Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
Gemächern schaute sie unter
seinem Bett und im Kabinett nach. Die anderen Male hielt sie sich zurück, aber Elant erwischte sie oft dabei, wie sie misstrauisch verschiedene mögliche Verstecke beäugte.
Sie war viel weniger nervös, wenn sie keinen besonderen Grund hatte, sich um ihn zu sorgen. Doch Elant begriff allmählich, dass sich hinter dem Gesicht, das er früher einmal als das von Valette Renoux gekannt hatte, eine vielschichtige Persönlichkeit verbarg. Er hatte sich in ihre höfische Seite verliebt, ohne die nebelgeborene, nervöse und verstohlene Seite zu kennen. Noch immer fiel es ihm nicht leicht, in diesen Seiten ein und dieselbe Person zu erblicken.
Vin schloss die Tür, hielt kurz inne und beobachtete ihn mit ihren großen, dunklen Augen. Elant stellte fest, dass er lächelte. Trotz – oder vielmehr gerade wegen – ihrer Merkwürdigkeiten liebte er diese dünne Frau mit ihrem entschlossenen Blick und dem aufbrausenden Temperament. Sie glich keiner Frau, die er je gekannt hatte; sie war von einfacher, aber ehrlicher Schönheit und Klugheit. Doch manchmal machte sie ihm Sorgen.
»Vin?«, fragte er und stand auf.
»Ist dir heute Abend etwas Seltsames aufgefallen?«
Elant dachte nach. »Außer dir?«
Sie runzelte die Stirn und schritt quer durch das Zimmer. Elant betrachtete ihre kleine Gestalt, die in einer schwarzen Hose und einem geknöpften Männerhemd steckte. Die Quasten ihres Nebelumhangs zog sie hinter sich her. Wie üblich hatte sie die Kapuze nach hinten geschoben und ging mit geschmeidiger Anmut – es war die unbewusste Eleganz eines Menschen, der gerade Weißblech verbrannte.
Konzentriere dich!, sagte er zu sich selbst. Du bist wirklich sehr müde. »Was ist los, Vin?«
Vin warf einen raschen Blick hinüber zum Balkon. »Dieser Nebelgeborene, der Wächter, ist wieder in der Stadt.«
»Bist du sicher?«
Vin nickte. »Aber … ich glaube nicht, dass er dich heute Nacht holen will.«
Elant zog die Stirn kraus. Die Balkontüren standen noch immer offen, und Nebelschwaden trieben durch sie hindurch; sie krochen über den Boden und zersetzten sich schließlich. Hinter diesen Türen lag … Dunkelheit. Chaos.
Es ist nur Nebel, rief er sich in Erinnerung. Wasserdampf. Nichts zu befürchten. »Wieso bist du so sicher, dass der Wächter es nicht auf mich abgesehen hat?«
Vin zuckte die Achseln. »Das spüre ich einfach.«
Sie gab oft solche Antworten. Vin war auf der Straße groß geworden, und sie vertraute ihren Instinkten. Seltsamerweise tat Elant das auch. Er beobachtete sie und erkannte die Unsicherheit, die sich in ihrer Haltung ausdrückte. Irgendetwas hatte sie in dieser Nacht aus der Ruhe gebracht. Er sah ihr in die Augen und hielt ihrem Blick eine Weile stand, dann schaute sie beiseite.
»Was ist es?«, fragte er. »Ich habe … noch etwas gesehen«, gestand sie. »Oder ich glaube etwas gesehen zu haben. Etwas im Nebel, wie eine Gestalt, die aus Rauch bestanden hat. Ich konnte sie mit meiner Allomantie auch spüren. Sie ist allerdings wieder verschwunden.«
Elant blickte noch düsterer drein. Er trat vor und legte die Arme um sie. »Vin, du mutest dir zu viel zu. Du kannst nicht die Nacht über durch die Stadt schleichen und dann den ganzen Tag aufbleiben. Sogar Allomanten brauchen Schlaf.«
Sie nickte still. Wenn sie in seinen Armen war, schien sie nicht mehr die mächtige Kriegerin zu sein, die den Obersten Herrscher getötet hatte. Sie wirkte wie eine Frau, die kurz vor der völligen Erschöpfung stand und von den Ereignissen überwältigt worden war – eine Frau, die sich vermutlich genauso fühlte wie Elant.
Sie ließ es zu, dass er sie in den Armen hielt. Zuerst lag in ihrer Haltung eine gewisse Steifheit. Es war, als erwarte ein Teil von ihr noch immer, verletzt zu werden – ein uraltes Überbleibsel, das nicht begriff, dass es möglich war, nicht aus Wut, sondern aus Liebe angefasst zu werden. Doch dann entspannte
sie sich. Elant war einer der wenigen, in dessen Gegenwart sie das konnte. Wenn sie ihn umarmte – wenn sie ihn wirklich festhielt –, dann klammerte sie sich mit einer Verzweiflung an ihn, die schon an Entsetzen grenzte. Irgendwie war Vin trotz ihrer sturen Entschlossenheit und ihres großen Geschicks als Allomantin erschreckend verletzlich. Sie schien Elant zu brauchen. Und das machte ihn glücklich.
Manchmal war er vielleicht enttäuscht, aber dennoch war er im Grunde glücklich. Vin und er hatten nicht mehr über seinen Heiratsantrag und ihre
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