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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Schande sein, wenn ich frage? Nun, gleichviel!« Errötend blickte er die Offiziere an, deren Spott er fürchtete, und fragte: »Kann ich nicht diesen Jungen hierherrufen und ihm etwas zu essen geben?«
    »Ja, der arme Junge!« sagte Denissow. »Man muß ihn hierherrufen.«
    »Ich werde ihn rufen«, sagte Petja.
    »Ja, rufe ihn!« wiederholte Denissow.
    Petja war schon an der Tür, als Denissow das sagte. Er wand sich zwischen den Offizieren durch und ging wieder auf Denissow zu. »Erlauben Sie mir, Sie zu küssen! Ach, wie schön! Wie schön!« Dann blieb er an der Tür stehen und rief hinaus: »Vincent!«
    »Was wünschen Sie, Herr?« fragte eine Stimme aus der Dunkelheit. Petja antwortete, man solle den kleinen Franzosen bringen.
    »Er ist dort beim Feuer und wärmt sich! He, Vissent! Vissent!« schrie der Kosak lachend.
    »Ein geriebener Junge«, sagte ein Husar neben Petja. »Wir haben ihm zu essen gegeben, er war schrecklich hungrig.«
    Bald erschien der Trommelschläger an der Tür.
    »Ach, Sie sind's!« sagte Petja französisch. »Wollen Sie essen? Fürchten Sie sich nicht! Treten Sie ein!«
    »Ich danke, Monsieur!« erwiderte der Trommelschläger mit zitternder, fast kindlicher Stimme. Petja wollte ihm noch viel sagen, wagte es aber nicht. In der Dunkelheit ergriff er seine Hand und drückte sie. »Kommen Sie herein!« wiederholte er flüsternd.
    Als der Trommelschläger in die Hütte eingetreten war, setzte sich Petja entfernt von ihm nieder, da er es für erniedrigend hielt, ihm seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Aber in der Tasche hielt er Geldstücke in der Hand und war im Zweifel, ob es nicht eine Schande sei, sie dem Trommelschläger zu geben.

236
    Nach Tische ging Petja hinaus. Vor der Hütte saßen die Kosaken und unterhielten sich auf ihre Weise mit heiteren, zuweilen aber plumpen Scherzen.
    Petja hatte schon viel von der Tapferkeit und Grausamkeit Dolochows gehört, und als Dolochow in die Hütte trat, wandte Petja keinen Blick von ihm ab. Dolochow sah jetzt aus wie der stutzerhafteste Gardeoffizier. Er nahm in der Ecke seinen nassen Mantel ab, trat auf Denissow zu, und ohne sich mit irgend jemand zu begrüßen, fragte er sogleich, wie die Sachen stehen. Denissow teilte ihm seine Pläne mit und alles, was er von den Franzosen wußte.
    »Schön, aber wir müssen noch wissen, wie viele Truppen und welcher Art sie sind, sonst kann man sich auf die Sache nicht einlassen. Ich liebe in allem Pünktlichkeit. Will nicht einer der Herren mit mir ins französische Lager reiten? Ich habe auch eine französische Uniform.«
    »Ich ... ich ... ich reite mit Ihnen!« rief Petja.
    »Das ist ganz überflüssig«, sagte Denissow zu Dolochow. »Und diesen da lasse ich keinenfalls mitgehen.«
    »Oho!« rief Petja. »Warum soll ich nicht gehen?«
    »Darum, weil ich es keinenfalls erlaube.«
    »Nun, entschuldigen Sie mich, aber ich gehe, dabei bleibt's! Sie nehmen mich doch mit?« fragte er Dolochow.
    »Warum nicht?« erwiderte Dolochow zerstreut, indem er den französischen Trommelschläger ansah. »Hast du den Kleinen schon lange?« fragte er Denissow.
    »Wir haben ihn heute gefangen, aber er weiß nichts, und so habe ich ihn bei mir behalten.«
    »Nun, und wohin schaffst du die übrigen?« fragte Dolochow.
    »Wohin? Ich sende sie fort gegen Quittung!« rief Denissow plötzlich errötend, »und ich kann wohl sagen, daß ich nicht einen einzigen Menschen auf meinem Gewissen habe. Es ist etwas schwerer, über dreihundertdreißig Mann unter Wache zur Stadt zu schicken, als ...«
    »Hier, diesem jungen Grafensöhnchen würde es passen, so zu sprechen«, sagte Dolochow mit kaltem Spott, »aber für dich schickt es sich nicht mehr.«
    »Wieso? Ich sage nur, daß ich jedenfalls mit Ihnen gehe«, bemerkte Petja schüchtern, und trotz aller Abmahnungen Denissows ließ sich Petja nicht mehr von seinem Vorhaben abbringen.

237
    In französische Uniformen verkleidet ritten Petja und Dolochow nach jener Waldlichtung, von welcher Denissow das französische Lager überblickt hatte. Es war bereits ganz dunkel, als sie den Abhang hinabritten. Dolochow befahl den ihn begleitenden Kosaken, ihn hier zu erwarten, und ritt im Trab den Weg entlang nach der Brücke. Petja ritt in großer Erregung neben ihm.
    »Lebendig werde ich mich nicht ergeben, ich habe eine Pistole«, flüsterte er.
    »Sprich nicht Russisch!« erwiderte Dolochow hastig.
    In demselben Augenblick hörte man in der Finsternis einen französischen Anruf: »Wer

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