Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
schaute ohne eine Spur von Verlegenheit durch das Fenster. »Das Verstecken in dunklen Ecken, die komische Kleidung, das rätselhafte Verhalten – das ist es, was dir diesen erstaunlichen Ruf eingebracht hat. Wenn die Leute wüssten, wie normal du bist, würden sie dich nicht unbedingt begaffen wollen.« Sie hielt inne und wandte den Blick ab. »Äh … ich habe das nicht so gemeint, wie es sich vielleicht angehört hat.«
Vin errötete. »Ich bin nicht Kelsier, Tindwyl. Ich will nicht, dass mich die Leute anbeten. Ich will nur, dass man mich in Ruhe lässt.«
»Einige Leute können sich das nicht aussuchen, mein Kind«, erwiderte Tindwyl. »Du hast den Obersten Herrscher besiegt. Du wurdest vom Überlebenden persönlich ausgebildet, und du bist die Gemahlin des Königs.«
»Ich bin nicht seine Gemahlin«, wehrte sich Vin und errötete noch tiefer. »Wir sind nur …« Himmel, ich weiß nicht einmal, was wir füreinander sind. Wie soll ich das bloß erklären?
Tindwyl hob eine Braue.
»In Ordnung«, sagte Vin seufzend und machte einen Schritt nach vorn.
»Ich begleite dich«, erbot sich Allrianne und packte Vins Arm, als wären sie Freundinnen seit ihrer Kindheit. Vin war das unangenehm, aber sie wusste nicht, wie sie sich dieses Mädchens entledigen sollte, ohne eine Szene zu machen.
Sie verließen den Laden. Die Menge war schon recht groß, und an ihrem Rand sammelten sich immer mehr Leute, die herausfinden wollten, was hier los war. Die meisten von ihnen waren
Skaa in braunen, aschfleckigen Arbeitsmänteln oder einfacher grauer Kleidung. Diejenigen, die ganz vorn standen, wichen zurück, als Vin heraustrat, und bildeten einen Ring, während ein aufgeregtes und ehrfürchtiges Murmeln durch die Menge lief.
»Hui«, meinte Allrianne leise. »Das sind aber viele …«
Vin nickte. OreSeur saß noch dort vor dem Laden, wo sie ihn zurückgelassen hatte, und beobachtete sie mit einem seltsamen Ausdruck hundlicher Neugier.
Allrianne lächelte die Menge an und wirkte plötzlich sehr zögerlich, als sie den Menschen zuwinkte. »Du kannst sie doch im Kampf besiegen, falls das hier unangenehm werden sollte, oder?«
»Das wird nicht nötig sein«, beruhigte Vin sie, befreite sich aus Allriannes Griff und wandte bei der Menge ihre Gabe des allomantischen Besänftigens an. Danach trat sie vor und versuchte gleichzeitig, ihre brennende Nervosität im Zaum zu halten. Normalerweise hatte sie nicht mehr das Bedürfnis, sich zu verstecken, wenn sie nach draußen ging, aber vor einer Menge wie dieser … Fast hätte sie sich umgedreht und wäre zurück in den Laden gehuscht.
Doch eine Stimme hielt sie davon ab. Sie gehörte einem Mann mittleren Alters mit aschfleckigem Bart; in den Händen drehte er unruhig eine schmutzige schwarze Kappe hin und her. Es war ein starker Mann, vermutlich ein Arbeiter aus einem der Hüttenwerke. Seine leise Stimme bildete einen seltsamen Kontrast zu seiner kräftigen Statur. »Erbherrin, was soll aus uns werden?«
Das Entsetzen und die Unsicherheit in der Stimme des kräftigen Mannes waren so groß, dass Vin zögerte. Er schenkte ihr einen Blick voller Hoffnung, wie es die anderen nun auch taten.
So viele, dachte Vin. Ich war der Ansicht, die Kirche des Überlebenden sei klein. Sie sah den Mann an, der immer noch seine Kappe knetete. Vin öffnete den Mund, doch sie konnte nichts sagen. Sie konnte ihm nicht sagen, dass sie nicht wusste, was geschehen würde. Sie konnte diesem Mann nicht mitteilen, dass sie nicht die Retterin war, die er erwartete.
» Alles wird gut«, hörte Vin sich selbst sagen. Sie verstärkte ihre Kraft des Besänftigens und versuchte den Menschen ein wenig von ihrer Angst zu nehmen.
»Aber die Armeen, Erbherrin!«, rief eine der Frauen.
»Sie versuchen uns einzuschüchtern«, sagte Vin. »Doch der König widersteht ihnen. Unsere Mauern sind stark, und unsere Soldaten ebenso. Wir können diese Belagerung aushalten.«
Die Menge schwieg.
»Eine dieser Armeen wird von Elants Vater Straff Wager befehligt«, fuhr Vin fort. »Elant und ich werden uns morgen mit Straff treffen. Wir werden ihn dazu bringen, sich mit uns zu verbünden.«
»Der König wird die Stadt ausliefern! «, rief eine Stimme. »Das habe ich gehört. Er tauscht die Stadt gegen sein eigenes Leben ein!«
»Nein«, entgegnete Vin. »Das würde er niemals tun!!««
»Er wird nicht für uns kämpfen«, meinte eine andere Stimme. »Er ist doch kein Soldat. Er ist Politiker!«
Andere Stimmen pflichteten
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