leben retten würde.
Positionsbestimmung auf planetaren Oberflächen war ein interessantes aber rein akademisches Thema. Dachte Anne. Jetzt noch.
Das Flugzeug setzte pünktlich zur Landung in Moskau an. Dr. Bardouin saß auf dem dritten Platz neben Olaf und unterhielt sich angeregt mit ihm.
Anne ließ ihre Gedanken laufen. Seit ihrem gemeinsamen Abend vor den bewussten zehn Tagen hatte sich einiges geändert. Lisa, ihre Freundin, hatte sich extrem viel Mühe gegeben, Anne besonders sexy auszustatten, was sonst gar nicht Annes Art war. Aber Anne pflegte ihre Versprechen zu halten, selbst wenn der Preis aus einem engen Shirt, einem kurzen Rock und hohen Absätzen bestand. Anne hatte diesen Abend Olaf versprochen, schließlich hatte er ihr mächtig geholfen - und Olaf war mit dem Ergebnis zufrieden gewesen. Zuletzt hatte es selbst Anne Spaß gemacht, als Olaf sie mit Komplimenten überschüttete. Sie hatte verstanden, dass das Leben noch andere Seiten bereithielt als nur ihre wissenschaftliche Mondlandschaft. Hatte sie sich früher über Unterbrechungen bei ihrer Arbeit geärgert, wartete sie jetzt manchmal sogar darauf, vor allem, wenn sie von Olaf kamen.
Anne schaute aus dem kleinen Fenster und beobachtete, wie die Häuser der Stadt größer wurden. Moskau war riesig.
Am Flughafen wartete ein Fahrer, der sie in die Zentrale der russischen Raumfahrtagentur, Roskosmos, bringen sollte. Die hatte ihren Sitz in der kleinen Stadt Swjosdny Gorodok nordöstlich von Moskau. ‘Sternenstädtchen’ hieß der Ort, wenn man die russische Bezeichnung ins Deutsche übersetzte. Anne gefiel dieser Name.
Schon die Autofahrt entwickelte sich für Anne zu einem unerwarteten Abenteuer. Selbstverständlich gab es in Russland Geschwindigkeitsbeschränkungen wie in Deutschland. Der Unterschied war allerdings, dass sich in Moskau nur die Fahrer daran hielten, deren Autos sowieso nicht schneller fahren konnten. Für alle anderen, inklusive ihren Fahrer, schienen die Zahlen auf den Schildern keine Bedeutung zu haben. Genauso verhielt es sich mit den Fahrbahnmarkierungen, die von den meisten nur als nette Dekoration betrachtet wurden. In der Praxis fuhren einfach so viele Wagen nebeneinander, wie es passte. Anne hätte mehrfach den Mitfahrern im Auto neben ihnen die Hand reichen können.
Dieser enge und schnelle Verkehr hielt ihren Fahrer nicht davon ab, unablässig sein Handy am Ohr zu haben und mit seiner Frau über die Einkäufe zu diskutieren, die er nach Feierabend erledigen sollte. Er beherrschte es virtuos, ins Handy zu brüllen, zu hupen und gleichzeitig zu lenken. Bei alledem war es offensichtlich Ehrensache, nicht angeschnallt zu sein. Anne hatte in dieser Hinsicht keinerlei Ehrgefühl. Sie vergewisserte sich mehrfach, dass ihr eigener Gurt festsaß.
Anne war erleichtert, als der Verkehr ruhiger wurde und sie sich dem Sternenstädtchen näherten. Zu früheren Zeiten war es strengstens von der Außenwelt abgeschirmt gewesen, hatte Anne sich informiert. Nach dem Zerfall der Sowjetunion hatte sich vieles geändert, aber auch heute noch ist es von einer Mauer umzogen und von einem dichten Wald begrenzt. Der Fahrer hatte Passierscheine für sie alle, die er an mehreren Militärkontrollen vorzeigte.
Sie fuhren an Hochhäusern vorbei, denen man ihr langes Leben an der Fassade ansah.
„Hier wohnen viele der russischen Kosmonauten mit ihren Familien“, erklärte Dr. Bardouin während der Fahrt. „Auch Sigmund Jähn hat lange hier gewohnt.“
Anne wusste, dass Sigmund Jähn der erste Deutsche im Weltraum war, 1978 mitgeflogen mit den
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