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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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die Hand herabsinken und brach in Tränen aus.
    »Was ist dir, Natalie?« fragte die Fürstin Marie.
    »Nichts, nichts!« Sie lächelte durch Tränen Peter zu. »Leben Sie wohl! Es ist wohl Zeit, zu schlafen.« Peter stand auf und verabschiedete sich.
     
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    Marie und Natalie fanden sich wie immer im Schlafzimmer zusammen und sprachen über das, was Peter erzählt hatte. Fürstin Marie äußerte ihre Meinung über Peter nicht, und auch Natalie sprach nicht von ihm.
    »Weißt du, ich glaube, wir scheuen uns oft deshalb von ihm zu sprechen (von dem Fürsten Andree), weil wir fürchten, unsere Gefühle zu entweihen, und so vergessen wir ihn!«
    Marie seufzte schwer. »Kann man denn vergessen?« fragte sie.
    »Es war mir sehr angenehm, heute von ihm zu sprechen und doch zugleich schmerzhaft und schwermütig. Ich bin überzeugt, daß er ihn sehr liebte, und deshalb habe ich auch gesprochen. Es trifft mich doch kein Vorwurf dafür?« fragte sie errötend.
    »O nein. Was ist das für ein vortrefflicher Mensch!«
    »Weißt du, Marie«, sagte Natalie mit einem schalkhaften Lächeln, wie es Marie seit langer Zeit auf ihrem Gesicht nicht mehr gesehen hatte, »er ist so rein, glatt und frisch geworden, als ob er gerade aus dem Bade käme! Ich meine, moralisch aus dem Bade, nicht wahr?«
    »Ja, er hat viel gewonnen!«
    »Und sein kurzer Überrock, und die geschnittenen Haare, wirklich, wie aus dem Bade!«

255
    Lange konnte Peter nicht einschlafen und ging im Zimmer auf und ab, bald mit trüber Miene, bald mit glücklichem Lächeln. »Was ist zu machen? Wenn es nicht anders geht! Was soll ich tun? Es muß so sein!« sagte er, als er sich um sechs Uhr hastig zu Bett legte in glücklicher Erregung, aber ohne Zweifel und Unschlüssigkeit.
    »Es muß sein! Alles muß geschehen, um sie zur Frau zu gewinnen«, sagte er zu sich selbst.
    Er hatte schon vor einigen Tagen seine Abreise nach Petersburg auf Freitag bestimmt, und als er am Donnerstag erwachte, fragte ihn Saweljitsch nach seinen Befehlen in betreff der Reisevorbereitungen.
    »Nach Petersburg? Wo ist Petersburg? Wer ist in Petersburg?« fragte er. »Ja, ja; früher, ehe dies vorfiel, wollte ich nach Petersburg fahren«, erinnerte er sich. »Gut, gut, ich werde auch reisen, vielleicht! Wie gut und aufmerksam er ist und an alles denkt«, dachte er mit einem Blick auf das Gesicht des alten Saweljitsch, »und was für ein angenehmes Lächeln! Höre, Saweljitsch, wünscht du dir immer noch nicht die Freiheit?« fragte Peter.
    »Was soll ich mit der Freiheit, Erlaucht? Bei dem verstorbenen Grafen, ihm sei das Himmelreich! haben wir gelebt, und auch bei Ihnen ist uns keine Beleidigung widerfahren.«
    »Nun, aber die Kinder?«
    »Auch die Kinder werden leben, Erlaucht! Bei solchen Herren ist gut leben!«
    »Aber mein Nachfolger?« fragte Peter. »Vielleicht heirate ich einmal plötzlich, das kann vorkommen«, fügte er lachend hinzu.
    »Das wäre sehr gut, mit Erlaubnis zu sagen, Erlaucht.«
    »Wie ihm dieser Gedanke leicht fällt«, dachte Peter. »Er weiß nicht, wie schrecklich, wie gefährlich das ist! Es ist immer zu früh oder zu spät... schrecklich!«
    »Belieben Sie morgen zu reisen?« fragte Saweljitsch.
    »Nein, ich werde es noch aufschieben. Entschuldige, daß ich dir Mühe machte! – Wie sonderbar, daß er nicht weiß, daß mir jetzt nichts an Petersburg liegt, und daß vor allem das entschieden werden muß! Aber wahrscheinlich weiß er es und verstellt sich nur. Soll ich mit ihm reden und ihn fragen, was er meint?« dachte Peter. »Nein, später einmal!«
    Zu Tisch fuhr Peter wieder zur Fürstin Marie. Bei der Fahrt wunderte er sich über die Schönheit der Ruinen. Die Schornsteine, die zerfallenen Mauern erinnerten ihn an den Rhein und an das Kolosseum in Rom. Die Fuhrleute, Zimmerleute und Krämer, alle, die ihm entgegenkamen, blickten ihn mit strahlenden Gesichtern an, als ob sie sagten: »Da ist er! Wir wollen sehen, was daraus werden wird.«
    Als er in das Haus trat, befielen ihn Zweifel daran, ob er wirklich gestern abend hier gewesen sei und mit Natalie gesprochen habe. »Vielleicht ist das nur Täuschung!« Aber kaum war er ins Zimmer eingetreten, so fühlte er schon ihre Anwesenheit. Sie trug dasselbe schwarze Kleid mit weichen Falten und dieselbe Frisur wie gestern, aber sie war doch ganz anders. Hätte sie gestern so ausgesehen, als er ins Zimmer trat, so hätte er sie sofort erkannt.
    Sie war jetzt dieselbe, wie er sie als Kind und als Braut des

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