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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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übertriebene Gerüchte. Es hieß, der Kaiser reise ab, weil die Armee in Gefahr sei, Smolensk sei übergeben, Napoleon habe eine Million Soldaten und nur ein Wunder könne Rußland retten. Am 11. Juli endlich erschien das Manifest. Peter, welcher bei Rostows war, versprach, am nächsten Tage, sonntags, das Manifest und den Aufruf zu bringen, die er beim Grafen Rostoptschin erhalten werde.
    Am nächsten Sonntag fuhren Rostows nach ihrer Gewohnheit zur Frühmesse in die Hauskapelle der Fürstin Rasumowsky. Es war ein heißer Julitag. Die ganze vornehme Welt Moskaus, alle Bekannten Rostows waren in der Kirche. Sehr viele reiche Familien, welche sonst gewöhnlich aufs Land reisten, waren in diesem Jahre in der Stadt geblieben. Als Natalie neben ihrer Mutter durch die Reihen schritt, vernahm sie die Stimme eines jungen Mannes, der etwas zu laut seinem Begleiter zuflüsterte: »Das ist die Rostow! Wie hager! Aber doch schön!«
    Sie glaubte noch zu hören, daß die Namen Kuragin und Bolkonsky genannt wurden. Natalie ging in ihrem dunkelroten, mit schwarzen Spitzen besetzten Seidenkleide durch die Menge, wie nur Damen zu gehen verstehen – um so ruhiger und majestätischer, je mehr sie sich innerlich bekümmert und beschämt fühlte. Sie stand neben ihrer Mutter und nickte einigen Bekannten zu. Nach ihrer Gewohnheit betrachtete sie die Toiletten der Damen, beobachtete ihre Haltung und die unrichtige Art, wie eine kleine Dame in der Nähe sich bekreuzigte, und dann dachte sie mit Bedauern daran, daß man sie richte, und daß sie auch andere richte, und als sie die Worte des Gottesdienstes vernahm, entsetzte sie sich über die Sündhaftigkeit und darüber, daß ihre frühere Reinheit wieder verloren sei. Ein Greis von ehrwürdigem Aussehen las mit der milden Feierlichkeit, welche so majestätisch und beruhigend auf die Seelen der Betenden einwirkt, ein Gebet für den Sieg der russischen Waffen und die Errettung des Vaterlandes. In dem Zustand reuevoller, geistiger Empfänglichkeit, in dem sich Natalie befand, wirkte dieses Gebet stark auf sie ein. Sie hörte jedes Wort von dem Sieg Moses über die Amalekiter, und Davids über Goliath und von der Zerstörung Jerusalems und betete zu Gott mit jener Rührung und Demut, die ihr Herz erfüllte. Aber sie begriff nicht vollständig, um was sie in diesem Gebet Gott bat. Ihr Herz war voll von Andacht und von zitternder Furcht vor der Strafe, welche die Menschen für ihre Sünden erwartete, und sie bat Gott darum, sie allen zu vergeben und allen Ruhe und Glück im Leben zu verleihen. Sie war überzeugt, daß Gott ihr Gebet erhören werde.

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    Von dem Tage an, als Peter von Rostows nach Hause ging und, sich an den dankbaren Blick Natalies erinnernd, den am Himmel stehenden Kometen betrachtete, fühlte er, daß etwas Neues ihm bevorstand, und der ihn beständig quälende Gedanke an die Eitelkeit und Sinnlosigkeit alles Irdischen tauchte nicht wieder auf. »Sie hat mich gebeten, sie wieder zu besuchen, und ich liebe sie, niemand aber wird das jemals erfahren«, dachte er.
    Peter führte noch immer dasselbe müßige Leben, zu dem ihn seine zahlreichen Bekanntschaften unwillkürlich hinzogen. In letzter Zeit aber, als vom Kriegsschauplatz bedenkliche Gerüchte kamen, und als die Gesundheit Natalies sich besserte und nicht mehr jenes sorgenvolle Mitleid in ihm erweckte, wurde er mehr und mehr von einer ihm unbegreiflichen Unruhe verfolgt. Er fühlte, daß die Lage, in der er sich befand, nicht lange dauern könne, daß eine Katastrophe herannahte, welche sein ganzes Leben ändern mußte, und er suchte mit Ungeduld in allem nach Anzeichen dieser herannahenden Katastrophe. Ein Freimaurer hatte ihm eine aus der Offenbarung Johannis entnommene Prophezeiung in bezug auf Napoleon mitgeteilt. Im dreizehnten Kapitel, im achtzehnten Vers ist gesagt: »Hier ist Weisheit. Wer Verstand hat, der überlege die Zahl des Tieres, denn es ist eines Menschen Zahl, und seine Zahl ist 666.« Und in demselben Kapitel, im fünften Vers ist gesagt: »Und es wird ihm gegeben ein Mund, zu reden große Dinge und Lästerung, und es wird ihm gegeben zu herrschen zweiundvierzig Monate lang.«
    Die französischen Buchstaben haben, wenn man sie wie das hebräische Zahlensystem betrachtet, nach welchem die ersten zehn Buchstaben Einer und die übrigen Zehner bedeuten, folgende Bedeutung:
a
b
c
d
e
f
g
h
i
k
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    Er schrieb

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