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Krieg um den Mond (German Edition)

Krieg um den Mond (German Edition)

Titel: Krieg um den Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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war. Alle Schiffe waren mit bunten Wimpeln und übergroßen amerikanischen Flaggen geschmückt. Die Marinekapelle spielte, was die Instrumente hergaben, und begeisterte die kaum zu überschauende Menge an Angehörigen und Besuchern. Es herrschte eine Stimmung, als ob nach einem langen, dunklen Winter zum ersten Mal wieder die Sonne aufging. Alle großen Fernsehgesellschaften im ganzen Land ausgestrahlt berichteten live von diesem Ereignis. Höhepunkt war die Rede des Präsidenten vom Deck des Flugzeugträgers.
    Vor den riesigen Monitorwänden, die im gesamten Hafengelände verteilt waren, schien der Jubel keine Grenzen zu kennen. Die Menschen hatten genug von den Demütigungen und Katastrophen der letzten Monate. Endlich ergriff ihr Präsident, der erste Amerikaner, die Initiative und sagte ihnen voller Inbrunst, dass sie ein starkes Volk seien. Bei jedem Satz brandete Beifall auf. Die Regieanweisungen, wann Applaus stattfinden sollte, waren überflüssig. Die Menge klatschte von sich aus und jedes Mal länger als geplant.
    Man sah dem Präsidenten an, wie dieser Funke auf ihn übersprang. Er hatte in den vergangenen Monaten viel gelitten und reichlich Kritik einstecken müssen. Die Umfragewerte der letzten Wochen hatten ein Tief nach dem nächsten erreicht - aber das wurde in dieser Stunde zur Geschichte. Er sog den Applaus auf wie ein trockener Schwamm, wirkte aufs äußerste zufrieden und es hätte ihm nichts ausgemacht, seine Redezeit zu verdoppeln.
    Symbolisch startete der Präsident in einem Kampfjet. Unter dem Donner der Salutschüsse setzten sich die riesigen Stahlkolosse in Bewegung. Ganz Amerika sah diese beeindruckenden Bilder der Stärke. Durch die Fernsehkanäle getrieben schwappte die Adrenalinwoge vom Militärstützpunkt über das gesamte Land. Sie schwappte über die Grenzen hin zu den Flotten, die in Pearl Harbor auf Hawaii auf den Zusammenschluss warteten oder bereits aus dem Indischen Ozean unterwegs waren.
    Die ganze Welt verfolgte diese Demonstration mit höchster Aufmerksamkeit. Im Gegensatz zu der Situation in den USA war es allerdings nicht der Adrenalinspiegel, der bei diesen Bildern anstieg, sondern der Pegel der Sorge. Allen voran hatte die Europäische Union zur Besonnenheit aufgerufen, aber trotz moderner Technik schien diese Stimme den Atlantik nicht überwinden zu können. Sie prallte an der Ostküste der USA ab und versank in den Tiefen des Atlantik. Die Kommentare, in denen sie überhaupt erwähnt wurde, reagierten unisono nach dem Schema „Von euch haben wir sowieso nichts anderes erwartet.“ Der Generalsekretär der Vereinten Nationen saß zwar in New York, aber es kam kein nationaler Vertreter der USA zu der angesetzten Pressekonferenz.
     
    Die Flottenverbände legten Seemeile um Seemeile zurück und näherten sich dem Längengrad von Hawaii. Obwohl nichts passierte, flimmerten von morgens bis abends Flottenberichte über die Bildschirme, wurden startende und landende Flugzeuge gezeigt und jede einzelne Einheit mit viel Pathos vorgestellt. Historiker wühlten sich durch altes Film-Material und jede Szene mit einem Kriegsschiff rissen ihnen die Fernsehstudios aus den Händen.
    In den Talkshows wimmelte es von tatsächlichen oder selbsternannten Experten, deren Analyse immer auf das Gleiche hinauslief: Die Chinesen würden es nicht wagen, die Flotte anzugreifen, denn dies bedeutete einen offenen Krieg, den niemand riskieren konnte. Das waren die Lehren, die man im Kalten Krieg gewonnen hatte. Hierin stimmten sogar die Experten aus Europa überein, obwohl sie nur in ihrer Heimat gefragt wurden.
    Selbstverständlich galt auch für die Amerikaner, dass sie keinen offenen Krieg beginnen durften, der unweigerlich zu einem vernichtenden Atomkrieg führen würde. Das lag trotz ihrer Überlegenheit nicht in ihrem Interesse. Aber die Drohung durch die Flotte signalisierte unmissverständlich, dass weitere Manipulationen durch die Chinesen nicht ohne Folgen bleiben würden.
     
    ~~~~~

43. Anytown, USA
     
    Mit zitternden Händen ließ Martha den Motor an. Sie hasste dieses Geräusch in dem Maße, wie es ihr Mann, Sam, liebte. Für ihn gab es nichts Größeres als das tiefe, dumpfe Wummern, wenn der Motor ihres Geländewagens lief. Dafür würde er sein letztes Hemd geben - was nicht mehr allzu fern lag.
    Sam hatte Martha tanken geschickt. Das tat er oft in den letzten Monaten. Er wollte nicht mit der Tatsache konfrontiert werden, dass die Ausgaben für das Benzin ihre Möglichkeiten

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