Krieger der Stille
vergessen – verwirrte ihn anfangs. Er nahm das Antra als etwas Fremdes in sich wahr, das er am liebsten von sich gestoßen hätte. Aber seine Versuche blieben fruchtlos, denn das Summen vibrierte ständig in ihm weiter. Also tolerierte er es, auch wenn er nicht wusste, wie er es nutzen konnte. Nach diesen Überlegungen schweiften seine Gedanken unweigerlich zu Aphykit, und eine unendliche Sehnsucht nach dieser Frau erfüllte ihn.
Er hatte sie umarmt, und sie, sie hatte ihm trotz ihres geschwächten Zustands das kostbare Geschenk, dieses Antra, gemacht. Also muss ich ihr etwas bedeuten, dachte Tixu. Aber dieser arrogante Krieger des Ordens der Absolution hat sie mitgenommen, und dieser Mann ist mir in fast allem überlegen. Und mein Plan, so schnell wie möglich nach Selp Dik zu gelangen, ist wahrscheinlich utopisch. Außerdem habe ich keine Ahnung, was ich dort tun soll, wenn ich erst einmal angekommen bin. Doch eine andere Möglichkeit sehe ich nicht. Hatte Long-Shu Pae nicht gesagt: Sollte es Ihr Schicksal sein, sie wiederzusehen, werden Sie sie wiedersehen … Ich muss diesen Weg zu Ende gehen, alle Risiken eingehen, auch wenn das alles mit einer schrecklichen Enttäuschung endet.
Kurz darauf ging er aus der Hütte, schritt über die Weide und verließ sie durch ein Gatter aus Holz. Plötzlich hörte er hinter sich eine tiefe Stimme. Er drehte sich um und stand vor einem riesigen Mann. Der Mann hatte wirres graues Haar und einen zotteligen Bart und sprach eine Sprache, von der Tixu kein Wort verstand. Er trug einen langen schwarzen Wollmantel, der über seine Lederstiefel fiel. Auf seinem Kopf saß seine spitze grüne Mütze, deren umgestülpten Rand er tief in die Stirn gezogen hatte, fast
bis über seine buschigen Augenbrauen. Seine imposante Statur und seine tiefe Stimme waren beeindruckend, aber aus seinen blassblauen Augen strahlte er Tixu freundlich und neugierig an.
Tixu zuckte mit den Schultern und deutete mit dem Zeigefinger auf seinen Mund. »Ich spreche Ihre Sprache nicht«, artikulierte er langsam, als spräche er zu einem Kind. »Ich bin kein Marquisatiner …«
Der Riese lachte laut. »Geben Sie sich keine Mühe, junger Mann. Man könnte meinen, Sie reden mit einem geistig Behinderten. Schon seit langem sind alle Marquisatiner, auch die Leute vom Land, zweisprachig. Uns allen ist das interplanetarische Nafle geläufig … Ich habe Ihnen nur gesagt, dass Sie meine Bovinen erschreckt haben. Sehen Sie, die Tiere grasen nicht mehr.«
»Entschuldigen Sie«, stammelte Tixu, »aber … hm … das wollte ich nicht … Ich habe solche Tiere noch nie gesehen.«
Wieder lachte der Riese laut und ließ dabei kräftige, leicht gelbe Zähne sehen.
»Die Bovinen, das ist eine Rinderrasse, die auf dem Planeten Marquisat gezüchtet wird. Aus welcher Welt kommen Sie?«
Tixu zögerte, eher er auf die unter ihnen liegende Stadt deutete: »Von da.«
Dem Riesen war das unmerkliche Zögern nicht entgangen. Er runzelte die Stirn und sagte dann: »Hm, ich habe den Eindruck, dass Sie nicht allzu viel über sich preisgeben wollen, mein Freund … Doch diese Vorsicht, die man früher als eine geradezu beleidigende Unhöflichkeit angesehen hätte, ist in diesen unsicheren Zeiten wahrscheinlich gerechtfertigt … Jetzt sind ja sogar unsere geheimsten Gedanken nicht
mehr in unseren Köpfen sicher, da ist es besser, wenn man auf der Hut ist … denn man muss schon bei Kleinigkeiten auf der Hut sein … also gut. Sie sind wahrscheinlich mit Hilfe einer dieser Reisemaschinen, die einen in Tausende von Teilchen aufspalten und hinterher wieder zusammensetzen, auf meiner Weide gelandet?«
»Ja, das heißt, ich …«, stotterte Tixu.
»Lassen Sie nur, ich will Sie nicht weiter quälen und ausfragen«, unterbrach ihn der Riese liebenswürdig. »Schließlich geht es nur Sie etwas an, warum Sie hierher gereist sind. Erlauben Sie mir nur, Ihnen einen Rat zu geben: Sollten Ihre Vorhaben – sagen wir mal – nicht redlich sein, müssen Sie sich vor den mentalen Inquisitoren in Acht nehmen. Erst vor Kurzem haben sie unseren Planeten überfallen, aber durch ihr geistiges Ausforschen haben sie bereits das gesamte Widerstandsnetz zerschlagen … Was ich Ihnen gesagt habe, könnte mir viel Ärger einbringen … Auf allen Plätzen in Duptinat errichten sie diese Feuerkreuze, die schrecklichsten Folterinstrumente, die ich je gesehen habe. Und alle Tempel werden auf Befehl des Kardinals der neuen offiziellen Religion, den
Weitere Kostenlose Bücher