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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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das Schreien der Volksmenge, der Anblick der aufsteigenden Rauchwolken, der umherfliegenden Funken und der an den Wänden emporleckenden Flammen, die Hitze und der Rauch – das alles brachte auf Peter die gewöhnliche, aufregende Wirkung einer Feuersbrunst hervor. Jetzt fühlte er sich frei von dem Druck seiner Gedanken, er war heiter und entschlossen und wollte schon in den Teil des Hauses eindringen, der noch stand, als er gerade über seinem Kopf mehrere Stimmen vernahm, worauf etwas Schweres mit lautem Krachen neben ihn niederfiel.
    Peter blickte in die Höhe und sah in den Fenstern des Hauses Franzosen, welche eine Kommode, in der sich metallische Gegenstände befanden, herausgeworfen hatten. Andere französische Soldaten, die unten standen, stürzten auf die Kommode zu.
    »Was will dieser da?« schrie einer der Franzosen.
    »Ein Kind ist in diesem Hause! Haben Sie nicht ein Kind gesehen?« fragte Peter.
    »Was schwatzt er da? Geh zum Teufel!« schrie die Stimme, und einer der Soldaten, welcher befürchten mochte, daß Peter ihnen das Silberzeug wegnehmen werde, das sich in der Kommode befand, trat mit drohender Gebärde auf ihn zu.
    »Ein Kind?« schrie von oben ein Franzose. »Ich habe im Garten etwas schreien gehört, vielleicht ist das ein Kind! Nun, man muß doch menschlich sein!«
    »Wo ist es? Wo ist es?« fragte Peter.
    »Hierher!« rief ihm der Franzose vom Fenster aus zu und deutete auf den Garten hinter dem Hause. »Warten Sie, ich werde sogleich herabkommen!« Und wirklich sprang ein kleiner, schwarzhaariger Franzose, mit einem Flecken auf der Wange, durchs Fenster des unteren Stockes, klopfte Peter auf die Schulter und lief mit ihm in den Garten.
    »Heda! Rasch!« rief er seinen Kameraden zu. Hinter dem Hause, auf einem mit Sand bestreuten Gartenweg, zog der Franzose Peter am Arm und deutete nach einer Bank, unter welcher ein dreijähriges Mädchen in einem rosafarbigen Kleidchen lag. »Sehen Sie, da ist Ihr Kind! Ach, ein Mädchen! Um so besser!« sagte der Franzose. »Auf Wiedersehen, dicker Freund!« Damit lief er zu seinen Kameraden zurück. Freudig lief Peter auf das Mädchen zu und wollte es auf den Arm nehmen, aber das Mädchen schrie und wollte davonlaufen. Peter erfaßte es jedoch und hob es auf den Arm, während es verzweifelt und boshaft schrie und sich von Peter loszureißen und ihn zu beißen suchte. Ein Gefühl des Mitleids und des Widerwillens ergriff Peter. Er überwand es und beeilte sich, den Rückweg aufzusuchen. Aber es war nicht mehr möglich, auf demselben Wege zurückzukehren. Aniska war verschwunden, und Peter lief durch den Garten, um einen anderen Ausweg zu suchen.

205
    Als Peter wieder in die Powarstraße kam, erkannte er die Stelle nicht mehr, von welcher er ausgegangen war, um das Kind zu retten, so sehr war alles von Volksmassen und Habseligkeiten überfüllt. Peter suchte eilig die Familie des Beamten, um der Mutter ihr Kind wiederzugeben, und dann vielleicht noch jemand zu retten. Es war ihm zumute, als ob er noch viel Eiligeres zu tun hätte. Die Kleine war verstummt und blickte sich mit wilden Blicken um. An der Stelle fand Peter weder den Beamten noch seine Frau vor. Mit raschen Schritten drängte sich Peter durch das Volk und betrachtete die Gesichter. Bald sammelten sich einige Leute um die auffallende Gestalt Peters.
    »Hast du etwas verloren? Wem gehört das Kind?« wurde er gefragt.
    Peter antwortete, das Kind gehöre einer Frau mit einem schwarzen Mantel, welche an dieser Steile mit Kindern gesessen habe.
    »Ach, das muß Anferow gewesen sein«, sagte ein alter Kirchensänger.
    »Wieso Anferow?« fragte ein altes Weib. »Anferows sind schon am Morgen davongefahren. Das war entweder Maria Nikolaijewna oder Iwanows.«
    »Er sagte, es sei ein Weib gewesen, aber Maria Nikolaijewna ist eine Dame«, bemerkte ein Leibeigener.
    »Nun, ihr werdet sie kennen, sie hat solche langen Zähne und ist hager«, bemerkte Peter.
    »Das ist Maria Nikolaijewna! Sie ist in den Garten gegangen, als diese Wölfe da gekommen sind«, sagte das Weib, auf die französischen Soldaten deutend. »Gehen Sie nur da hindurch, dort sind sie!«
    Aber Peter hörte nicht auf das Weib. Schon seit einigen Augenblicken beobachtete er, was einige Schritte von ihm entfernt vorging. Dort saß eine grusinische oder armenische Familie, welche aus einem alten Mann, einem Typus orientalischer Schönheit, mit einem neuen Kaftan und neuen Stiefeln, sowie aus einer alten Frau desselben Typus und einer

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