Krieg um den Mond (German Edition)
den Stempel „geprüft - für die Produktion freigegeben“.
Niemals hätte Chris sich träumen lassen, so etwas zu tun. Er fühlte sich elend und wusste: Dieses Gefühl würde ihn noch lange begleiten. Er war nicht sicher, wie die Geschichte ausging, aber er war überzeugt, die einzig gangbare Alternative gewählt zu haben.
Tausende Kilometer entfernt hörte Hu voller Zufriedenheit den zweimaligen Gong. Er schloss die Augen und genoss die nachhallenden Vibrationen.
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32. Houston, Texas
Gordon begann, seinen Job zu hassen. Seit der Pleite mit den Treibstofftanks waren zehn Wochen vergangen. Zehn elendige Wochen, in denen es an jedem Tag irgendeine neue schlechte Nachricht gab. Es ging und ging nicht voran. Ständig fehlten Teile oder waren defekt. Es war wie verhext.
Die Mitarbeiter aus seinem Team entwickelten erstaunliche Kreativität, wie sie Gordon ausweichen konnten. Niemand hatte Lust sich seinen Launen auszusetzen.
Nur Teresa hatte keine Chance. Sie saß zwangsläufig in Gordons Reichweite und musste es sich inzwischen mehrmals täglich gefallen lassen, heftig angegangen zu werden. Dementsprechend reserviert begrüßte sie Gordon heute.
Gordon ging grußlos und mit finsterem Blick an Teresa vorbei in sein Büro. Er verfluchte die E-Mails, die er sich gleich ansehen musste. Mit Sicherheit war eine neue Katastrophen-Nachricht dabei. Bei ihm liefen alle Fäden zusammen und er musste seinen Kopf dafür hinhalten, dass alles in-time fertig wurde. Pünktlich fertig zu werden, war allerdings eine Illusion, die selbst bei bestem Verlauf nicht mehr Realität werden konnte. Die ursprünglichen Projektpläne waren Makulatur. Einzelne Tage konnte man aufholen, mehrere Wochen nicht.
Die zweifellos wichtigste E-Mail an diesem Morgen kam von der Firma, die die Raketentanks herstellte. Er hatte ihnen mächtig Druck gemacht, möglichst bald Ersatz für die Tanks zu liefern, die bei dem Brand zerstört worden waren. Wenn die Tanks fertig waren, könnten sie wenigstens an dieser Baustelle weiterarbeiten.
Schon die ersten Zeilen ließen Gordon das Blut in den Adern gefrieren. Die Firma konnte nicht liefern! Kein einziger Tank hatte die Abschlusstests bestanden. Bei jedem Tank, bei dem probeweise der gekühlte Raketentreibstoff eingefüllt worden war, waren Risse entstanden. Das Material wurde beim Erreichen der Solltemperatur spröde. Man hatte es nicht gewagt, den Druck über die Hälfte des Normalen hinaus zu erhöhen, weil man eine Explosion befürchten musste. An einen Einsatz unter Startbedingungen war auf keinen Fall zu denken. Die Vibrationen würden zu einer Zerstörung der gesamten Rakete und der kompletten Startrampe führen.
Eine Reparaturmöglichkeit gab es nicht. Die Ursache war nicht ein Fehler in einem Detail, das man hätte reparieren können. Das Grundmaterial war unbrauchbar. Das bedeutete zwangsläufig, dass nicht nur die fertigen Tanks Schrott waren, sondern alle, die sich noch in der Produktion befanden.
Gordon griff sofort zum Hörer und rief in der Firma an. Das mussten sie ihm erklären. So ein Fehler war unmöglich. Harvey, den für die NASA zuständigen Key-Account-Manager, ließ Gordon gar nicht erst zu Wort kommen. Gordon brüllte seinen gesammelten Frust durch die Leitung.
Harvey blieb nichts anderes übrig, als dieses Gewitter über sich ergehen zu lassen. Als Vertriebsmann war er einiges von Kunden gewohnt. Um Erfolg zu haben, musste man viele Kröten schlucken, aber das hier tat echt weh. Die NASA hatte mit allem Recht, was sie ihm vorwarf. Seine Firma hatte einen unverzeihlichen Fehler begangen und es gab nicht die geringste Möglichkeit zu einer Entschuldigung. Das Schlimmste war: Harvey konnte keine Erklärung liefern.
Sicher, sie hatten Druck gemacht in der Produktion. In drei Schichten hatten sie rund um die Uhr gearbeitet, um die verlorene Zeit aufzuholen. Da konnten Fehler passieren, aber nichts, was man nicht hätte ausbügeln können. An so einem grundlegenden Fehler hatte die Produktion keine Schuld. Bestenfalls die Qualitätssicherung bei Materialeingang. „Chris“ stand rot mit drei Ausrufezeichen an Harveys Wandtafel. Den würde er sich vorknöpfen, aber nicht zu knapp. Chris konnte seine Koffer packen. Da gab es nichts. Aber das half ihm nicht im Gespräch mit Gordon. Hier musste er, Harvey, den Kopf hinhalten. Und er wusste, die schlimmste Nachricht kam noch.
Harvey hielt den Hörer mit etwas Sicherheitsabstand von seinem Ohr, damit sein
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