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Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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der Zeitbegriff war für ihn eine abstrakte Größe. Die irdische Vorgeschichte, die Zeitalter der griechischen und römischen Antike, das des Atoms und der Krieg der Gedanken  – ihm schien, während aller dieser Epochen gelebt zu haben und sie immer noch zu leben …
    Er hatte sich für diesen Knaben entschieden, weil er wusste, dass es ein Kind sein musste, das in enger Beziehung zu dem amphanischen Feld stand. Ob es sich nun um einen Adler, eine Gazelle oder einen Schmetterling handelte, er hatte jede Gestalt angenommen und eher ungeschickt versucht, den großen Stein zum Fliegen zu bringen. Und er hatte die Kühnheit des Knaben bewundert, ein Tabu zu brechen, und seine Beharrlichkeit trotz dessen Niederlagen geliebt. Denn diese Beharrlichkeit entsprang einem tiefen Verlangen und war nicht aus einer plötzlichen Laune heraus geboren.
     
    Der Narr der Berge wachte die ganze Nacht. Er trug einen großen Teil des Leids der Ameuryner. Der Knabe schlief, nur manchmal zuckten seine Glieder und sein Körper, dann verzerrte sich sein Gesicht vor Entsetzen.
    Als der Morgen dämmerte, war der Himmel klar und rein. Die Vögel begrüßten mit fröhlichem Gezwitscher das helle Blau des neuen Tages. Dies war die Gestalt, in die er sich auf diesem Planeten am liebsten verwandelte … Denn sein Aufenthalt hier neigte sich dem Ende
zu: Er hörte den Ruf aus der anderen Welt. Er wurde immer drängender.
    Der Knabe öffnete ein Auge. Ein Sonnenstrahl fiel durch den Höhleneingang. Zuerst wusste er nicht, wo er war, warum er in dieser Grotte auf dem Strohlager schlief. Er musterte den schwarzhaarigen Mann, der sich über einen Tontopf neben einem kleinen Feuer beugte. Dann fielen ihm die Ereignisse des vergangenen Tages wieder ein, und er weinte.
    Der Narr der Berge umarmte ihn. »Weine nicht mehr, Shari Rampouline. Von nun an hast du alle Brücken zur Vergangenheit abgebrochen. Die Welt ist neu, und vor uns liegen unendlich viele Wege. Wir müssen nur den richtigen wählen. Aber jetzt musst du essen, damit du wieder zu Kräften kommst. Dann gehen wir zum Vulkan von Exod. Das ist ungefährlich, denn die Schattenwesen und die weiß maskierten Mörder sind bereits wieder abgereist.«
    Nach einer einfachen Suppe aus Kräutern und Wurzeln gingen die beiden zum Vulkan. Der holprige Weg war voller Pfützen. Sie brauchten nicht einmal die Treppe hochsteigen, weil ein großes Loch am Fuß der Außenwand klaffte.
    Völlig verblüfft blieb Shari stehen. Der Krater war nackt, schwarz verbrannt. Es sah aus, als habe es nie eine Stadt gegeben.
    »Diese Kreaturen verfügen über sehr effiziente Zerstörungsapparate«, sagte der Narr der Berge. »Nichts bleibt übrig. Staub ist wieder zu Staub geworden … Auch du wärst zu schwarzem Staub geworden, hätte deine Mutter dir nicht ihr Leben geschenkt … Doch jetzt müssen wir gehen, und du musst alle unnützen Erinnerungen aus deinem
Gedächtnis verbannen, damit du dein Herz für die Wunder öffnen kannst, die dich erwarten.«
    Sie gingen, und Shari wandte sich nicht ein einziges Mal um, als sie den Weg zum Hymlyas-Gebirge einschlugen. Die aufgehende Sonne warf einen rosigen Schein auf die schneebedeckten Gipfel.

VIERZEHNTES KAPITEL
    Sagenia, Trunkenheit aus purpurfarbener Seide,
Blutroter Schaum auf grünen Wogen,
In funkelndem Beben, in gischterfülltem Toben …
Doch deine Blütenkrone in stolzem Kleide
Reckt sich empor gleich fürstlichem Geschmeide.
     
    Sagenia, den Kampf der Elemente fürchtest du nicht.
Du trotzt den Gewalten,
Willst selber gestalten,
Bringst Freude und Licht.
Der tobende Herrscher des Himmels ist für dich nur ein Wicht.
     
    Sagenia, bricht an dann der Morgen so grau,
Weinst du am Gestade
Aus zerbrochener Jade
Tränen aus Blüten und Tau.
     
    Sind diese Tränen dein Blut
Oder das Verrinnen der Zeit, die niemals ruht?
     
    Gedicht des Schäfers Stanislav Nolustrist vom Planeten Marquisat. (Die Übersetzung des Gedichts gibt die lyrische Qualität des Textes
nur ungenügend wieder, die ein wesentliches Element der marquisatinischen Poesie ist. Die Blume Sagenia ist eine Art Riesenmohn …Anmerkung d. Ü. Messaodyne Jhû-Piet)

     
    T ixu Oty wachte mitten in einer unterhalb eines Hügels gelegenen Wiese wieder auf. Obwohl er bei seiner Abreise von Roter-Punkt benommen gewesen war, hatte er trotzdem die Hellsicht besessen, seine Ankunft auf dem Planeten Marquisat außerhalb der Hauptstadt Duptinat zu programmieren. Jetzt musste er sich auf die Suche nach

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