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Krieger der Stille

Krieger der Stille

Titel: Krieger der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Kapuze tief in die Stirn, sodass man weder seine scharf geschnittenen Gesichtszüge mit der Adlernase noch sein üppiges flammendrotes Haar sehen konnte. Long-Shu Pae schlüpfte in eine mitternachtsblaue Jacke und setzte sich eine weiße Baumwollmütze auf.
    »Schämt Ihr Euch etwa Eurer Tonsur?«, fragte Filp Asmussa giftig. Seine guten Vorsätze schien er vergessen zu haben.

    Der Ritter maß ihn mit einem langen eiskalten Blick. Allein aus ästhetischen Gründen bedeckte er sein Haupt. Doch er zweifelte daran – schon wieder dieser Zweifel! –, dass sich dieser junge Hitzkopf davon überzeugen lassen würde.
     
    Die drei Männer tauchten im Gewirr der dunklen und verlassenen Gassen unter. Nur ein paar Lichtblasen, die von der nächtlichen Brise dahingetrieben wurden, schwebten über ihren Köpfen. Oft mussten sie über die Körper der Junkies hinwegsteigen, die auf den Trottoirs lagen, und von denen wohl einige Grünes Feuer nicht mehr aufgehen sehen würden. Bald hatten sie den großen rechteckigen Platz erreicht, der das Dach des Sklavenmarktes bildete.
    Der Platz war belebt. Es herrschte eine geradezu elektrisch aufgeladene Atmosphäre. Gaffer und Müßiggänger drängelten sich auf den schnurgeraden und gut beleuchteten Alleen. Sie alle wollten Zeuge des Spektakels werden, das sich unter ihnen in dem überfüllten Saal abspielte. Und sie begleiteten das Geschehen mit Aus- und Zwischenrufen und Kommentaren, die Qualität der armen Nackten betreffend, die in Käfigen mit Luftgittern exotischen Tieren gleich zur Schau gestellt wurden.
    Long-Shu Pae, Flip Asmussa und Kraouphas kämpften sich durch eine Gruppe zerlumpter Gestalten und kauerten sich an den Rand eines Dachfensters, worauf die anderen in empörtes Geschrei ausbrachen und wütende Drohungen ausriefen. Doch nachdem der Ritter einen einschüchternden Blick in die Runde geworfen hatte, beruhigten sich die Bettler wieder. Alle starrten – so gut es eben ging – durch das Fenster.
    Long-Shu Pae und Flip Asmussa richteten ihre Aufmerksamkeit
zuerst auf das Zentrum des Geschehens, auf ein rundes, von Scheinwerfern in grelles Licht getauchtes Podium. Doch selbst diesen sich kreuzenden Lichtbündeln gelang es nicht, den gesamten Saal zu erleuchten. In manche Luftkäfige konnte man nicht hineinsehen. In einigen Ecken wurden die Gefangenen partieweise verkauft. Da es auf ihr Aussehen nicht ankam – weil der Käufer ja die ganze Partie nehmen musste –, hatten die Verkäufer es nicht einmal für nötig gehalten, sie zu waschen oder ihnen ihre stinkenden Lumpen auszuziehen, die ihnen als Kleider dienten.
    »Ihr, ein Ritter, habt Ihr denn nie etwas getan, um diesem erbärmlichen Spektakel Einhalt zu gebieten?«, murmelte Filp Asmussa leise, aber mit vor unterdrückter Empörung zitternder Stimme. »Das alles hat sich doch praktisch unter Euren Augen abgespielt.«
    »Lasst endlich davon ab, über alles zu richten, Krieger!«, entgegnete Long-Shu Pae. »Derlei Verurteilungen trüben den Geist und verhindern ein freies, intuitives Handeln … Ihr solltet lieber versuchen, die Kräfteverhältnisse, die da unten vorherrschen, abzuschätzen.«
    Die Szenerie in der Halle wurde immer turbulenter, die Menge immer aufgeregter. Eine bunte Mischung aus verschiedensten Ständen und Bevölkerungsgruppen hatte sich hier getroffen: Individuen aus allen Welten. Wohlhabende Bürger, die leicht an ihren luxuriösen Kleidern zu erkennen waren, Polizisten in blauen Uniformen, die eigentlich für Ordnung sorgen sollten, aber von der Camorre bestochen worden waren, ihr nicht in die Quere zu kommen, Aussätzige, Bettler, nervös herumzappelnde Drogenabhängige.
    »Heute Abend haben sie sich wirklich alle hier versammelt«,
sagte Long-Shu Pae. »Seht Ihr den Dicken da unten? Das ist Glaktus, der Händler. Der momentane Besitzer der Syracuserin …«
    Ein Fettsack. Eine unförmige, schwabbelige Körpermasse, die in ein neoropäisches, pflaumenblaues und mit goldenen Pailletten besticktes Gewand gehüllt war. Sein halsloser Kopf schien direkt mit dem enormen Brustkorb verschmolzen, unter dem sich die Speckfalten seines Bauchs wölbten. Er saß auf drei nebeneinanderstehenden Stühlen.
    Glaktus jubilierte, lächelte affektiert und wedelte mit seinen weißen Wurstfingern, an denen Optalium-Ringe steckten. Seine Schminke war geschmolzen und floss in kleinen Bächen über sein Dreifachkinn. Ölige Schweißtropfen rannen aus seinem angeklatschten blonden Haar über Stirn, Schläfen

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