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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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sich Desalles bei der Fürstin Marie melden, um ihr zu sagen, da der Fürst nicht ganz gesund sei und keinerlei Maßregeln für seine Sicherheit ergreife, während aus dem Briefe des Fürsten Andree zu ersehen sei, daß ein längerer Aufenthalt in Lysy Gory nicht ungefährlich sei, so rate er ihr höflich, selbst einen Brief an den Gouverneur von Smolensk durch Alpatitsch zu senden, mit der Bitte, ihr Nachricht zu geben über die Lage der Dinge und über die etwa vorhandene Gefahr für Lysy Gory. Desalles schrieb für die Fürstin Marie den Brief an den Gouverneur, den sie unterschrieb und Alpatitsch übergab mit dem Auftrag, ihn dem Gouverneur selbst zu übergeben, und im Fall Gefahr vorhanden sei, so schnell als möglich zurückzukehren.
    Nachdem Alpatitsch endlich alle Aufträge erhalten hatte, ergriff er Mütze und Stock und bestieg in Gegenwart aller Hofleute eine leichte Kibitka mit einem munteren Dreigespann und fuhr ab.
    Unterwegs begegnete und überholte Alpatitsch Wagenzüge und Truppen. Als er Smolensk erreichte, hörte er in der Ferne Schüsse. Indessen seit dreißig Jahren war Alpatitsch nur gewohnt, dem Willen des Fürsten zu folgen, alles, was sich nicht auf die Erfüllung eines Befehls des Fürsten bezog, interessierte ihn nicht und existierte nicht für ihn.
    Am Abend des 4. August kam Alpatitsch in Smolensk an und kehrte jenseits des Dnjepr in der Vorstadt in einem Gasthof eines gewissen Ferapontow ein, wie schon seit vielen Jahren. Er war ein dicker, schwarzhaariger, vierzigjähriger Bauer mit rotem Gesicht und dicken Lippen.
    Ferapontow stand in Hemdärmeln vor seinem Laden an der Straße. Als er Alpatitsch erblickte, kam er ihm entgegen.
    »Willkommen, Jakob Alpatitsch«, sagte der Wirt, »das Volk läuft fort aus der Stadt, und du kommst herein?«
    »Warum fort?« fragte Alpatitsch.
    »Ich sage auch, das Volk ist dumm, alles fürchtet sich vor den Franzosen.«
    »Altweibergeschwätz!« knurrte Alpatitsch.
    »Das meine ich auch, Jakob. Ich sage dir, es ist ja ein Befehl erlassen worden, den Franzosen nicht einzulassen. Aber jetzt verlangen die Bauern schon drei Rubel für eine Fuhre.«
    Alpatitsch hörte zerstreut zu, verlangte einen Samowar und Heu für die Pferde, trank Tee und legte sich schlafen. Die ganze Nacht über zogen Truppen vorüber. Am andern Morgen legte Alpatitsch eine Jacke an, die er nur in der Stadt trug, und ging aus, um seine Aufträge zu besorgen. Es war ein sonniger Morgen, und schon um acht Uhr früh war es heiß.
    »Ein kostbarer Tag für die Ernte«, sagte er.
    Vom frühen Morgen an hörte man vor der Stadt Gewehrfeuer und Kanonendonner. Die Straßen waren voll Soldaten, Droschken fuhren hin und her, wie gewöhnlich, und die Krämer standen müßig vor ihren Läden. Alpatitsch besorgte seine Aufträge bei verschiedenen Behörden, auf der Post und beim Gouverneur; überall sprach man vom Krieg und vom Feind, der vor der Stadt stand.
    Vor dem Hause des Gouverneurs stand eine Volksmenge und der Reisewagen des Gouverneurs, der ihn erwartete, von einer Anzahl Kosaken begleitet. Vor dem Eingang begegnete er zwei Herren, von denen er den einen, einen früheren Beamten, kannte.
    »Das ist kein Spaß!« sagte dieser heftig. »Für einen Unverheirateten ist es etwas anderes, er hat nur für sich zu sorgen, aber wenn man dreizehn Kinder hat, und das ganze Vermögen in Gefahr ist! ... Ist es erhört, daß die Behörde die Sache so weit kommen läßt? Hängen müßte man sie!«
    »Aber beruhigen Sie sich doch! Man hört Sie!«
    »Das ist mir gleichgültig, jeder kann es hören.«
    »Oho, Jakob Alpatitsch, was machst du hier?«
    »Ich komme auf Befehl Seiner Exzellenz zum Gouverneur«, erwiderte Alpatitsch mit einiger Würde, indem er die Hand in die Weste steckte, wie immer, wenn er von seinem Herrn sprach. »Ich soll mich erkundigen, wie die Sachen stehen.«
    »Gehe nur hinein und erkundige dich! Du wirst bald erfahren, daß kein Wagen mehr zu finden ist. Hörst du das Schießen! Nun, da hast du's! Die Schurken haben uns zum Untergang geführt.«
    Alpatitsch stieg die Treppe hinauf. Der Wartesaal war angefüllt von Kaufleuten, Weibern und Beamten. Als die Tür zum Kabinett sich öffnete, erhoben sich alle und drängten vorwärts. Ein Beamter kam mit bestürzter Miene heraus, sprach einige Worte mit einem Kaufmann und rief einen anderen Beamten, der ein Kreuz um den Hals trug, herbei. Dann verschwand er mit ihm, ohne auf die Fragen, die von allen Seiten an ihn gerichtet wurden, zu

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