Kriegerin der Nacht
vorbei und ich gehe nach Hause. Es ist alles - ich weiß nicht. Es ist alles zu unheimlich für mich! Ich sage euch, ich kann nichts dergleichen tun. Ihr habt euch die falsche Person ausgesucht.«
»Wir haben bereits all deine Cousinen geprüft«, sagte Grandma Harman. »Thea und Blaise. Gillian, die genau wie du eine verlorene Hexe war. Selbst die arme Sylvia, die der Feind auf seine Seite gelockt hat. Aber es war keine von ihnen. Und dann fanden wir dich.« Sie beugte sich vor und versuchte, Ilianas Blick festzuhalten. »Du musst das akzeptieren, mein Kind. Es ist eine große Verantwortung und eine große Bürde, aber niemand anderes kann es für dich übernehmen. Komm und nimm deinen Platz bei uns ein.«
Iliana hörte nicht zu.
So einfach war das. Kelly konnte beinahe sehen, wie die Worte von ihr abprallten. Und ihre Augen ...
Kein Schleier, dachte Kelly. Eine Mauer. Sie war mit Macht hochgezogen worden und Iliana versteckte sich dahinter.
»Wenn ich nicht bald nach Hause komme, wird meine Mutter verrückt werden. Ich bin nur für ein paar Minuten losgelaufen, um ein goldenes Stretchband zu holen - ihr wisst schon, die Dinger, die so etwas wie ein Gummiband im Innern haben? Irgendwie brauche ich immer wieder aufs Neue eines. Wir haben zwar noch ein Band vom letzten Jahr, aber es ist bereits verknotet und es passt nicht auf die Geschenke, die ich mache.«
Kelly starrte sie an, dann warf sie einen Blick gen Himmel. Sie konnte sehen, dass die anderen das Mädchen ebenfalls anstarrten. Winnie stand der Mund offen. Nissa stießen die Augenbrauen an den Haaransatz. Galen wirkte entsetzt.
Grandma Harman sagte: »Wenn du deine Verpflichtungen als Wilde Macht nicht akzeptieren willst, wirst du dann zumindest deine Pflicht als Hexenkind tun? Die Wintersonnenwende ist nächsten Samstag, in dieser Nacht wird es eine Versammlung von Gestaltwandlern und Hexen geben. Wenn wir ihnen eine Versprechenszeremonie zwischen dir und dem Sohn des Ersten Hauses der Gestaltwandler bieten können, dann werden die Gestaltwandler sich auf unsere Seite schlagen.«
Kelly erwartete halb, dass Iliana explodieren würde. Und in den tiefsten Winkeln ihres eigenen Herzens hätte sie ihr das auch nicht zum Vorwurf machen können. Sie konnte verstehen, wenn Iliana die Fassung verlor und sagte: Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid, dass ihr einfach so herbeispazieren und versuchen könnt, mich mit irgendeinem Typen zu verkuppeln, dem ich noch nie begegnet bin? Dass ihr mich bittet, an eurer Seite zu kämpfen, ist eine Sache, aber mir zu befehlen, zu heiraten — mich wie einen Gegenstand abzugeben -, das ist etwas ganz anderes.
Aber Iliana sagte nichts dergleichen. Sie sagte: »Und ich habe immer noch so viele Geschenke einzupacken und ich bin mit den Einkäufen noch lange nicht fertig. Außerdem wird es in dieser Woche in der Schule vollkommen verrückt zugehen. Und Samstag, das ist der Abend, an dem Jaimie und Brett Ashton-Hughes ihre Geburtstagsparty feiern. Die darf ich nicht verpassen.«
Kelly verlor die Fassung.
»Was stimmt nicht mit dir? Bist du taub oder einfach dumm?«
Iliana ignorierte sie und sprach weiter. »Die beiden sind nämlich Zwillinge. Und ich denke, Brett mag mich irgendwie. Die Familie ist echt reich und sie leben in diesem großen Haus und sie laden immer nur wenige Leute zu ihren Partys ein. Alle Mädchen sind in ihn verknallt. Brett, meine ich.«
»Nein«, beantwortete Kelly ihre eigene Frage. »Du bist einfach das selbstsüchtigste, verwöhnteste kleine Ding, das mir je untergekommen ist!«
»Kelly«, sagte Nissa leise. »Es hat keinen Sinn. Je mehr du sie bedrängst, um so mehr verleugnet sie alles.«
Kelly stieß den Atem aus. Sie wusste, dass es stimmte, aber noch nie in ihrem Leben war sie so frustriert gewesen.
Grandma Harmans Gesicht sah plötzlich sehr alt und sehr müde aus. »Kind, wir können dich zu nichts zwingen. Aber du musst begreifen, dass wir nicht die Einzigen sind, die dich wollen. Auch die andere Seite weiß von dir. Sie werden nicht aufgeben und sie werden Gewalt anwenden.«
»Und zwar jede Menge Gewalt.« Kelly drehte sich zu der alten Frau um. »Ich muss Ihnen davon erzählen. Ich wollte es nicht am Telefon tun, aber sie haben heute bereits versucht, an Iliana heranzukommen. Wir mussten in der Shopping Mall gegen sie kämpfen.« Sie holte tief Luft. »Und sie hatten einen Drachen.«
Grandma Harmans Kopf fuhr hoch. Der Blick der stählernen lavendelgrauen Augen richtete sich starr
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