Krieg um den Mond (German Edition)
angezogen hatte. Sally fühlte sich oft einsam.
Anfangs verkrafteten sie die Situation noch ganz gut. Dann kam das überraschende Angebot der Firma. Roger Miller, der Abteilungsleiter von Chris, war von einem Tag auf den anderen entlassen worden. Kolleginnen hatten sich über anzügliche E-Mails von ihm beschwert, in seinen Berichten wurden Fehler entdeckt, er versäumte mehrmals wichtige Meetings - alles Dinge, die einem Leiter der Abteilung für Qualitätssicherung nicht gut anstanden. Chris und seine Kollegen waren geschockt gewesen. Das passte so gar nicht zu Roger. Sie kannten ihn als überaus korrekt. Chris hatte ihm vertraut und konnte kaum glauben, sich so in einem Menschen getäuscht zu haben.
Roger stritt alles vehement ab. Die E-Mails und die Fehler konnte er nicht erklären und von den Meetings hätte er nichts gewusst. Aber die Rechner der Firma zeichneten alles bis ins Kleinste auf. Roger leugnete sogar noch, als man ihm die Beweise auf den Tisch legte. Es nützte nichts. Die Firma hatte kein Vertrauen mehr in ihn und er musste gehen.
Daraufhin boten sie Chris die Stelle an. Eigentlich war er zu jung dafür, aber der Firma war das lieber, als die älteren Kollegen, die nach der Meinung des Managements zu unflexibel waren. Jemand Neues von außen war noch weniger ideal, da man die internen Abläufe einigermaßen kennen musste. Chris hatte sich in seinem ersten Jahr hervorragend entwickelt und so waren sie auf ihn gekommen. Das Angebot war äußerst lukrativ.
Für Chris war das die Chance seines Lebens, so jung und schon in einer verantwortlichen Position. Es war eine enorme Herausforderung, aber das hatte ihn noch nie abgeschreckt.
„Herausforderungen sind dazu da, um bewältigt zu werden“, erklärte er Sally.
Die Belastung war dann doch höher als angenommen. Selbst sein erfahrener Vorgänger konnte das tägliche Geschäft nur mit Überstunden bewältigen. Das Management betrachtete Qualitätssicherung nicht als Produktivposten, sondern als notwendiges Übel. Deshalb ‘optimierte’ man an allen Stellen, was vor allem hieß: man sparte am Personal. Zusätzlich musste Chris sich in viele neue Themen einarbeiten. Sally war stolz auf seinen Karrieresprung und freute sich über mehr Geld, das sie für die Rückzahlung der Hypothek gut gebrauchen konnten. Der Preis war, dass sie ihren Mann noch weniger sah, und wenn, dann in gereiztem Zustand.
Zum Frühstücken hatte Chris keine Zeit. Seit seiner Beförderung fuhr er jeden Morgen an dem kleinen Imbiss in der Nähe ihrer Wohnung vorbei. Den üblichen Bagel und einen Becher Kaffee nahm er während der Fahrt zur Firma zu sich. Normalerweise war es ruhig, wenn er im Büro eintraf. In der Stunde vor seinem offiziellen Dienstbeginn konnte er sich am besten auf die anstehenden Aufgaben vorbereiten. Während des Tages ging es nur noch hektisch zu. Da hatte man zum Nachdenken keine Zeit, geschweige denn zum Nachschlagen irgendwelcher Informationen, die man sich noch aneignen musste.
Heute war es anders. Chris‘ Rechner startete nicht ordnungsgemäß und er kam an seine Informationen nicht heran. Der zuständige Administrator war sofort zur Stelle, aber er brauchte eine geschlagene Stunde, bis die Systeme liefen. Diese Zeit war für heute verloren. Und das, obwohl Chris an diesem Tag besonders darauf angewiesen war. Es sollte neues Material kommen, das dringend für die Treibstofftanks benötigt wurde. Der Totalschaden an den vorhandenen Tanks hatte die NASA zeitlich unter Druck gesetzt - und die NASA setzte wiederum seine Firma unter Druck. Die Produktion war dringend auf das Rohmaterial angewiesen, aber bevor sie loslegen konnten, musste es von seiner Abteilung geprüft und freigegeben werden.
Chris‘ Computer lief gerade erst, da klingelte auch schon das Telefon. Harvey, der Key-Account-Manager für die NASA, war dran, ein unangenehmer Typ, der sich ungemein wichtig vorkam. Er hatte nur seinen Kunden im Blick und nörgelte bei jeder Gelegenheit, dass er schließlich die Aufträge hereinbrachte und man ihn gefälligst bevorzugt bedienen sollte.
„Wie lange dauert es, bis ihr mit der Qualitätssicherung fertig seid?“
„Drei Tage, wenn alles klappt“, gab Chris zurück. „Das weißt du doch.“
„Drei Tage sind zu lang. Die NASA setzt uns die Pistole auf die Brust.“
„Schneller geht es nicht. Solange dauern alle Tests.“
„Wenn das Material nicht in einem Tag in der Produktion ist, kriegen wir Probleme mit der Lieferung.“
„Das
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