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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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antworten. Alpatitsch drängte sich in die vordere Reihe, und als derselbe Beamte wieder erschien, reichte er ihm seine zwei Briefe und steckte die Hand wieder in seine Weste.
    »An den Herrn Baron Asch von dem General, Fürsten Bolkonsky«, sagte er mit so feierlicher Würde, daß der Beamte die Briefe sogleich zum Gouverneur hineinbrachte.
    Wenige Augenblicke darauf wurde Alpatitsch gerufen. »Sage dem Fürsten«, begann der Gouverneur hastig, »ich wisse nichts, und höheren Instruktionen zufolge ... Da nimm das! ...« Er reichte ihm ein bedrucktes Blatt. »Der Fürst ist leidend, ich rate ihm, nach Moskau zu ziehen, ich selbst gehe dahin! ... Sage ihm auch, ich habe nicht ...« Aber er wurde unterbrochen. Ein mit Staub und Schweiß bedeckter Offizier stürzte in das Zimmer und sagte einige französische Worte zu dem Gouverneur, dessen Miene darauf Schrecken ausdrückte.
    »Nun geh, geh!« sagte er zu Alpatitsch mit einem Kopfnicken. Alpatitsch ging, begleitet von den unruhigen Blicken der Wartenden. Er kehrte eilig in seinen Gasthof zurück und horchte jetzt gespannt auf das Gewehrfeuer, das näher kam. Auf dem Papier, das er vom Gouverneur erhalten hatte, stand gedruckt:
    »Ich kann die Versicherung geben, daß der Stadt Smolensk noch keine Gefahr droht. Ich marschiere von der einen Seite und Fürst Bagration von der anderen auf die Stadt zu, um uns hier am 22. zu vereinigen, und die Armeen werden dann vereint das ihnen anvertraute Gouvernement verteidigen, bis sie den Feind des Vaterlandes zurückgeworfen haben, oder bis kein Soldat mehr übrigbleibt. Sie sehen, Herr Gouverneur, daß Sie die Einwohner Smolensks vollkommen beruhigen können, welche von zwei so tapferen Armeen, wie die unsrigen, verteidigt werden.« (Tagesbefehl des Generals Barclay de Tolly an den Gouverneur von Smolensk, Baron Asch. 1812.)
    Das Volk drängte sich unruhig in den Straßen, fortwährend sah man Wagen, welche mit Möbeln und Habseligkeiten aller Art beladen waren, aus den Höfen der Häuser herauskommen und sich nach den Toren der Stadt zu bewegen. Auch vor dem Laden neben Ferapontows Haus standen einige Wagen, Weiber weinten und nahmen Abschied voneinander. Alpatitsch ging in den Hof und trat mit ungewohnter Eilfertigkeit an seinen Wagen, weckte den Kutscher und befahl ihm, einzuspannen und seine Sachen aus dem Hause herbeizuholen. Aus dem Zimmer des Wirtes hörte man Kinder und Weiber schreien und die grobe, zornige Stimme Ferapontows. Die Köchin kam wie ein gejagtes Huhn herausgelaufen.
    »Er hat sie geschlagen! Die Frau hat er halbtot geschlagen!« schrie sie.
    »Warum?« fragte Alpatitsch.
    »Weil sie ihn gebeten hat, er soll sie abfahren lassen. ›Führe mich fort!‹ hat sie gesagt. ›Lasse mich nicht mit meinen Kindern hier sterben! ... Du siehst ja, alle gehen fort, warum bleiben wir noch?‹ Nun, und dann hat er sie geschlagen! Oh! Oh! Oh!«
    Alpatitsch verriet wenig Neugierde und ging in das Zimmer, das seine Einkäufe enthielt.
    »Bösewicht! Mörder!« schrie in diesem Augenblick ein bleiches, hageres Weib, das mit zerrissenen Kleidern und mit einem Kind an der Brust die Treppe herabgelaufen kam. Ferapontow stürzte ihr nach, aber als er Alpatitsch erblickte, hielt er an, zog seine Weste zurecht, gähnte, reckte die Arme und ging mit ihm ins Zimmer.
    »Wie? Willst du fort?«
    Ohne zu antworten, musterte Alpatitsch seine Einkäufe und verlangte seine Rechnung.
    »Das hat noch Zeit. Aber sage mir doch, was macht der Gouverneur? Was wird jetzt geschehen?«
    Alpatitsch erzählte ihm, was er dort gesehen hatte.
    »Wir werden vielleicht gute Geschäfte machen. Weißt du, Seliwanow hat neulich Mehl an die Armee verkauft, zu neun Rubel den Sack! ... Willst du Tee?«
    Während man anspannte, trank Alpatitsch mit Ferapontow einige Tassen unter gemütlichem Gespräch über Getreidepreise und Ernteaussichten. »Jetzt ist's ruhiger geworden«, sagte Ferapontow. »Wahrscheinlich haben die Unsrigen gesiegt. Es ist befohlen worden, den Feind nicht hereinzulassen, und dabei bleibt's. Neulich hat der General Platow achtzehntausend Mann ins Wasser geworfen.«
    Alpatitsch bezahlte seine Rechnung, sein Wagen fuhr aus dem Hof hinaus und blieb vor der Hofpforte stehen. Es war Mittag vorüber.
    Plötzlich wurde ein fernes, seltsames Pfeifen gehört, auf das ein dumpfes Rollen folgte, unter dem die Fenster zitterten. Alpatitsch verließ das Fenster und ging in die Straße hinab. Zwei Männer liefen nach der Brücke zu. Von allen Seiten

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