Krieger des Lichts - Palmer, P: Krieger des Lichts
»Ich hab wirklich eine miese Art, das zu zeigen.«
»Die Liebe nimmt einen Mann ganz schön mit. Zumindest so lange, bis er ihr nachgibt. Sie macht dich schwächer, als du je sein wirst … und stärker.«
Jag drehte sich zu Tighe um und sah, dass dieser ihn mit einem überraschend verständnisvollen Blick musterte.
Doch dann wurde seine Miene hart, und er sagte mit lauter Stimme, sodass alle ihn klar und deutlich hören konnten: »Damit eins klar ist: Olivia ist meine Gefährtin.« Auch wenn sie nie wieder mit ihm sprechen würde. Er biss die Zähne zusammen, und ein Knurren drang aus seiner Kehle. »Wenn einer versucht, ihr was zu tun, bringe ich ihn um.«
»Und wenn sie nun verwandelt worden ist?«, fragte Lyon von vorne.
»Wenn sie verwandelt worden ist, bringe ich sie selber um.«
Mehrere Minuten lang herrschte völliges Schweigen, das erst von Hawke gebrochen wurde.
»Ich habe noch nie gehört, dass einer in der Lage ist zu spüren, wenn einer, der sich von der Lebenskraft anderer ernährt, Nahrung zu sich nimmt.«
Lyon drehte sich um und schaute Jag über die Lehne seines Sitzes hinweg an. »Das war es, was du im Besprechungsraum spürtest, als du dachtest, Magie wäre im Spiel?«
»Ja. Sie nimmt häufig kleine Mengen Energie zu sich, wenn sie mit anderen zusammen ist. Es hätte keinen beeinträchtigt, geschweige denn einem von uns Schaden zugefügt, aber ich spürte es. Ich spüre es immer.«
Er holte tief Luft und erzählte ihnen alles. Dass sie dem Dämon Energie entzogen hatte und dadurch unglaublich stark geworden war. Dass sie letzte Nacht ganz allein einen gesamten Schwarm Drader erledigt hatte.
»Umso mehr Grund, dass die Frauen außerhalb ihrer Reichweite bleiben«, meinte Tighe.
»Wo sind sie?«
»In deinem Hummer mit Paenther, Kougar und Ewan. Sie sind hinter uns. Wir wollten kein Risiko eingehen, solange wir nicht wussten, ob du immer noch verzaubert bist oder nicht, wenn du wieder zu Bewusstsein kommst.«
»Paenther ist zurück?«
»Wir brauchen alle Mann an Bord bei diesem Einsatz.«
Sie fuhren schweigend weiter, während Jag mit den Füßen auf der Matte herumtrommelte. Sie würden es rechtzeitig schaffen. Sie mussten es rechtzeitig schaffen. Eine andere Möglichkeit mochte er sich gar nicht vorstellen. Er ertrug es nicht. Er würde sie retten.
Und was dann?
Er hatte alles vermasselt, weil er sich in seiner Sturheit geweigert hatte, ihrer Kritik zuzuhören. Nein, nicht Kritik. Wahrheit. Sie hatte zu ihm gesagt, dass er sich den damaligen Tag, den Tag, an dem Cordelia starb, noch einmal vergegenwärtigen sollte. Betrachte alles aus heutiger Sicht, sieh es dir genau an, und dann komm darüber hinweg .
Ein Beben ging durch seinen Körper. Er hatte jenen Tag bereits Tausende von Malen in seinen Albträumen wieder durchlebt. Sich damit am helllichten Tage auseinanderzusetzen, war das Letzte, das Allerletzte, was er wollte. Doch während er den Kopf nach hinten gegen den Sitz sinken ließ, wusste er, dass er es tun würde. Denn Olivia hatte ihn darum gebeten. Es von ihm verlangt. Und es konnte durchaus das Letzte sein, was er je für sie tat.
Der Gedanke ließ seine Brust ganz eng werden. Nein. Nein, es würde nicht das Letzte sein, denn er würde sie verdammt noch mal retten.
Er zwang sich, die Ereignisse jenes schrecklichen Tages vor dreihundert Jahren noch einmal vor seinem inneren Auge Revue passieren zu lassen. Was für ein Mistkerl er doch gewesen war! Er hatte jedes Menschenmädchen genommen, das seine Röcke für ihn gehoben hatte, obwohl er wusste, dass die therianische Tradition es ihm verbot, vor dem fünfundzwanzigsten Lebensjahr Sex zu haben. Wie viele Male hatte Cordelia ihm verboten, ins Dorf zu gehen? Wie viele Male hatte sie ihn gewarnt … ?
Jag erstarrte. Wie viele Male hatte sie ihn davor gewarnt, dass das Dorf der Menschen eine Gefahr darstellte, wenn man dort je bemerkte, wie schnell Verletzungen bei ihm heilten?
Die lang vergessene Erinnerung verblüffte ihn. Er hatte ihre herrische Art gehasst und sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit dagegen aufgelehnt, doch erstaunt erkannte er, dass sie Angst um ihn gehabt hatte. Natürlich hatte sie Angst gehabt. Im Gegensatz zu ihm hatte sie gewusst, was passieren würde, wenn man herausbekam, dass er unsterblich war. Hatte sie ihm gesagt, dass sie vielleicht versuchen würden, ihn auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen?
Nein. Oder wenn sie es doch getan hatte, war es von ihm in seiner jugendlichen Arroganz
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