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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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sie, die Augen zusammenziehend, »Ihr Bruder Hippolyt hat mir von Ihnen erzählt!« Sie drohte ihm mit dem Finger. »Schon in Paris habe ich von Ihren Streichen gehört.« Fräulein Bourienne verlor nicht die Gelegenheit, am allgemeinen Gespräch teilzunehmen, als Paris genannt wurde.
    Sie fragte Anatol, ob er Paris schon lange verlassen habe und wie es ihm gefallen habe. Anatol ließ sich gern mit ihr in ein Gespräch über ihr Vaterland ein.
    »Sehr hübsch«, dachte er, »diese kleine Gesellschafterin. Ich hoffe, die Fürstin wird sie mitnehmen, wenn sie mich heiratet. Sehr, sehr hübsch!«
    Während dieser Zeit kleidete sich der alte Fürst mit finsterer Miene in seinem Kabinett an. Er war über die Ankunft dieser Gäste verdrießlich. »Was soll ich mit diesem Fürsten Wassil und seinem Sohn? Der Alte ist ein Prahlhans, ein Schwätzer. Nun, und der Sohn wird auch nicht übel sein«, brummte er vor sich hin. Er war mißvergnügt darüber, daß jetzt die immer aufgeschobene Frage, über die er sich selbst betrog, in den Vordergrund trat, nämlich die Frage, ob er sich entschließen könne, sich einmal von seiner Tochter zu trennen und sie einem Manne zu geben. Er hatte immer diese Frage vermieden. Ein Leben ohne Marie war dem alten Fürsten völlig undenkbar. Aber die Frage verlangte eine sofortige Entscheidung. Fürst Wassil hatte seinen Sohn augenscheinlich in der Absicht mitgebracht, einen Heiratsantrag zu machen. Sein Name, seine Stellung in der Welt waren vorzüglich.
    »Meinetwegen, ich habe nichts dagegen«, sagte der Fürst zu sich selbst, »aber er muß ihrer wert sein. Nun, und das wollen wir sehen! Das wollen wir sehen!« wiederholte er laut. »Das wollen wir sehen!« Und wie immer trat er mit rüstigen Schritten in den Saal und überblickte alle rasch. Er bemerkte die Veränderung in der Toilette der kleinen Fürstin, das Band der Mademoiselle Bourienne, die häßliche Frisur Maries, das Lächeln von Fräulein Bourienne und Anatol, sowie die Vereinsamung seiner Tochter im allgemeinen Gespräch.
    »Hat sich aufgedonnert wie eine Närrin«, dachte er mit einem zornigen Blick nach seiner Tochter. »Schämt sich nicht, und er will nichts von ihr wissen.«
    Er trat auf den Fürsten Wassil zu.
    »Nun, willkommen! Sehr erfreut, Sie zu sehen!«
    »Ich habe den kleinen Umweg nicht gescheut«, erwiderte Fürst Wassil, wie immer zuversichtlich und vertraulich. »Hier erlaube ich mir Ihnen meinen zweiten Sohn vorzustellen.«
    Der alte Bolkonsky sah Anatol an.
    »Hübscher Junge«, sagte er. »Nun, komm her, küsse mich!« Damit hielt er ihm die Wange entgegen.
    Anatol küßte den Alten und sah ihn neugierig und vollkommen ruhig an, in der Erwartung, daß sofort irgendeine Wunderlichkeit folgen werde, wie sein Vater vorausgesagt hatte. Man setzte sich. Der Alte schien aufmerksam den politischen Nachrichten und anderen Neuigkeiten zuzuhören, die ihm Fürst Wassil erzählte. Beständig aber blickte er nach Marie.
    »So schreibt man also aus Potsdam?« fragte er als Antwort auf die Worte des Fürsten Wassil. Dann erhob er sich und ging auf seine Tochter zu.
    »Du hast dich für die Gäste so geputzt, wie?« sagte er. »Schön! Sehr schön! Für die Gäste hast du eine neue Frisur gemacht, aber ich sage dir in Gegenwart der Gäste, untersteh dich nicht wieder, dich anders anzukleiden, ohne mich zu fragen.«
    »Entschuldigen Sie, Väterchen«, unterbrach ihn errötend die kleine Fürstin.
    »Sie haben Ihren freien Willen«, sagte der alte Fürst mit einem Kratzfuß, »aber sie soll sich nicht noch mehr verunstalten, sie ist schon häßlich genug.« Dann setzte er sich wieder, ohne weiter auf seine Tochter zu achten, welche dem Weinen nahe war.
    »Im Gegenteil, diese Frisur steht der jungen Fürstin sehr gut«, bemerkte Fürst Wassil.
    »Nun, Väterchen, junger Fürst, wie nennt man ihn?« sagte Fürst Bolkonsky zu Anatol, »komm hierher! Wir wollen miteinander reden und Bekanntschaft machen.«
    »Jetzt fängt der Spaß an«, dachte Anatol und setzte sich lächelnd neben den alten Fürsten.
    »Nun, mein Lieber, man sagt, Sie seien im Ausland erzogen worden. Das ist nicht so wie bei mir und deinem Vater, die vom Küster lesen lernten. Sagen Sie mir, mein Bester, Sie dienen jetzt in der Chevaliergarde?« Dabei sah er Anatol scharf an.
    »Nein, ich bin in die Armee übergetreten«, erwiderte Anatol, der mit Mühe sein Lachen unterdrückte.
    »Eh, schön! Sie wollen dem Kaiser und dem Vaterland dienen, mein Lieber. Jetzt

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