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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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falle!«
    Peter begriff, daß Andree von Natalie reden wollte, und sein breites Gesicht drückte Teilnahme und Mitleiden aus. Aber Andree war erzürnt darüber und fuhr mit entschiedenem, lautem, unangenehmem Ton fort: »Ich habe von der Gräfin Rostow einen Absagebrief erhalten und Gerüchte gehört, daß dein Schwager sich um ihre Hand bemüht oder etwas der Art. Ist es wahr?«
    »Es ist wahr und nicht wahr«, begann Peter, aber Fürst Andree unterbrach ihn: »Hier sind ihre Briefe und ihr Porträt!« Er nahm das Paket vom Tisch und übergab es Peter.
    »Übergib das der Gräfin ... wenn du sie siehst!«
    »Sie ist sehr krank«, sagte Peter.
    »Sie ist also noch hier?« fragte Andree, »und Fürst Kuragin?«
    »Er ist schon lange abgereist. Sie war dem Tode nahe.«
    »Ich bedaure sehr ihre Krankheit«, sagte Fürst Andree mit einem kalten, bösen, unangenehmen Lachen, das dem seines Vaters glich.
    »Aber Herr Kuragin hat wahrscheinlich die Gräfin Rostow seiner Hand nicht würdig befunden?« sagte Andree und schnaubte mehrmals.
    »Er konnte nicht heiraten, weil er schon verheiratet war«, sagte Peter.
    Fürst Andree lachte spöttisch nach Art seines Vaters. »Wo ist er jetzt, dein Schwager, kann ich ihn sehen?«
    »Er ist nach Petersb... ich weiß nicht genau«, erwiderte Peter.
    »Das ist ganz gleichgültig«, sagte Andree. »Sage der Gräfin Rostow, daß sie vollkommen frei war und ist, und daß ich ihr das Beste wünsche.«
    Peter ergriff das Paket Papiere. Fürst Andree blickte ihn einen Augenblick schweigend an, als ob er nachdenke, ob er nicht noch etwas zu sagen habe, oder als ob er erwartete, ob Peter ihm noch etwas sagen werde.
    »Hören Sie mich an! Erinnern Sie sich unseres Streits in Petersburg?« sagte Peter.
    »O ja«, erwiderte Andree rasch, »ich sagte, einer gefallenen Frau müßte man verzeihen. Aber ich habe nicht gesagt, daß ich verzeihen könne. Ich kann es nicht.«
    »Kann man es vielleicht wieder gutmachen?« sagte Peter, aber Andree unterbrach ihn.
    »Ja, nochmals um ihre Hand bitten, großmütig sein und dergleichen! Ja, das wäre sehr edel! Aber ich bin nicht imstande, den Spuren dieses Herrn zu folgen. Willst du mein Freund sein, so sprich niemals mit mir davon. Nun, Adieu! Du wirst es ihr übergeben?«
    Peter ging zu dem alten Fürsten und Marie.
    Der Alte schien heiterer als gewöhnlich zu sein, Marie aber war ebenso wie immer, aber auch in ihrem Mitgefühl für ihren Bruder sah Peter ihre Freude darüber, daß die Heirat ihres Bruders vereitelt war. Peter begriff, welche Verachtung und Wut sie alle gegen die Rostows hegten. Bei Tisch wurde über den bevorstehenden Krieg gesprochen. Fürst Andree sprach beständig, bald stritt er mit seinem Vater, bald mit Desalles, dem schweizerischen Erzieher. Peter aber erkannte sehr wohl die Ursache dieser Spannung und Lebhaftigkeit.

132
    An demselben Abend machte Peter einen Besuch bei dem Grafen Rostow, um seinen Auftrag auszuführen. Natalie lag im Bett, und der Graf war im Klub. Peter übergab die Briefe Sonja und ging zu Maria Dmitrijewna, welche sehr gespannt darauf war, zu erfahren, wie Fürst Andree die Nachricht aufgenommen habe. Nach zehn Minuten kam Sonja zu Maria Dmitrijewna.
    »Natalie wünscht durchaus den Grafen Peter Kirilitsch zu sehen«, sagte sie.
    »Aber soll ich ihn zu ihr führen? Bei euch ist nicht aufgeräumt«, sagte Maria Dmitrijewna.
    »Nein, sie hat sich angekleidet und ist in den Saal gegangen«, erwiderte Sonja. Maria Dmitrijewna zuckte mit den Achseln.
    »Sie quält mich immer mit Fragen, wann die Gräfin komme. Nimm dich in acht, sage ihr nicht alles«, wandte sie sich zu Peter. »Sie spricht kein böses Wort, sie ist nur immer traurig.«
    Natalie stand mitten im Saal mit bleichem, ernstem Gesicht, aber durchaus nicht beschämt, wie Peter erwartet hatte. Peter ging rasch auf sie zu, in der Erwartung, daß sie ihm wie immer die Hand reichen werde. Aber sie kam ihm entgegen, blieb vor ihm stehen, atmete schwer auf und ließ kraftlos die Arme sinken.
    »Peter Kirilitsch«, sagte sie hastig, »Fürst Bolkonsky war Ihr Freund und ist es noch. Er sagte mir damals, ich solle mich an Sie wenden ...« Peter blickte sie schweigend an. Er hatte sich bemüht, sie zu verachten, aber jetzt brachte das Mitleid alle Vorwürfe zum Schweigen.
    »Er ist jetzt hier, sagen Sie ihm ... er möge mir vergeben ... vergeben!« Sie schwieg und atmete noch hastiger, weinte aber nicht.
    »Ja, das werde ich ihm sagen«, erwiderte Peter, »aber

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