Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
war gut so. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war Ablenkung durch sie. Diesmal konnte sie ihm nicht helfen – Kampf und Einschüchterung führten zu nichts.
Das ist seine Welt der Papiere, Bücher, Gesetze und Philosophien, dachte sie. Er durchpflügt die Welt der Theorien, wie ich den Nebel durchpflüge. Ich mache mir immer Sorgen darüber, dass er mich nicht verstehen könnte … aber kann ich ihn wirklich verstehen?
OreSeur stand auf, streckte sich und legte die Vorderpfoten auf die Brüstung der Festungsmauer, damit er wie Vin nach Norden sehen konnte.
Vin schüttelte den Kopf. »Manchmal wünschte ich, Elant wäre nicht so … na ja, nicht so ehrenhaft. Die Stadt kann diese verworrene Lage gar nicht gebrauchen.«
»Er hat das Richtige getan, Herrin.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Natürlich«, antwortete OreSeur. »Er hat einen Vertrag abgeschlossen. Und es ist seine Pflicht, diesen Vertrag einzuhalten, was auch immer geschehen mag. Er muss seinem Herrn dienen – in diesem Fall ist das die Stadt –, auch wenn dieser Herr ihn dazu bringt, etwas überaus Unangenehmes zu tun.«
»Das ist eine sehr kandraartige Art, die Dinge zu sehen«, sagte Vin mit einem Lächeln.
OreSeur wandte den Blick zu ihr und hob eine Hundeaugenbraue, als wollte er sie fragen: Was hattet Ihr denn erwartet? Sie grinste. Jedes Mal musste sie ein Kichern unterdrücken, wenn sie diesen Ausdruck auf seinem Hundegesicht sah.
»Komm«, sagte sie. »Wir gehen zurück zum Palast.«
»Ausgezeichnet«, meinte OreSeur und ließ sich auf alle viere fallen. »Das Fleisch, das ich vorbereitet habe, sollte jetzt in vollkommenem Zustand für mich sein.«
»Es sei denn, die Zimmermädchen haben es entdeckt«, meinte Vin und lächelte.
OreSeurs Miene verdüsterte sich. »Ich war der Meinung, Ihr habt sie vorgewarnt.«
»Was hätte ich denn sagen sollen?«, fragte Vin belustigt. »Bitte werft dieses ranzige Fleisch nicht weg – mein Hund mag es so?«
»Warum nicht?«, fragte OreSeur zurück. »Wenn ich einen Menschen imitiere, bekomme ich fast nie eine Mahlzeit, die mir schmeckt, aber Hunde fressen doch hin und wieder altes Fleisch, oder?«
»Ich weiß es wirklich nicht«, sagte Vin.
»Altes Fleisch ist eine Delikatesse.«
»Du meinst verwesendes Fleisch.«
»Altes«, beharrte OreSeur, während sie ihn hochnahm und ihn von der Mauer heruntertragen wollte. Sie waren etwa hundert Fuß über dem Erdboden – so hoch, dass OreSeur nicht einfach hinunterspringen konnte, und der einzige andere Weg nach unten führte durch das Innere der verlassenen Festung. Da war es besser, den Hund zu tragen.
»Altes Fleisch ist wie alter Wein oder alter Käse«, fuhr OreSeur fort. »Es schmeckt besser, wenn es ein paar Wochen abgehangen ist.«
Ich nehme an, das ist einer der Nebeneffekte, wenn man von Aasfressern abstammt, dachte Vin. Sie sprang auf die Brüstung und warf einige Münzen hinunter. Doch als sie sich auf den Sprung vorbereitete – mit der großen Masse OreSeurs in den Armen –, zögerte sie plötzlich.
Ein letztes Mal drehte sie sich um und schaute hinüber zu Straffs Armee. Sie war jetzt deutlich sichtbar, denn die Sonne war vollständig über den Horizont gestiegen. Doch noch immer trieben einige Nebelschwaden durch die Luft, als ob sie sich der Sonne widersetzen und weiterhin die Stadt einhüllen wollten … als ob sie das Licht des Tages abzuwehren versuchten …
Oberster Herrscher!, dachte Vin, denn sie war gerade zu einer Einsicht gelangt. So lange hatte sie über dieses Problem nachgedacht, dass sie jeder Gedanke daran bereits frustriert hatte.
Aber jetzt, wo sie es kaum mehr beachtete, war ihr die Antwort gekommen – als ob ihr Unterbewusstsein weiter daran gearbeitet und es auseinandergepflückt hätte.
»Herrin?«, fragte OreSeur. »Ist alles in Ordnung?«
Vin öffnete den Mund ein wenig und hielt den Kopf geneigt. »Ich glaube, ich habe soeben begriffen, was der Dunkelgrund war.«
Doch ich darf nur die wichtigsten Einzelheiten mitteilen. Der Platz ist begrenzt. Die anderen Weltenbringer müssen sich als niedrig empfunden haben, als sie zu mir kamen und zugaben, dass sie sich geirrt hatten. Schon damals zweifelte ich an meiner ursprünglichen Verkündigung.
Doch ich war stolz.
Kapitel 30
I ch schreibe diesen Bericht jetzt, las Sazed. Ich hämmere ihn in eine Metallplatte, denn ich habe Angst. Angst um mich selbst, ja – ich gebe zu, nur ein Mensch zu sein. Falls Alendi von der Quelle der Erhebung zurückkehren
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