Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
Ihre Prellungen und Blutergüsse schmerzten, aber sie hatte schon Schlimmeres durchlitten. Sie saß unmittelbar über Elants Balkon auf dem Dach des Palastes, der einmal die Festung Wager gewesen war. Vins Ruf mochte unverdient sein, doch er hatte dazu beigetragen, Elants Leben zu erhalten. Obwohl Dutzende von Kriegsherren in dem Land gegeneinander kämpften, das einmal das Letzte Reich gewesen war, hatte es niemand gewagt, auf Luthadel zuzumarschieren.
Bis heute.
Feuer brannten vor der Stadt. Straff würde bald wissen, dass seine Attentäter nicht erfolgreich gewesen waren. Was dann? Ein Angriff auf die Stadt? Hamm und Keuler hatten gewarnt, dass Luthadel gegen einen entschlossenen Angriff nicht gehalten werden könnte. Das wusste Straff sicherlich.
Doch für den Augenblick befand sich Elant in Sicherheit. Vin war ziemlich gut darin geworden, Attentäter aufzuspüren und umzubringen. Es verging kaum ein Monat, in dem sie nicht jemanden erwischte, der sich in den Palast zu stehlen versuchte. Viele waren bloß Spione, und nur bei wenigen von ihnen handelte es sich um Allomanten. Doch schon das Stahlmesser eines gewöhnlichen Mannes reichte aus, um Elant zu töten; dazu bedurfte es nicht unbedingt eines Glasdolches.
Sie würde es nicht zulassen. Was immer auch sonst geschehen mochte – und welche Opfer erforderlich sein würden –, Elant musste am Leben bleiben.
Aus plötzlicher Sorge kroch sie zum Gaubenfenster und warf einen Blick auf ihn. Elant saß sicher an seinem Schreibtisch unter ihr und schrieb an seinem neuen Friedensvorschlag oder an irgendeinem Erlass. Seine Stellung als König hatte den Menschen Elant erstaunlich wenig verändert. Er war etwa vier Jahre älter als sie – was bedeutete, dass er Anfang zwanzig war – und legte großen Wert auf Gelehrsamkeit, aber nur geringen auf sein äußeres Erscheinungsbild. Er kämmte sich lediglich dann die Haare, wenn er an einer wichtigen Versammlung teilnehmen musste, und irgendwie gelang es ihm, selbst
gut geschnittene Kleidung so zu tragen, dass sie unordentlich wirkte.
Er war vermutlich der beste Mann, den sie je kennengelernt hatte: aufrichtig, entschlossen, klug und umsichtig. Und aus irgendeinem Grunde liebte er sie. Manchmal war diese Tatsache für sie noch verblüffender als die Rolle, die sie beim Tod des Obersten Herrschers gespielt hatte.
Vin schaute hoch und warf einen Blick zurück auf die schimmernden Lagerfeuer. Dann sah sie zur Seite. Der Wächter war noch nicht zurückgekehrt. In Nächten wie dieser forderte er sie oft heraus und kam dabei Elants Zimmer jedes Mal gefährlich nahe, bevor er wieder in der Stadt verschwand.
Wenn er Elant töten wollte, hätte er es tun können, als ich gegen die anderen gekämpft habe …
Das war ein beunruhigender Gedanke. Vin konnte Elant nicht rund um die Uhr bewachen. Er war beängstigend oft schutzlos.
Es stimmte, dass Elant noch weitere Leibwächter besaß, und einige davon waren sogar Allomanten. Doch diese waren genauso überbeansprucht wie sie selbst. Die Attentäter heute Nacht waren die fähigsten und gefährlichsten gewesen, denen sie je gegenübergestanden hatte. Sie zitterte, als sie an den Nebelgeborenen dachte, der sich unter ihnen befunden hatte. Er war nicht sehr gut gewesen, doch es bedurfte keines großen Geschicks, um Atium zu verbrennen und dann Vin an genau der richtigen Stelle zu treffen.
Die Nebel wanden und kräuselten sich weiterhin. Die Gegenwart der feindlichen Armee kündete von einer verwirrenden Wahrheit. Die Kriegsherren in der Umgebung hatten damit begonnen, ihre Herrschaftsbezirke zu festigen, und dachten an Expansion. Selbst wenn Luthadel sich irgendwie gegen Straff behaupten konnte, würden danach schon bald andere kommen.
Müde schloss Vin die Augen und verbrannte Bronze. Sie befürchtete immer noch, der Wächter – oder irgendein anderer Allomant – könnte sich in der Nähe befinden und Elant in der wieder eingekehrten Ruhe nach dem Attentatsversuch zu ermorden
versuchen. Die meisten Nebelgeborenen hielten Bronze für ein ziemlich nutzloses Metall, da es leicht unwirksam gemacht werden konnte. Mit Kupfer konnte ein Nebelgeborener seine Allomantie verbergen – und sich überdies vor der Manipulation seiner Gefühle durch Zink oder Messing schützen. Die meisten Nebelgeborenen erachteten es als närrisch, ihr Kupfer nicht die ganze Zeit über brennen zu lassen.
Dennoch … Vin besaß die Fähigkeit, Kupferwolken zu durchdringen.
Eine Kupferwolke war nichts
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