Krieger des Lichts - Palmer, P: Krieger des Lichts
Haus anschlich, könnte sie wahrscheinlich alle, die sich darin aufhielten, töten, ehe die überhaupt merkten, was mit ihnen geschah.
Jag würde sie aufhalten.
Jag. Wo ist er? Haben sie ihn auch mitgenommen?
Haben sie ihn umgebracht?
Heilige Göttin, bitte, nur das nicht.
Das Gefühl von glühenden Nadeln, die sich in ihr Fleisch bohrten, verstärkte sich, und sie musste die Zähne fest zusammenbeißen, um nicht vor Schmerz zu stöhnen. Auch wenn niemand da war, der sie hätte hören können, wollte sie sich nicht kleinkriegen lassen.
Wenn sie ihre Entführer doch nur genau lokalisieren und ihnen die Lebenskraft entziehen könnte. Bei dem Gedanken schloss sie die Augen und versuchte, den Schmerz zu verdrängen, um auch andere Dinge außerhalb davon zu spüren. Aber da war nichts, beinahe so als wäre diese Teströhre ihre ganze Welt. Als würde das Plexiglas nicht nur sie, sondern auch ihre Gabe in sich einschließen.
Natürlich tat der Behälter das. Diese Erkenntnis bestätigte sie in ihrer Furcht nur noch. Wenn die Zauberer sich vor ihr schützten, dann wussten sie, was sie war.
Eine leichte Verzweiflung machte sich langsam in ihr breit. Wussten sie, dass sie Nahrung zu sich nehmen musste? Dass sie unter Umständen starb, wenn sie es nicht tat? Vielleicht wäre das sogar das Beste.
Aber sie war sich sicher, dass die Zauberer ihre Gabe für sich nutzen wollten. Und sie bezweifelte, dass sie vor Hunger sterben würde. Sie befürchtete, dass sie einfach in diesem Zustand verharren würde, während der Schmerz immer größer wurde, bis sie nicht mehr klar denken konnte. Sah so ihr Plan aus?
Sie wusste es nicht, und diese Unwissenheit bereitete ihr die größte Angst.
Ganz langsam gelang es ihr, sich in einen anderen Bewusstseinszustand zu versetzen, denn sie wollte sich unbedingt dem immer stärker werdenden Verlangen entziehen. Sie dachte an Jag und erinnerte sich daran, wie er sie in seinem Schlafzimmer geliebt hatte. Wie er sie gestreichelt hatte. Wie er ihr tief in die Augen geschaut hatte, als würde er sich genau wie sie völlig fallen lassen. Sie erinnerte sich daran, wie sich sein Mund angefühlt, wie er geschmeckt hatte, als er sie küsste. Doch am besten war ihr der sanfte Ausdruck seiner Augen in Erinnerung geblieben. Das Verlangen, das sie in deren braunen Tiefen sah. Das Verlangen, die Einsamkeit, das Alleinsein zu beenden. Das Verlangen nach der Bindung, die langsam zwischen ihnen entstanden war. Eine Bindung des Herzens, der Seele.
Das Quietschen der Kellertür riss sie mit einem neuerlichen Anfall von Schmerz aus ihren Gedanken. Herein kam Mystery, deren dickes, braunes Haar bis auf die Schultern, die in die smaragdgrüne Robe der Zauberer gehüllt waren, wallte. Ihre Miene war völlig ausdruckslos. In ihren grünen Augen war keine Regung zu erkennen.
Seelenlos.
Würden ihre Augen auch so aussehen, wenn sie mit ihr fertig waren? Oder würde sie eine von denen sein, die die Aussicht auf anderer Leute Schmerz in Erregung versetzte?
Gütige Göttin, eher würde sie sterben.
Hinter Mystery kamen zwei Menschen mittleren Alters herein, deren Mienen völlig leer waren. Sie nahm an, dass es sich um ein Ehepaar handelte. Der Mann war beinahe kahlköpfig, die Frau war klein und rundlich. Beide waren verzaubert.
Mystery streckte die Hand aus und öffnete eine Tür in dem Plexiglas, die Olivia nicht gesehen hatte. Sofort schlug Olivia ein Schwall purer Lebensenergie entgegen. Die Energie besaß zwar keinen richtigen Geschmack, auch keinen richtigen Geruch, und doch war die Wirkung auf ihre Sinne berauschend und steigerte ihren Hunger noch. Sie stöhnte unter dem Ansturm; denn es war ein Hunger, den sie nicht mit Unschuldigen stillen würde.
Sie kämpfte gegen den Schmerz und das Verlangen, während ihre Selbstbeherrschung nur noch an einem seidenen Faden hing. Eine Erinnerung blitzte auf, die Erinnerung daran, wie sie ihren Hunger das letzte Mal mit Dradern gestillt hatte und dass sie endlich, nach so vielen Jahrhunderten, in der Lage gewesen war, Lebenskraft gezielt zu entziehen.
Sie konzentrierte sich und versuchte, die Zauberin mit ihren Sinnen aufzuspüren, um nur ihre Energie zu sich zu nehmen. Doch ihr Hunger war so groß, dass sie die hell strahlende Lebenskraft nicht den einzelnen Wesen zuordnen konnte.
Die beiden Menschen traten in den Käfig, und die Tür schloss sich hinter ihnen. Die Gelegenheit, sich nur Mystery vorzunehmen, war vorbei.
Die Menschen standen regungslos da, als
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